Leitsatz (amtlich)

Die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG kann auch dadurch widerlegt sein, dass sich die in erster Instanz erfolgreiche Verfügungsklägerin auf den mit der Terminierung erfolgten Hinweis des Berufungsgerichts auf Bedenken hinsichtlich ihrer Aktivlegitimation zur Vermeidung eines - ihre erwirkte einstweilige Verfügung aufhebenden - Endurteils in die Säumnis flüchtet.

 

Normenkette

UWG § 12 Abs. 2

 

Tenor

Das Versäumnisurteil des OLG Celle vom 4.11.2008 wird aufrechterhalten.

Die Verfügungsklägerin hat die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen.

 

Gründe

I. Von einer Darstellung des Sach und Streitstandes wird gemäß den §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

II. Der zulässige Einspruch der Verfügungsklägerin gegen das Versäumnisurteil des Senats vom 4.11.2008, mit dem unter Abänderung des angefochtenen Urteils der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung insgesamt zurückgewiesen wurde, hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Die Voraussetzungen für die durch das LG Verden mit Urteil vom 25.8.2008 erlassene einstweilige Verfügung sind bereits mangels Verfügungsgrunds nicht gegeben.

a) Zwar wird die Dringlichkeit eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs aus den §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG nach § 12 Abs. 2 UWG vermutet. Diese Dringlichkeitsvermutung kann im konkreten Fall aber widerlegt sein. Zu den Umständen, unter denen die Dringlichkeit als widerlegt angesehen wird, gehört nicht nur das unbegründete Zuwarten mit der Beantragung der einstweiligen Verfügung, sondern auch verzögerndes Verhalten des Antragstellers im Prozess (OLG Hamm GRUR 2007, 173, 174). Lässt der Antragsteller vor Erlass der einstweiligen Verfügung gegen sich ein Versäumnisurteil ergehen, macht er damit regelmäßig deutlich, dass es ihm entgegen des ersten Eindrucks mit der vorläufigen Regelung doch nicht so eilig war (OLG Hamm, a.a.O.). Dasselbe gilt, wenn die in erster Instanz erfolgreiche Verfügungsklägerin sich auf den mit der Terminierung erfolgten Hinweis des Berufungsgerichts auf Bedenken hinsichtlich der Aktivlegitimation zur Vermeidung eines ihre erwirkte einstweilige Verfügung aufhebenden - Endurteils in die Säumnis flüchtet (vgl. auch OLG Hamm, GRUR 1992, 888. OLG Düsseldorf GRUR 1992, 189, 190 m. abl. Anm. Ahrens, GRUR 1992, 191. KG GRUR 1988, 790 zum Widerspruchsverfahren. Schmukle, in: Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 5. Aufl. Kap. 45 Rz. 47 m.w.N.. a.A. OLG Karlsruhe WRP 1986, 232, 234). Der Schluss auf die mangelnde Dringlichkeit beruht in diesem Fall auf einem bewussten Abwarten der Verfügungsklägerin, die sich damit die Gelegenheit zu weiterem Sachvortrag verschaffen wollte, und nicht nur auf einem bloßem Versehen.

b) Soweit die Verfügungsklägerin geltend macht, sie sei krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen, die erforderlichen Unterlagen rechtzeitig zu dem anberaumten Termin vorzulegen, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Es fehlt bereits an der Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung, die diesen Vortrag glaubhaft macht. Zudem wäre die Verfügungsklägerin in diesem Fall zur Vermeidung des Eindrucks einer zögerlichen Prozessführung verpflichtet gewesen, einen Verlegungsantrag gemäß § 227 Abs. 1 ZPO zu stellen, und dadurch die durch den Erlass des Versäumnisurteils nebst Einspruchseinlegung eingetretene Verfahrensverzögerung von mehreren Monaten zu vermeiden.

2. Unabhängig davon ist die einstweilige Verfügung mangels Verfügungsanspruchs unbegründet. Die Verfügungsklägerin ist mangels Wettbewerbsverhältnisses nicht anspruchsberechtigt.

a) Nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG steht der Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 UWG jedem Mitbewerber zu, der seine unternehmerische Tätigkeit im Zeitpunkt der Verletzungshandlung bereits aufgenommen und sie im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung noch nicht beendet hat (BGH, Urt. v. 12.7.1995 - I ZR 85/93, GRUR 1995, 697, 699 "Funny Paper"). Unter einem Mitbewerber ist nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG jeder Unternehmer zu verstehen, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter und Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. Dabei ist der damit zusammenhängende Begriff des Unternehmens weit auszulegen. Erforderlich ist lediglich eine auf Dauer angelegte, selbständige wirtschaftliche Betätigung, die darauf gerichtet ist, Waren oder Dienstleistungen gegen Entgelt zu vertreiben (BGH, a.a.O.. BAG GRUR 2006, 244, 245. OLG Frankfurt GRUR 2004, 1043, 1044 zum EBayHandel). Hinsichtlich der zeitlichen Reichweite der Unternehmereigenschaft genügt es, dass das Unternehmen konkrete Vorbereitungshandlungen zur Aufnahme des Geschäftsbetriebs, wie z.B. die Anmeldung zum Handelsregister, getroffen hat, also ein Marktantritt unmittelbar bevorsteht (Köhler, in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 26. Aufl., § 2 UWG Rz. 11).

b) Gemessen an diesen Anforderungen hat die insoweit darlegungs und beweisbelastete Verfügungsklägerin nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass sie ihre unternehmerische Tätigkeit zum Zei...

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