Leitsatz (amtlich)

Ein während des Spruchverfahrens gestelltes Ablehnungsgesuch lässt sich grundsätzlich nicht mit Erfolg darauf stützen, dass der Richter bestimmten Beweisanträgen der ablehnenden Verfahrensbeteiligten nicht folgt, Beweisanträgen der Gegenseite bzw. deren Einwendungen gegen ein gerichtliches Sachverständigengutachten weiter nachgeht oder sich zur Plausibilisierung dienender Erkenntnismöglichkeiten - hier: Alternativberechnungen durch den Sachverständigen - bedient.

 

Normenkette

AktG §§ 327a, 327b; FGG-RG Art. 111 Abs. 1 S. 1 S. 1; FGG §§ 6, 22; ZPO § 42 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Beschluss vom 04.03.2015; Aktenzeichen 18 O 158/05 (AktE))

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragsteller zu 16) und 17) gegen den Beschluss der 20. Zivilkammerl/V. Kammer für Handelssachen des LG Dortmund vom 04.03.2015 - 18 O 158/05 (AktE) - wird zurückgewiesen.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 67.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Die Beschwerdeführer wenden sich gegen die Zurückweisung ihres Ablehnungsgesuchs in einem aktienrechtlichen Spruchverfahren. Darin begehren die 47 Antragsteller - darunter die beschwerdeführenden Antragsteller zu 16) und 17) - die gerichtliche Überprüfung der in der Hauptversammlung vom 19.11.2004 beschlossenen Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre der C. AG auf die Antragsgegnerin gegen Gewährung einer Barabfindung (sog. Squeeze-out).

Das LG hatte die in der Hauptversammlung mit 88,51 EUR festgelegte Barabfindung - weitgehend der Bewertung des gerichtlich bestellten Sachverständigen Prof. H. folgend - mit Beschluss vom 25.11.2010 auf 120,40 EUR erhöht. Dieser Beschluss wurde auf die Beschwerde der Antragsgegnerin sowie die Anschlussbeschwerde der Antragsteller zu 16) und 17) aufgehoben und die Sache zur weiteren Aufklärung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen (Senat, Beschluss vom 21.12.2011, I-26 W 3/11 (AktE), AG 2012, 459 ff.).

Daraufhin hat das LG mit Beweisbeschlüssen vom 17.02.2012 und 21.03.2012 den Sachverständigen Prof. H. beauftragt, sein Gutachten im Hinblick auf zuvor vorgebrachte Einwendungen der Verfahrensbeteiligten zu ergänzen. Gegen das - im Ergebnis unveränderte - Ergänzungsgutachten haben verschiedene Verfahrensbeteiligte - darunter die Antragsgegnerin sowie die Antragsteller zu 16) und 17) - weiter Einwendungen erhoben, woraufhin das LG den Sachverständigen beauftragt hat, seine Gutachten im Termin vom 05.12.2013 zu erläutern. Schließlich hat es ihn beauftragt, alternativ zu berechnen, welche Ergebnisse sich für den Wert pro Aktie bei Annahme eines Betafaktors von 0,45 und Wachstumsabschlägen von 1 %, 0,75 % und 0,5 % ergeben; dem ist er inzwischen - nach Eingang des vorliegenden Ablehnungsgesuchs - mit ergänzender Stellungnahme vom 18.07.2014 nachgekommen. Die Antragsteller zu 16) und 17) hatten gefordert, das Obergutachten eines anderen Sachverständigen einzuholen, weil sie die mündlichen und schriftlichen Feststellungen des Sachverständigen im Anhörungstermin und in seinen Gutachten für fehlerhaft und unzureichend halten. Alternativberechnungen seien (auch) mit einem Basiszinssatz von 4,05 %, ohne Risikozuschlag in der Detailplanungsphase, einer Marktrisikoprämie von 2,5-3 %, einem Betafaktor von 0,2 oder 0,25 sowie einem Wachstumsabschlag von 2-2,5 % durchzuführen, zudem seien die zum Bewertungsstichtag am Markt gezahlten Preise für Brauereien zu analysieren. Die Einholung eines Obergutachtens hat das LG mit Beschluss vom 06.05.2014 abgelehnt. Auf den dagegen gerichteten Schriftsatz vom 06.06.2014 hat der Kammervorsitzende dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller zu 16) und 17) mit Verfügung vom 26.06.2014 mitgeteilt, der Beweisbeschluss werde nicht ergänzt. Transaktionspreise bzw. allgemein erzielbare Unternehmenswerte dürften für die Ertragswertbetrachtung ohne Bedeutung sein, eine weitere Berechnung mit den Parametern aus dem Schriftsatz vom 06.06.2014 sei nicht beabsichtigt.

Daraufhin haben die Antragsteller zu 16) und 17) den Vorsitzenden Richter am LG P. und die Handelsrichter N. und O. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Diese berücksichtigten ständig, insbesondere bei dem Erlass und der Änderung von Beweisbeschlüssen, einseitig das Vorbringen der Antragsgegnerin, ohne sich mit dem konträren Vorbringen der Antragsteller zu befassen und zu diesem eine "seit langem überfällige" sachverständige Beurteilung einzuholen. Wegen der Ausführungen im Einzelnen wird auf den Schriftsatz vom 02.07.2014 Bezug genommen.

Das LG hat das Ablehnungsgesuch mit Beschluss vom 04.03.2015 zurückgewiesen; wegen der Begründung wird auf die Gründe des Beschlusses verwiesen.

Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragsteller zu 16) und 17), die sie - unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens - damit begründen, die abgelehnten Richter hätten nach der Zurückverweisung erneut ihr Recht auf rechtliches Gehör verletzt und sich zugleich sämtliches Vorbringen der Antragsgegnerin zu eigen gemacht, mit dem ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Professional enthalten. Sie wollen mehr?