Leitsatz (amtlich)

Zur Bedeutungslosigkeit der (einfachen) Rechtswidrigkeit der Anordnung aus einem Verkehrszeichen für den objektiven Tatbestand einer Verkehrsordnungswidrigkeit, den Vorsatz und die Rechtsfolgenzumessung

 

Normenkette

OWiG § 11 Abs. 2; StPO § 244 Abs. 3 S. 2; StVO § 41 Abs. 1; StVG § 24; OWiG § 17 Abs. 1, 3-4, § 71 Abs. 1, § 77; StVG § 25; StVO § 49 Abs. 3 Nr. 4

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde als unbegründet verworfen.

Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Rechtsmittels

 

Gründe

1.

Nach den vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen befuhr der Betroffene am 5. Dezember 2012 um 12:52 Uhr in Dinslaken die Bundesautobahn A 59 in Höhe Kilometer 2,5000 in Fahrtrichtung Wesel mit dem Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen ....... mit einer Geschwindigkeit von 113 km/h, obwohl die zulässige Höchstgeschwindigkeit in diesem Bereich auf 60 km/h beschränkt war. Die Möglichkeit der Überschreitung hat er zumindest für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen. Es hat den Betroffenen deshalb wegen vorsätzlicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften zu einer Geldbuße von 324 EUR verurteilt und ihm für die Dauer von einem Monat verboten, Kraftfahrzeuge jeder Art im öffentlichen Straßenverkehr zu führen. Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde.

2.

Die zulässig erhobene Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Rechtsbeschwerdebegründung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben.

a)

Die erhobene Verfahrensrüge bleibt ohne Erfolg. Die zulässige Erhebung der Verfahrensrüge setzt ihre Begründung durch Angabe der Tatsachen voraus, aus denen sich der Rechtsverstoß ergeben soll (§§ 80 Abs. 3, 79 Abs. 3 OWiG, 344 Abs. 2 StPO). Dabei sind die den Verfahrensverstoß begründenden Tatsachen so vollständig und genau mitzuteilen, dass das Rechtsbeschwerdegericht allein aufgrund der Rechtsmittelbegründung prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen werden (vgl. BGHSt 3, 213, 214; 29, 203).

aa)

Danach ist die Rüge der Verletzung der Hinweispflicht aus § 265 StPO (in Verbindung mit § 71 Abs. 1 OWiG) nicht ausreichend begründet. Es hätte dem Betroffenen oblegen, den Inhalt des Bußgeldbescheides, der nach dem Inhalt der Rüge keine Aussage zur Schuldform trifft, im Wortlaut mitzuteilen, damit der Senat prüfen kann, ob in diesem nur eine Ahndung einer nur fahrlässig begangenen Ordnungswidrigkeit erfolgt ist. Die nachträgliche Mitteilung in der vom 23. September 2014 datierenden Gegenerklärung des Betroffenen zur Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft kann keine Berücksichtigung finden, da sie nach Ablauf der einen Monat nach Zustellung des Urteils am 18. Juni 2014 verstrichenen Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde - zumal beim Oberlandesgericht und nicht beim Amtsgericht - eingegangen ist (§§ 79 Abs. 3 OWiG, 345 Abs. 1 StPO).

bb)

Der Begründung der als "Anhörungsrüge" erhobenen Rüge, die als Rüge der Versagung des rechtlichen Gehörs auszulegen ist, weil ein Fall des § 33a StPO nicht vorliegt, ist nicht zulässig erhoben; ihr fehlt die Angabe, was der Betroffene konkret im Falle der früheren Gewährung von Akteneinsicht geltend gemacht hätte. Sie wäre zudem unbegründet, da eine nach Urteilsverkündung unterbliebene Aktenübersendung das diesem Urteil vorangehende rechtliche Gehör nicht berührt.

cc)

Die als Aufklärungsrüge erhobene Rüge der Ablehnung des Antrages auf Einholung einer Auskunft der "Landesbehörde Straßen NRW" (Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen) ist nicht begründet. Der Antrag ist als Beweisantrag vom Amtsgericht behandelt und mit der Begründung abgelehnt worden, ein Verkehrszeichen sei auch dann verbindlich, wenn die ursprüngliche Anordnung nicht verlängert bzw. widerrufen worden sei. Das Amtsgericht hat sich damit ohne Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen auf den Ablehnungsgrund der Bedeutungslosigkeit der zu beweisenden Tatsache gestützt (§§ 71 Abs. 1 OWiG, 244 Abs. 3 Satz 2, 2. Variante, StPO). Zutreffend ist das Amtsgericht dabei auch von der Verbindlichkeit eines aufgestellten Verkehrsschildes unbeschadet der etwaigen verwaltungsgerichtlichen Anfechtbarkeit der daraus hervorgehenden Anordnung ausgegangen.

Von der Straßenverkehrsbehörde aufgestellte Vorschriftzeichen sind Verwaltungsakte in Form einer Allgemeinverfügung (st. Rspr.; BVerwG, NJW 1980, 1640). Ein fehlerhafter Verwaltungsakt ist zwar im Verwaltungsrechtsweg anfechtbar, aber grundsätzlich bis zu seiner Aufhebung zu befolgen. Unwirksam ist ein Verwaltungsakt nur, wenn er nichtig ist (§§ 43 Abs. 3, 44 VwVfG). Ein Verwaltungsakt ist nach § 44 Abs. 1 VwVfG nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist, darüber hinaus nur unter den Voraussetzungen des § 44 Abs. 2 VwVfG (vgl. auch OLG Düsseldorf NZV 1991, 204 m.w.N.). Die Beweisbehauptung aus dem abgelehnten Antrag, nämlich d...

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