Verfahrensgang

LG Leipzig (Aktenzeichen 04 O 1315/11)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 23.01.2020, Aktenzeichen 4 O 1315/11, aufgehoben und festgestellt, dass die beiden streitgegenständlichen Werkverträge durch außerordentliche Kündigung des Klägers vom 08.03.2007 beendet worden sind.

II. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen hat die Beklagte zu tragen.

IV. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 120 Prozent des aufgrund des Urteils insgesamt vollstreckbaren Betrages leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird festgesetzt auf:

438.980,31 EUR bis zum 05.10.2020

15.000.000,00 EUR seit 06.10.2020.

 

Gründe

I. Erstinstanzlich hatte der Kläger gegenüber der Beklagten im Wege der offenen Teilklage nach außerordentlicher Kündigung der beiden die Parteien verbindenden Werkverträge einen Anspruch auf Ersatzvornahmekosten i.H.v. 438.980,31 EUR gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B (in der Fassung 2002) geltend gemacht. In zweiter Instanz hat er in der mündlichen Verhandlung vom 06.10.2020 die Klage auf Feststellung der Beendigung der vorgenannten Verträge durch außerordentliche Kündigung des Klägers vom 08.03.2007 umgestellt.

Der Kläger, vertreten durch den XXX Niederlassung xxx (im Folgenden: XXX), beauftragte die Beklagte mit Bauaufträgen jeweils vom 30.06.2005 mit dem 1. Bauabschnitt "Neubau Mensa für die xxx" zum Pauschalpreis von brutto 16.980.194,37 EUR (Anlage B 4) sowie mit dem 2. Bauabschnitt "Sanierung Hörsaalgebäude der xxx" zum Pauschalpreis von brutto 22.995.672,17 EUR (Anlage B 5) (nachfolgend bezeichnet als die beiden streitgegenständlichen Werkverträge). Für beide Bauabschnitte war die Fertigstellung zum 02.02.2007 vereinbart (vgl. Anlagen B 4 und B 5). Vertragsbestandteile waren die Besonderen Vertragsbedingungen - EVM (B) BVB, die zusätzlichen Vertragsbedingungen - EVM (B) ZVB/E, der Bauablaufplan als vernetzter Balkenterminplan und die Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm auf der Grundlage des übergebenen Ausführungsplans (vgl. Angebot: Anlage B 8). Den Verträgen war die Geltung der VOB/B und der VOB/C (jeweils Ausgabe 2002) zugrunde gelegt.

In den einbezogenen allgemeinen Hinweisen zum Angebot und Leistungsumfang, Teil A 2, Allgemeiner Teil der Verdingungsunterlagen (siehe Anlage B 13) heißt es:

A2.1 Angebot allgemein

Gegenstand des Angebotes ist die schlüsselfertige, voll betriebs- und funktionsbereite Erstellung des 1. und 2. Bauabschnittes, einschließlich der Außenanlagen, auf der Basis der Vergabeunterlagen für das Projekt:

xxx: Neugestaltung und Sanierung

1. Bauabschnitt: Neubau der Mensa inklusiv enthaltener universitärer Bereiche

2. Bauabschnitt: Umbau und Sanierung des Hörsaalgebäudes.

Das Angebot beinhaltet die lückenlose und komplette Erstellung der Bauleistungen, einschließlich aller Nebenleistungen, die für die funktions- und betriebsbereite Errichtung beider Bauabschnitte erforderlich sind.

...

Mit dem Abschluss des Vergabeverfahren entsprechen die übergebenen Pläne und Unterlagen dem Stand der Ausführungsplanung nach § 5 HOAI (Anmerkung des Senats: Einigkeit der Parteien besteht darüber, dass es insoweit richtig heißen muss: § 15 HOAI). Die Angebotsunterlagen gliedern sich in drei Teile:

Teil A: Allgemeiner Teil der Verdingungsunterlagen

Dieser Teilabschnitt umfasst die vertraglichen Bedingungen sowie den gesamten Preisteil des Angebots.

Teil B funktionale Leistungsbeschreibung

Dieser Teilabschnitt beinhaltet die bauliche und technische Leistungsbeschreibung des Projekts mit Leistungsprogramm.

Teil C Raumbuch

Dieser Teilabschnitt beinhaltet das Raumbuch auf der Grundlage der Ausführungsunterlagen.

...

Der Bieter bestätigt mit Abgabe seines Angebotes, dass die ihm zur Verfügung gestellten Ausschreibungsunterlagen zweifelsfrei sind und für die umfassende Kalkulation der schlüsselfertigen Erstellung des Projektes, und somit Abgabe des Angebotes, voll ausreichend sind.

Der Bieter erkennt ausdrücklich an, dass er aus den zur Verfügung gestellten Unterlagen einwandfrei über den Gegenstand der Lieferung und Leistung informiert ist.

A.2.2.1

Ziel der Bauaufgabe ist die "schlüsselfertige" Errichtung: ...

Demzufolge ist das Vertragsziel der anzubietenden und - im Auftragsfalle - auszuführenden Leistung die "schlüsselfertige" und gebrauchsfähige Erstellung der in der nachfolgenden funktionalen Bau- und Leistungsbeschreibung (FBL) definierten Lieferungen und Leistungen in einer Art und Qualität, welche die Inbetriebnahme sowie den unmittelbaren Bezug und die Inbenutzungnahme aller Anlagen und Bauteile ermöglicht. Gegenstand des Angebotes ist daher ein vollständiges, betrieblich und technisch uneingeschränkt funktionsfähiges, nach den anerka...

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