Leitsatz (amtlich)

Eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild setzt immer voraus, dass das Persönlichkeitsrecht in schwerer Weise schuldhaft verletzt worden ist und sich die erlittene Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgleichen lässt. Ob eine schwere Persönlichkeitsverletzung, welche aufgrund des Präventionsgedankens nur mit einer Geldentschädigung befriedigend ausgeglichen werden kann, vorliegt, ist jeweils auf der Grundlage der gesamten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen.

 

Normenkette

KunstUrhG § 22; BGB §§ 823, 847; GG Art. 1-2

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-3 O 247/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten und der Streithelferin wird das Urteil des LG Frankfurt am Main – 3. Zivilkammer – vom 11.10.2001 – Az: 2-3 O 247/2001 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beklagte – Verlegerin u.a. der … – wird von dem Kläger auf Zahlung von Schmerzensgeld in Anspruch genommen.

Dem liegt eine am 7.3.2001 in vorgenannter Zeitschrift veröffentlichte Glosse zugrunde, in der die Trennungsfolgen eines männlichen homosexuellen Paares karikierend dargestellt werden. Der Artikel ist – entgegen dem Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils – mit zwei Fotografien illustriert. Auf dem einen ist ein älterer Mann, auf dem zweiten ein jüngerer Mann, der Kläger, abgebildet. Der Artikel unter der Überschrift „A. hat einen jüngeren” wird mit den zwei Fragen eingeleitet:

„Kennen Sie auch Schwule? A. und B. oder C. und D.”

Der folgende Text bezieht sich auf eine Trennung von „A.” und „B.” Nachnamen sind keine erwähnt. Der Vorname „A.” taucht nicht mehr auf.

Beide Fotografien sind der Zeitschrift durch die Streithelferin, einer Berufsfotografin, gegen ein Honorar von 696 DM zur einmaligen Veröffentlichung zur Verfügung gestellt worden. Der Kläger, der in Y. ein Herrenschneideratelier betreibt, hatte sich der Streithelferin in der Vergangenheit wiederholt als Fotomodell zur Verfügung gestellt. Auch die vorliegende streitgegenständliche Aufnahme ist auf der Grundlage eines „Modellvertrages” entstanden. In diesem Vertrag erklärte der Kläger seine

„Einwilligung dazu, dass meine obigen Bilder … oder deren Reproduktionen in geänderter oder unveränderter Form durch den eingangs genannten Fotografen, dessen Kunden oder durch Dritte, die mit dem Einverständnis des Fotografen handeln, zu Werbezwecken verbreitet und veröffentlicht werden, und zwar ohne zeitliche Beschränkung. … Ich bestätige hierdurch ferner, dass mit der heutigen Honorarzahlung alle mir zustehenden Ansprüche an den obigen Fotografen und an Dritte, die bei der Anfertigung, Verbreitung und Veröffentlichung der obigen Bilder mit seinem Einverständnis handeln, abgegolten sind”.

Von der Beklagten angebotene strafbewehrte Unterlassungserklärungen nahm der Kläger ebenso wenig an wie das Angebot der Beklagten, im nächsten Heft darauf hinzuweisen, „dass die im Zusammenhang mit der Glosse gezeigten Personen Fotomodelle sind und es sich nicht um das in der Glosse beschriebene homosexuelle Paar handelt”.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Beklagten und ihrer Streithelferin gegen das der Klage stattgebende Urteil ist begründet.

Der Senat lässt dahinstehen, ob es bereits an einer rechtswidrigen Persönlichkeitsverletzung des Klägers, insb. seines Rechts am eigenen Bild, fehlt.

Jedenfalls steht dem Kläger ein Schmerzensgeldanspruch nicht zu.

1. Das LG ist von einer Verletzung des Rechts am eigenen Bild ausgegangen und hat dem Kläger Schmerzensgeld mit der Begründung zugebilligt, die Rechtsverletzung sei schwerwiegend, weil die Veröffentlichung eine Aussage, zudem eine unwahre, über die Sexualität des Klägers mache.

Das LG hat sich dabei erkennbar an der Auffassung des Klägers orientiert, sein Persönlichkeitsrecht sei durch „unwahre Behauptungen” verletzt.

Die umstrittene Veröffentlichung enthält bei richtigem Verständnis jedoch keine Tatsachenbehauptungen über den Kläger.

In der Glosse sind verschiedene männliche Vornamen genannt. Nachnamen tauchen nicht auf. Mit der Glosse selbst sollte ersichtlich nicht über einen oder alle Träger der erwähnten männlichen Vornamen die Behauptung aufgestellt werden, sie seien homosexuell bzw. lebten in entspr. Partnerschaften. Zu Recht verweist die Beklagte darauf, dass die Glosse nicht den Eindruck erweckt, als werde überhaupt über die abgebildeten Personen berichtet.

Der Kläger behauptet auch selbst nicht, dass der Redaktion der Zeitschrift sein Vorname bekannt gewesen wäre; auch die von der Streithelferin verfasste Rechnung bezieht sich ohne Namensnennung nur auf „zwei Männerfotos”. Die Identität des in der Glosse verwandten Vornamens „…” mit dem Vornamen eines der beiden zu Illustrationszwecken abgebildeten Männer ist offenkundig rein zufällig. Der Artikel enthält daher weder im Aussagekern noch in seiner Einkleidung eine karikierende Kundgabe der Missachtung des Klägers. Mi...

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