Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergleichende Werbung mit verschiedenen Testergebnissen bei Änderung der Bewertungsmaßstäbe (Emma One)

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die vergleichende Werbung mit Testergebnissen der Stiftung Warentest, die verschiedenen Tests entstammen, ist im Falle unterschiedlicher Bewertungsmaßstäbe dann nicht unlauter, wenn der schlechter bewertete Wettbewerber auch nach neuem Bewertungsmaßstab nicht besser als der Testsieger abgeschnitten hätte.

2. Entnimmt der Verkehr der Werbung jedoch die Aussage, dass das identische Produkt unter identischen Maßstäben getestet wurde, liegt eine Irreführung vor, wenn auf die veränderten Bewertungsmaßstäbe der Stiftung Warentest nicht hingewiesen wurde.

3. Eine Werbekampagne, die dem Verkehr bei Ausnutzung eines 100-tägigen Rückgaberechts des Wettbewerbers einen 30 %-igen Rabatt für den Kauf des eigenen Wettbewerbsprodukts verspricht, stellt keine unlautere Behinderung dar.

4. Die Bezeichnung eines Wettbewerbsprodukts als "Mittelmaß" stellt keine unlautere Herabsetzung dar, wenn das Testergebnis des Produktes im Mittelfeld liegt.

 

Normenkette

UWG § 4 Nr. 4, §§ 5, 6 Abs. 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 18.03.2021; Aktenzeichen 3-6 O 10/21)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 6. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main vom 18.3.2021 teilweise abgeändert:

Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung

- bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, diese zu vollziehen an ihren Geschäftsführern -

untersagt,

im geschäftlichen Verkehr für die Matratze "Emma One"

a) mit einem Slogan bzw. einem Text zu werben wie

"Nach dem aktuellen Test der Stiftung Warentest ist die Bodyguard Matratze von A, die seit 2015 getestet worden ist (90 × 200 cm, H3), nur noch Mittelmaß. Sie kam lediglich noch auf die Note 'befriedigend (2,6)'"

- wie in Anlage AS 1 geschehen -

b) wie folgt zu werben:

((Abbildung))

- wie in Anlage AS 2 geschehen -

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Antragstellerin 3/4 und die Antragsgegnerin 1/4, von den Kosten der ersten Instanz die Antragstellerin 3/5 und die Antragsgegnerin 1/5 zu tragen.

Der Beschwerdewert wird auf 560.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Beide Parteien bieten online Matratzen an. Die Antragstellerin stellt die "Bodyguard-Matratze" her und vertreibt diese unter www.(...).de. Es handelt sich um eine Wende-Matratze, bei der beide Seiten nutzbar sind, die unterschiedliche Härtegrade haben. Im Test der Stiftung Warentest im Jahr 2015 wurde die Matratze getestet und mit der Note 1,8 bewertet (Größe: 90*200). Die Stiftung Warentest kam dabei zu dem Ergebnis, dass die Bodyguard-Matratze "die beste je getestete Matratze" ist (Anlage AS 8). Bei einem Test der Stiftung Warentest aus dem Jahre 2018 schnitt die Bodyguard-Matratze am besten ab und erhielt die Note 1,7 (Anlage AS 9).

Im November 2019 veröffentlichte die Stiftung Warentest in ihrer Ausgabe 10/2019 erneut einen Test von Matratzen, in dem zwei Testsieger ausgelobt wurden, die die Testnote "gut" (1,7) erhielten: Die Emma One der Antragsgegnerin und die Dunlopillo Elements (Anlage AS 11). Bei den Matratzen der Testsieger handelt es sich um solche, die nur eine Liegeseite haben.

Am 23.2.2021 wurde von der Stiftung Warentest in der Ausgabe 03/2021 (im folgenden "streitgegenständlicher Test") ein neuer Test veröffentlicht, in dem sieben Schaumstoffmatratzen bewertet wurden, und zwar einmal in der 140x200 cm-Fassung und einmal in der 90x200 cm-Fassung (Anlage AS 15). Die Bodyguard-Matratze der Antragstellerin in der Größe 90x200 erhielt die Testnote "befriedigend" (2,6), in der Größe 140x200 erhielt sie die Note "befriedigend" (2,7).

Im Test wurden bei Duo-Matratzen mit unterschiedlichen Liegehärten - im Gegensatz zur den vorherigen Tests - erstmals beide Seiten bewertet, wenn es keine Hauptliegeseite gab, so auch bei der Matratze der Antragstellerin. Zur Begründung des Abschneidens der Bodyguard-Matratze heißt es im Test, dass nur der festen Seite der 140er-Variante gute Liegeeigenschaften bescheinigt werden könnten. Auf der mittelfesten Seite und beiden Seiten der 90er lägen schwere Menschen in Rückenlage nur mäßig. Dort gäben die Matratzen auf beiden Seiten deutlich nach. Die Emma-Matratze der Antragsgegnerin wurde nicht getestet. Unter der Überschrift "Gute Alternativen" wurden in dem Testbericht die besten acht Matratzen aus den Tests seit der Ausgabe 10/2019 aufgeführt mit der Bemerkung "In der aktuellen Prüfung würden die Ergebnisse weitgehend vergleichbar ausfallen". Die Matratze Emma One wurde dort mit dem (damaligen) Qualitätsurteil "gut" (1,7) aufgeführt.

In der Pressemitteilung der Stiftung Warentest zu dem Test 03/2021,...

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