Entscheidungsstichwort (Thema)

Gemeinsamer Kostenfestsetzungsantrag mehrerer Streitgenossen - Reisekosten des Rechtsanwalts

 

Leitsatz (amtlich)

1. Stellen mehrere Streitgenossen gemeinsam einen einheitlichen Kostenfestsetzungsantrag, muss daraus deutlich werden, in welchen Beteiligungsverhältnissen oder - bei gleicher Beteiligung am Rechtsstreit - in welcher Gläubigerstellung (Teil-, Mit- oder Gesamtgläubiger) sie die Festsetzung begehren.

2. Der Kostengläubiger kann gemäß § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO auch dann die Erstattung der Reisekosten seines Prozessbevollmächtigten verlangen, wenn dieser seinen Sitz am dritten Ort hat und zugleich Mitglied einer überörtlichen Sozietät ist, die auch über eine Niederlassung am Ort des Prozessgerichts verfügt.

 

Normenkette

ZPO § 91 Abs. 2 S. 1, §§ 103-104, 572 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 21.10.2019; Aktenzeichen 2-03 O 9/19)

 

Tenor

Die Beschwerdesache

...

wird zur erneuten Entscheidung darüber, ob der sofortigen Beschwerde der Klägerin vom 06.11.2019 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21.10.2019 abzuhelfen ist, an das Landgericht Frankfurt am Main zurückgegeben.

 

Gründe

1. Die Sache ist zur erneuten Entscheidung über die Abhilfe an das Landgericht zurückzugeben, weil das Verfahren zur Entscheidung über die Abhilfe gemäß § 572 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden ist.

Bei der Entscheidung, ob der sofortigen Beschwerde im Umfange der Anfechtung abzuhelfen ist, hätte das Landgericht auch prüfen müssen, ob der gemeinsame Kostenfestsetzungsantrag der Beklagten vom 15.10.2019 zulässig ist. Diese Zulässigkeitsprüfung hat das Landgericht jedoch unterlassen, was sich daraus ergibt, dass es weder in den Gründen des angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschlusses noch in denen des Nichtabhilfebeschlusses vom 04.03.2020 Ausführungen zur Zulässigkeit des Festsetzungsantrages gemacht hat. Eine Auseinandersetzung mit dieser Frage wäre indes erforderlich gewesen, weil Kostenfestsetzungsanträge wie der vorliegende nach ständiger Rechtsprechung des Senats unzulässig sind (vgl. Beschl. v. 05.03.2012 - 18 W 48/12; Beschl. v. 16.12.2013 - 18 W 168/13; Beschl. v. 09.03.2015 - 18 W 236/14; Beschl. v. 30.06.2017 - 18 W 111/17).

a) Die Beklagten haben als Streitgenossen einen gemeinsamen Kostenfestsetzungsantrag gestellt, der nicht erkennen lässt, zugunsten welches Antragstellers welcher Erstattungsbetrag verlangt wird. Auch wenn ein einheitlicher Festsetzungsantrag nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist, so muss daraus doch zumindest deutlich werden, in welchen Beteiligungsverhältnissen oder - bei gleicher Beteiligung am Rechtsstreit - in welcher Gläubigerstellung die Streitgenossen die Festsetzung begehren (BeckOK-ZPO/Jaspersen, 35. Ed., § 103 Rn. 31). Dabei mag bei gleicher Beteiligung am Rechtsstreit im Verhältnis zum Prozessgegner oftmals eine Teilgläubigerschaft naheliegen, die nach der Auslegungsregel des § 420 BGB die Streitgenossen dann im Zweifel auch zu gleichen Anteilen berechtigt (vgl. BGH, NJW 2013, 2826 f.; BeckOK-BGB/Gehrlein, 53. Ed., § 420 Rn. 3; MüKo-ZPO/Schulz, 5. Aufl., § 100 Rn. 29). Zwingend ist dies jedoch nicht. Denn bei Stellung eines gemeinsamen Kostenfestsetzungsantrages kann - unbeschadet der Fälle einer Bruchteils- oder Gesamthandsgemeinschaft nach § 432 BGB - auch die Geltendmachung des Kostenerstattungsanspruchs als Gesamtgläubiger gemäß § 428 BGB gewollt sein (zur entsprechenden Auslegung eines hierauf ergangenen Kostenfestsetzungsbeschlusses BGH, Rpfleger 1985, 321 = BeckRS 1985, 31078544; OLG Hamm, NZM 2006, 632, 633). Dies ist auch deshalb von Bedeutung, weil ein solcher Antrag zur Ablehnung der Festsetzung führen müsste, sofern die maßgebliche Kostengrundentscheidung nicht ausnahmsweise eine Gesamtgläubigerschaft der Streitgenossen vorsieht (vgl. Senat a.a.O.).

Das Landgericht hätte daher schon bei der Entscheidung über den Festsetzungsantrag der Beklagten, spätestens aber bei der Entscheidung über die Abhilfe die Unzulässigkeit des Antrags erkennen und die Parteien gemäß § 139 Abs. 3 ZPO hierauf aufmerksam machen müssen, um den Beklagten Gelegenheit zur Einreichung eines zulässigen Festsetzungsantrages zu geben. Dies hat nunmehr im erneut durchzuführenden Verfahren zur Entscheidung über die Abhilfe zu geschehen.

b) Im Rahmen der erneuten Abhilfeprüfung wird allerdings zu berücksichtigen sein, dass sich diese - wie auch die Zugrundelegung eines neuen Festsetzungsantrages - allein auf die in Streit stehenden Positionen der Reisekosten sowie des Tage- und Abwesenheitsgeldes nach den Nrn. 7004, 7005 VV RVG erstrecken kann. Denn nur insoweit hat die Klägerin den Kostenfestsetzungsbeschluss angefochten, der im Übrigen in Rechtskraft erwachsen und damit einer Abänderung nicht mehr zugänglich ist.

c) Sollten die Beklagten auf den zu erteilenden Hinweis einen zulässigen Festsetzungsantrag stellen, wird weiter zu bedenken sein, dass insoweit eine Verzinsung der noch festzusetzenden Beträge gemäß ...

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