Leitsatz (amtlich)

Die Kosten einer Schutzschrift, die zur Verteidigung gegen einen erwarteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung eingereicht worden ist, sind auch dann erstattungspflichtig, wenn der Antrag vor Eingang der Schutzschrift wieder zurückgenommen worden ist, ohne dass der Antragsgegner hiervon wissen konnte.

 

Normenkette

RVG § 16 Nr. 6; RVG-VV Nr. 3101; ZPO § 104

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 18.08.2005; Aktenzeichen 2/3 O 708/04)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 23.11.2006; Aktenzeichen I ZB 39/06)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zu 1) wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Frankfurt/M. vom 18.8.2005 aufgehoben, soweit die geltend gemachten Kosten der Antragsgegnerin zu 1) i.H.v. 3.914,80 EUR abgesetzt worden sind.

Von der Antragstellerin sind 1.661,60 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit 23.5.2005 an die Antragsgegnerin zu 1) zu erstatten.

Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragstellerin und der Antragsgegnerin zu 1) jeweils zur Hälfte auferlegt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Beschwerdewert: 3.914,80 EUR.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin hat mit am 13.12.2004 beim LG eingegangenem Schriftsatz vom 10.12.2004 Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen unzulässiger Abnehmerverwarnung gegen die Antragsgegnerin zu 1) gestellt (GA III 1), über den das LG zunächst nicht entschieden hat.

Mit am 17.12.2004 beim LG eingegangenem Schriftsatz hat die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Verfügung mit gleichlautenden Anträgen gegen den Antragsgegner zu 2) beantragt, die das LG am 22.12.2004 - teilweise - erlassen hat (GA I 143).

Mit Fax vom 27.12.2004 hat die Antragstellerin in Erweiterung ihres Antrags vom 13.12.2004 den Erlass einer einstweiligen Verfügung nunmehr auch gegen den Antragsgegner zu 3) beantragt (GA III 194).

Mit Fax vom 29.12.2004 hat sie den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Antragsgegnerin zu 1) zurückgenommen (GA III 202).

Am 30.12.2004 hat der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegner eine Schutzschrift namens der Antragsgegner sowie im eigenen Namen beim LG eingereicht, nachdem er persönlich am 22.12.2004 von der Antragstellerin abgemahnt worden war (GA II 202) und am selben Tag beim LG nachgefragt hatte, ob Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vorliegen (GA III 193a).

Am 10.1.2005 hat das LG eine Beschlussverfügung gegen den Antragsgegner zu 3) erlassen und den Streitwert auf 500.000 EUR festgesetzt (GA IV 215). Auf den Widerspruch der Antragsgegner zu 2) und 3) hat es die Verfahren verbunden und die Beschlussverfügungen vom 22.12.2004 und vom 10.1.2005 mit Urteil vom 3.5.2005 teilweise bestätigt. Nach der Kostenentscheidung dieses Urteils hat die Antragstellerin (auch) die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin zu 1) zu tragen.

Mit Schriftsatz vom 20.5.2005 hat der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegner Kostenfestsetzung beantragt. Hinsichtlich der Antragsgegnerin zu 1) hat er eine 1,3-fache Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 RVG-VV unter Zugrundelegung eines Streitwertes von 500.000 EUR, insgesamt 3.914,80 EUR zur Festsetzung beantragt. Ergänzend wird auf den Antrag vom 20.5.2005 (GA IV 441) Bezug genommen.

Das LG hat mit dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 18.8.2005 die Festsetzung von Kosten zugunsten der Antragsgegnerin zu 1) i.H.v. 3.914,80 EUR abgelehnt, da die Antragsgegnerin zu 1) bis zur Rücknahme des gegen sie gerichteten Eilantrags nicht anwaltlich vertreten gewesen und Widerspruch in diesem Verfahren nur für den Antragsgegner zu 3) eingelegt worden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 18.8.2005 (GA V 502 bis 504) Bezug genommen.

Gegen den ihm am 23.8.2005 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss hat der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegner am 2.9.2005 sofortige Beschwerde eingelegt und zu deren Begründung ausgeführt, die der Antragsgegnerin zu 1) durch die Einreichung der Schutzschrift am 30.12.2004 entstandenen Aufwendungen seien im Kostenfestsetzungsverfahren zu berücksichtigen.

Mit Beschluss vom 21.2.2006 hat die Rechtspflegerin des LG der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen, weil ein Erstattungsanspruch für die Einreichung der Schutzschrift ausscheide, wenn eine Schutzschrift erst nach Rücknahme eines Eilantrags bei Gericht eingehe. Dies sei vorliegend der Fall gewesen, weil der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Antragsgegnerin zu 1) am 29.12.2004 zurückgenommen worden und die Schutzschrift erst am 30.12.2004 bei Gericht eingegangen sei.

II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insb. fristgerecht erhoben.

Dass die sofortige Beschwerde namens der Antragsgegnerin zu 1) und nicht im Namen ihres Verfahrensbevollmächtigten eingelegt worden ist, wie der gegnerische Verfahrensbevollmächtigte gemeint hat, bedarf nach den gesamten Umständen keiner vertieften Darl...

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