Leitsatz (amtlich)

1. Leidet ein Patient nach einer Oberschenkelamputation unter erheblichen Stumpfbeschwerden, die das Tragen einer Prothese erschweren oder unmöglich machen, ist die Entscheidung eines Chirurgen, die fehlende myoplastische Deckung durch eine Kürzung des vorhandenen Knochenstumpfs zu erreichen, nicht zu beanstanden.

2. Die obligatorische Anbringung eines Bettgitters ohne konkrete Hinweise auf eine Sturzgefahr ist grundsätzlich nicht angebracht.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 249 ff., § 276 a.F., § 611

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Aktenzeichen 3 O 386/97)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten und Widerklägers gegen das am 20.7.2000 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Der Beklagte und Widerkläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 40.000 DM und die Vollstreckung des Drittwiderbeklagten durch Sicherheitsleistung von 15.000 DM abwenden, wenn nicht diese zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leisten.

Die Sicherheiten können auch durch Bürgschaft einer deutschen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

 

Tatbestand

Der am 19.3.1921 geborene Beklagte litt Anfang des Jahres 1995 unter diffusen Beschwerden im rechten Bein, die ihn zu dem Wunsch nach einer Amputation veranlassten. Ein solcher Eingriff wurde im Februar 1995 von den Landeskrankenanstalten S. nach einer neurologischen Untersuchung abgelehnt, da die Indikation für ein operatives Vorgehen nicht festzustellen sei, man vielmehr nach der Entfernung des Beins mit einer Verschlechterung des Zustands rechnen müsse. Ungeachtet dieser Empfehlung wandte sich der Beklagte an den Chirurgen Prof. Dr. S. aus Z., der die Amputation am 13.4.1995 durchführte. Im Jahre 1996 traten bei dem Patienten Hodenschmerzen auf, die auf Kollisionsprobleme mit dem Prothesentrichter zurückgeführt wurden. Diese Beschwerden veranlassten die urologische Abteilung des M.D. am 13.6.1996 zu einer beidseitigen Orchiektomie. Am 20.1.1997 begab sich der Beklagte erstmals in die Behandlung der M. in K., deren Trägerin die Klägerin ist. Bei dieser Gelegenheit klagte er zum einen über Schmerzen im rechten Oberschenkelstumpf, die man auf eine unzulängliche Weichteildeckung des verbliebenen Knochens zurückführte. Zum anderen wies der Patient auf zunehmende Missempfindungen im linken Bein hin, angesichts derer auch in diesem Bereich eine Amputation in Erwägung zu ziehen sei. Seitens der Klägerin wurde am 24.1.1997 eine psychiatrisch-neurologische Untersuchung im A. Krankenhaus in K. veranlasst, bei der man eine Aggressionsproblematik mit autodestruktiven Tendenzen feststellte; eine Amputation des linken Beins wurde als „völlig obsolet” bezeichnet; statt dessen empfahl man eine Therapie in einer psycho-somatischen Klinik. Zur Beseitigung der vorhandenen Stumpfbeschwerden erschien der Beklagte am 3.3.1997 erneut in dem Krankenhaus der Klägerin. Er unterzeichnete bei dieser Gelegenheit eine Vereinbarung, in der er für die Unterbringung in einem Ein-Bett-Zimmer eine Vergütung von 630 DM/Tag zusagte (Bl. 11 GA). Am folgenden Tag erklärte sich der Patient mit einer „Nachamputation am rechten Oberschenkelstumpf wegen starker Beschwerden an der Prothese” einverstanden; zuvor war er auf die mit der Operation verbundenen Risiken, insbesondere auf die Gefahr einer Wiederkehr von Stumpfbeschwerden und einer Verschlechterung des Prothesenaufsitzes hingewiesen worden.

Die schriftliche Einwilligungserklärung enthält folgenden – von dem Beklagten gesondert unterzeichneten – Zusatz:

„Der Patient wünscht ausdrücklich eine Verkürzung des vorhandenen Oberschenkelstumpfs/Knochens und lehnt eine Verlängerung sowohl des Knochens als auch der Weichteile ab.”

Am 5.3.1997 führte der Drittwiderbeklagte die chirurgische Stumpfrevision durch. Dabei resezierte er den vorhandenen Knochen um etwa 7 cm, koagulierte nach einer Kürzung die im Operationsgebiet verlaufenden Nervenbahnen und sorgte für eine verstärkte myoplastische Deckung des Stumpfs. Am Ende des Operationsberichtes heißt es:

„Die Oberschenkelknochenstumpf-Nachresektion wurde auf ausdrücklichen Wunsch des Patienten durchgeführt. Eine zuvor angebotene myoplastische Deckung durch Distraktion der Muskelstümpfe, ggf. auch durch das Ilizarov-Stumpfverlängerungsverfahren wurde von dem Patienten aufgrund des zu erwartenden langwierigen Verfahrens abgelehnt.”

Der postoperative Heilungsprozess verlief zunächst ungestört. Allerdings stürzte der Beklagte in der Nacht vom 15. auf den 16.3.1997 aus dem Bett und zog sich ein Hämatom im Bereich des rechten Oberschenkels zu; dieser Bluterguss musste am 21.3.1997 chirurgisch behandelt und später mehrfach in Kurznarkose revidiert werden. Am 27.3.1997 wurde der Beklagte aus der stationären Behandlung entlassen. Anschließend erteilte die Klägerin über ihre Unterbringungsleistungen eine Rechnung i.H.v. insgesamt 15.750 DM. Diesen Betrag zahlte der Beklagte auch im Anschluss an mehr...

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