Leitsatz (amtlich)

1. Mit der Festlegung von Indexreihen ist naturgemäß ein Gestaltungsauftrag der Regulierungsbehörde verbunden, in dessen Rahmen die Regulierungsbehörde allerdings nicht völlig frei ist, sondern die ihr in § 6 Abs. 3 StromNEV vorgegebenen Kriterien zu beachten hat. Sie ist verpflichtet, auf die in § 6 Abs. 3 StromNEV verwiesenen Fachserien 16 und 17 des Statistischen Bundesamts zurückzugreifen und aus diesen Reihen Preisindizes dergestalt zu entwickeln, dass sie die Preisentwicklung der Anlagengüter des Netzbetriebs unter Berücksichtigung der Zielsetzung bestmöglich abbilden.

2. Kann bei Anlagengütern der Tagesneuwert nur in der Weise sachgerecht ermittelt werden, dass neben den reinen Bezugskosten für Anlagen und Anlagenteile beim Hersteller auch die nicht unerheblichen Kosten der Einbindung und Montage berücksichtigt werden, sind geeignete, also die jeweilige Preisentwicklung repräsentativ abbildende Indizes auszuwählen und miteinander zu einem anlagen- oder anlagengruppenspezifischen Index zu "verketten". Dies erfordert eine sachgerechte Wägung von hierfür in Ansatz zu bringenden Anteilen und damit auch die Ermittlung der maßgeblichen Kostentreiber. Dabei kann die Regulierungsbehörde auf die Informationen zurückgreifen, welche ihr die Netzbetreiber und ihre Verbände im Rahmen der Konsultation zur Verfügung gestellt haben.

3. Die Einbindungs- und Montagearbeiten bei der Herstellung von Netzanlagen und ein dabei erzielter Produktivitätsfortschritt werden durch die hoch aggregierten Daten des Wirtschaftszweigs Produzierendes Gewerbe nicht repräsentativ abgebildet; der Rückgriff auf diese statistischen Daten zur Lohnentwicklung und Arbeitsproduktivität ist daher nicht sachgerecht.

4. Werden Preisentwicklungen von Gütern mangels spezifischer Indexreihen durch die Verkettung von (Material- und Lohn-)Indizes abgebildet, ist es geboten, die gefundenen Indizes bzw. die sich aus ihnen ergebende durchschnittliche jährliche Teuerung einer Plausibilitätskontrolle zu unterziehen.

 

Normenkette

StromNEV § 6 Abs. 3; EnWG § 68 Abs. 1; VwVfG § 24

 

Verfahrensgang

Bundesnetzagentur (Beschluss vom 17.10.2007; Aktenzeichen BK 8-07/272)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der Beschlusskammer 8 der gegnerischen Bundesnetzagentur vom 17.10.2007 - BK 8-07/272 - aufgehoben.

Die Bundesnetzagentur hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Betroffenen zu tragen.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

A. Die Beschwerdeführerin ist eine regionale Gas- und Stromnetzbetreiberin und 100%ige Tochtergesellschaft der B., von der sie auch die Stromverteilnetze gepachtet hat.

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Festlegung der Beschlusskammer 8 der gegnerischen Bundesnetzagentur vom 17.10.2007, die bestimmt, welche Preisindizes von den Netzbetreibern bei der Ermittlung der Tagesneuwerte nach § 6 Abs. 3 StromNEV in Anwendung zu bringen sind. Die Preisindizes sind in Anlage 1 zur Festlegung im Einzelnen aufgeführt, sie sind ausschließlich anlagengruppenspezifisch bestimmt. Gemäß Ziff. 2 der Festlegung finden sie auf alle Entgeltgenehmigungsverfahren nach § 23a EnWG oder Verfahren im Rahmen der Anreizregulierung Anwendung, die das in 2006 abgelaufene oder ein früheres Geschäftsjahr zur Grundlage haben; lediglich bereits bestandskräftige Genehmigungsbescheide sind von der Geltung ausgenommen.

Zur Begründung der Festlegung hat die Beschlusskammer 8 ausgeführt, die Erfahrungen in der ersten Entgeltgenehmigungsrunde hätten gezeigt, dass die Netzbetreiber sehr unterschiedliche Indexreihen zur Anwendung brächten; zugleich habe eine Überprüfung der häufig herangezogenen Indexreihen ergeben, dass ihre Rückführung auf die maßgeblichen Fachserien 16 und 17 des Statistischen Bundesamtes Bedenken begegne. Die nur anlagengruppenbezogene Festlegung der Preisindizes hat sie damit begründet, dass für eine stärkere Differenzierung im Sinne einer Aufspaltung einzelner Anlagengruppen ein zwingendes Erfordernis nicht erkennbar sei; zudem hätte eine solche den Aufwand, den die Netzbetreiber hinsichtlich ihrer Kalkulation von Anschaffungs- und Herstellungskosten betreiben müssten, deutlich erhöht. Bei der Festlegung der einzelnen Preisindizes ist die Beschlusskammer ausweislich der Begründung ihres Beschlusses wie folgt vorgegangen: Bei den in Ziff. 6 der Beschlussbegründung aufgeführten Anlagengruppen hat sie jeweils eine Indexreihe des Statistischen Bundesamtes unverändert zugrunde gelegt. Für die übrigen Anlagengruppen hat sie hingegen Mischindizes gebildet, indem sie verschiedene Indexreihen bzw. Subindizes des Statistischen Bundesamts zu einem anlagengruppenspezifischen Index verkettet hat. Die Mischindizes für die in Ziff. 7 der Beschlussbegründung aufgeführten Anlagengruppen umfassen Materialpreise und Löhne. Dies verlange eine variable Gewichtung der Löhne mit dem Ziel, eine Veränderung der Arbeits...

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