Leitsatz (amtlich)

Zur Zulässigkeit der Akteneinsicht in Insolvenzakten durch nicht am Verfahren Beteiligte.

 

Normenkette

EGGVG § 23; InsO § 4; ZPO § 299

 

Verfahrensgang

AG Fulda (Aktenzeichen 92 IK 6/01)

 

Tenor

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.

Geschäftswert: 3.000 EUR.

 

Gründe

Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 12.2.2004 beim AG Fulda - Insolvenzabteilung - beantragt, in die Akten des Insolvenzverfahrens betreffend Frau A., geb. B, O1, einsehen zu dürfen. Zur Darlegung ihres berechtigten Interesses hieran hat sie auf die Fotokopie eines Klageentwurfs vom 12.11.2003 verwiesen. Ausweislich dieses Klageentwurfs will die Antragstellerin beim LG Fulda Zahlungsansprüche i.H.v. 250.000 EUR gegen Frau A., geb. B, geltend machen. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 2 ff. d.A. Bezug genommen.

Durch Verfügung vom 18.2.2004 hat die Richterin beim AG darauf hingewiesen, dass die behauptete Forderung im Insolvenzverfahren nicht angemeldet worden sei, eine Verfahrensbeteiligung mithin fehle und das damit erforderliche berechtigte Interesse i.S.d. § 299 Abs. 2 ZPO nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht worden sei. Nachdem die Antragstellerin hierzu mit Schriftsatz vom 3.3.2004 (Bl. 10 d.A.) Stellung genommen hatte, hat der Direktor des AG mit Beschl. v. 29.3.2004 (Bl. 11 d.A.), auf den verwiesen wird, das Akteneinsichtsgesuch der Antragstellerin zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 13.4.2004 (Bl. 14 d.A.) "Beschwerde" eingelegt. Die Akte ist dem Senat als Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem. den §§ 23 ff. EGGVG vorgelegt worden. Auf die Verfügung des Senats vom 11.5.2004 (Bl. 19 d.A.) hat die Antragstellerin ihren Antrag mit Schriftsätzen vom 29.4.2004 (Bl. 22 ff. d.A.) und 2.6.2004 (Bl. 28 ff. d.A.) ergänzend begründet. Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegen getreten und hat dessen Zurückweisung beantragt. Auf den Inhalt der Stellungnahme vom 23.3.2005 (Bl. 41 ff. d.A.) wird insoweit verwiesen.

Durch Verfügung vom 4.5.2005 (Bl. 44 R d.A.) hat der Senat die Antragstellerin unter Bezugnahme auf ihren Schriftsatz vom 29.4.2004 darauf hingewiesen, dass er derzeit nicht davon ausginge, dass die Forderung hinreichend glaubhaft gemacht worden sei und hat der Antragstellerin Gelegenheit zur Ergänzung gegeben. Von dieser Möglichkeit hat die Antragstellerin binnen der verlängerten Frist keinen Gebrauch gemacht.

Der auch ansonsten zulässige, so insb. gem. den §§ 26, 27 EGGVG form- und fristgerecht eingelegte Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist gem. § 23 Abs. 1 EGGVG statthaft. Bei dem Beschluss des Direktors des AG vom 29.3.2004 handelt es sich um eine Verfügung, die von einer Justizbehörde zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet des Zivilprozesses getroffen wurde, mithin um einen Justizverwaltungsakt im Sinne der genannten Vorschrift. Darin liegt ein hoheitliches Handeln einer Justizbehörde zur Regelung einer einzelnen Angelegenheit auf dem Gebiet des Zivilprozesses, das geeignet ist, den Betroffenen in seinen Rechten zu verletzen (vgl. im Einzelnen: Kissel/Mayer, GVG, 4. Aufl., § 23 EGGVG Rz. 29, m.w.N.).

Kein Justizverwaltungsakt liegt demgegenüber allerdings vor, soweit es sich um Rechtsprechungsakte handelt. Justizverwaltungsakte sind also weder Urteile noch Beschlüsse noch alle einer solchen Entscheidung vorausgehenden gerichtlichen Maßnahmen (Kissel/Mayer, GVG, 4. Aufl., § 23 EGGVG Rz. 39; Zöller/Gummer, ZPO, 25. Aufl., § 23 EGGVG Rz. 3). Um eine derartige (Rechtsprechungs-) Maßnahme handelt es sich vorliegend aber nicht, so dass die Entscheidung des AG nach den §§ 23 ff. EGGVG anfechtbar ist (OLG Celle v. 19.1.2004 - 2 W 118/03, OLGReport Celle 2004, 191 = ZIP 2004, 370, unter Hinweis auf OLG Celle v. 21.12.2001 - 2 W 102/01, OLGReport Celle 2002, 114 = ZIP 2002, 446; OLG Brandenburg v. 5.9.2002 - 11 VA 11/02, ZIP 2002, 2320; OLG Brandenburg NZI 2002, 49; OLG Dresden v. 10.12.2002 - 6 VA 0004/02, ZIP 2003, 39; ZInsO 2003, 1148; OLG Hamburg v. 14.8.2001 - 2 VA 6/00, OLGReport Hamburg 2002, 61 = MDR 2002, 235 = GmbHR 2002, 331 = ZIP 2002, 266; OLG Jena ZVI 2002, 318; OLG Stuttgart ZVI 2002, 459). Zwar mag im Hinblick auf die (behauptete) materielle Gläubigerstellung der Antragstellerin zweifelhaft sein, ob nicht eine Entscheidung vorliegt, die keine Verfügung oder sonstige Maßnahme einer Justizbehörde i.S.d. § 23 EGGVG darstellt, sondern vielmehr eine Entscheidung gegeben ist, die im Instanzenzug der ZPO überprüft werden kann. Entscheidungen des Insolvenzgerichts über die Einsicht in Insolvenzakten unterliegen bei Akteneinsichtsgesuchen von Gläubigern, die ihre Forderung angemeldet haben - ebenso wie die Verweigerung von Akteneinsicht ggü. den Parteien eines Zivilprozesses - der sofortigen Beschwerde, wenn die Entscheidung durch den Vorsitzenden des Gerichts getroffen wird (Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 299 Rz. 5a). Zu diesen Gläubigern gehört die Antragstellerin nicht. Für den Fall, ...

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