Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Entscheidung vom 12.01.2011)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 12. Januar 2011 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung des Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Der Kläger ist die Z.. Zu seinen satzungsgemäßen Aufgaben gehört die Bekämpfung unlauterer geschäftlicher Handlungen. Ihm gehören über 1600 Mitglieder an, darunter alle Industrie- und Handelskammern, die Handwerkskammern und etwa 400 Verbände.

Der Beklagte betreibt in N. eine Apotheke. Am 27. Januar 2010 schaltete er eine mit "Holen Sie sich ihre Praxisgebühr zurück" überschriebene Zeitungsanzeige, in der potentiellen Kunden die Verrechnung der nach § 28 Abs. 4 SGB V anfallenden Praxisgebühr von 10,00 Euro mit einem Einkauf in seiner Apotheke angeboten wurde. Die Kunden konnten die Praxisgebühr mit ihrem aktuellen Einkauf verrechnen oder sich einen Einkaufsgutschein für spätere Einkäufe ausstellen lassen. Auf die als Anlage K 1 vorgelegte Zeitungsanzeige wird Bezug genommen.

Der Kläger hält diese Werbung unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs für wettbewerbswidrig. Durch die Erstattung der Praxisgebühr werde die § 28 Abs. 4 SGB V zugrunde liegende Intention des Gesetzgebers, die Patienten zur Vermeidung überflüssiger Arztbesuche anzuhalten, unterlaufen. Mit Schreiben vom 8. Februar 2010 hat er den Beklagten abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert. Ein Erfolg war dieser Abmahnung nicht beschieden.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Beklagte sei als Apotheker nicht Adressat der Norm. Adressaten der Praxisgebührenregelung seien Ärzte und Patienten, aber nicht Apotheker, die die Patienten nicht zur Zurückhaltung bei Arztbesuchen anhalten könnten. Ein (vom Kläger im Übrigen gar nicht beanstandeter) Verstoß gegen § 7 HWG scheide aus, da die angegriffene Werbung nicht auf ein bestimmtes Arzneimittel bezogen gewesen sei.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Er trägt vor, bei den sozialrechtlichen Vorschriften zur Zuzahlung handele es sich um Marktverhaltensregeln, deren Adressatenkreis nicht beschränkt sei. Der gesetzgeberische Zweck des § 28 Abs. 4 SGB V sei es, die Patienten dazu zu bewegen, wegen einer Krankheit ohne Überweisung nicht mehr als einen Arzt derselben Fachrichtung aufzusuchen und sie so zu einem rationalen und systemgerechten Verhalten zu bewegen. Gegen diese Marktverhaltensregelung habe der Beklagte verstoßen, weil er durch sein Verhalten die gesetzgeberische Intention unterlaufe. Dies könne nicht mit Verweis auf den Adressatenkreis verneint werden, § 28 Abs. 4 SGB V regele mit der Nennung der Leistungserbringer und der Versicherten nur den Zahlungsfluss.

Der Kläger beantragt,

das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Düsseldorf, 12 O 135/10, vom 12.01.2011 aufzuheben und

den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr

"die Erstattung der Praxisgebühr anzukündigen"

und/oder

"die Praxisgebühr, etwa in Form von Einkaufsgutscheinen zu erstatten"

dem Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten anzudrohen;

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 208,65 € zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Die Vorschrift des § 28 Abs. 4 SGB V sei keine Marktverhaltensregelung i. S. des § 4 Nr. 11 UWG, zumindest nicht für Apotheker. Hätte der Gesetzgeber eine Marktverhaltensregelung für Dritte gewollt, hätte er dies in dem Gesetz zum Ausdruck gebracht. Die Ansicht des Klägers, die Norm richte sich nicht nur an Patienten und Ärzte, finde im Gesetz keine Stütze. Im Übrigen werde die gesetzgeberische Intention durch seine Werbung gar nicht unterlaufen. Der Patient erhalte seine 10,00 Euro nicht zur freien Verfügung zurück, sondern er müsse diese in seine Waren investieren. Der Vermögensabfluss sei daher endgültig. Zudem regele das SGB V die Rechtsbeziehungen der Beteiligten ohnehin abschließend.

Der Senat hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung mit den Parteien erörtert, dass er bereits zur Verneinung einer Marktverhaltensregelung neigt, da § 28 Abs. 4 UWG das Marktverhalten nicht im Interesse der Marktteilnehmer regele, sondern der finanziellen Absicherung der Gesundheitsvorsorge und damit der Sicherstellung einer hoheitlichen Aufgabe diene.

Wegen der weiteren Einzelheiten d...

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