Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsfolgen des kollusiven Zusammenwirkens von Lieferant und Leasingnehmer für den Leasingvertrag

 

Leitsatz (amtlich)

Dem Leasingvertrag mit dem gutgläubigen Leasinggeber fehlt nicht die Geschäftsgrundlage, wenn der Kaufvertrag, in den der Leasinggeber hat eintreten wollen, im Zusammenwirken zwischen Lieferant und Leasingnehmer nicht oder nur zum Schein geschlossen worden ist („FlowTex”).

 

Normenkette

BGB §§ 242, 437, 812

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 19.09.2001; Aktenzeichen 3/13 O 225/00)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 10.11.2004; Aktenzeichen VIII ZR 186/03)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 19.9.2001 verkündete Urteil der 13. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 75.000 Euro abwenden, wenn nicht die Beklagte in gleicher Höhe vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

Die Sicherheiten können jeweils durch eine unbedingte, unwiderrufliche und unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts erbracht werden.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin hat Leasinggeschäfte der Beklagten im Wege des Forderungsankaufs (Forfaitierung) refinanziert, die die Beklagte mit der FlowTex Technologie GmbH & Co. KG (im Folgenden nur: FlowTex) eingegangen war. Mit der Klage begehrt die Klägerin aus mehreren rechtlichen Gesichtspunkten Rückzahlung eines Teils der von ihr an die Beklagte gezahlten Forderungskaufpreise.

FlowTex hat durch ihre Geschäftsführer S. und Dr. K. durch strafbares Verhalten eine Vielzahl von Finanzinstitutionen erheblich geschädigt. S., Dr. K. und andere Beteiligte wurden am 18.12.2001 vom LG Mannheim wegen betrügerischer Handlungen in einer Vielzahl von Fällen zu hohen Freiheitsstrafen verurteilt. Auf die Feststellungen des Strafurteils, das im Wesentlichen auf Geständnissen der Angeklagten beruht, wird Bezug genommen (Bl. 334–456 d.A.).

FlowTex betätigte sich auf dem Gebiet der Horizontalbohrgeräte, mit denen Rohre und Leitungen ohne Aufgraben unter der Erdoberfläche verlegt werden können, in der Weise, dass sie gekaufte/geleaste Maschinen an sog. Servicegesellschaften weitervermietete, die das operative Geschäft betrieben. Da ihr Finanzbedarf anders nicht mehr gedeckt werden konnte, ging FlowTex zunehmend dazu über, mehrfach Leasingverträge über dieselben Maschinen abzuschließen. Aus den von den Leasinggesellschaften gezahlten Kaufpreisen wurden die Mittel genommen, um die Leasingraten aus früheren Verträgen bedienen zu können. Als Lieferantin agierte jeweils die Firma „KSK GmbH & Co. KG” (im Folgenden nur: KSK), die nach außen als selbständig dargestellt wurde, in Wahrheit aber dazu diente, die Gelder an FlowTex zurückzuleiten. Der von dem Betrugssystem erzeugte ständig zunehmende Geldbedarf führte letztlich dazu, dass FlowTex mehr als 3.000 Leasingverträge über Horinzontalbohrsysteme abschloss, von denen lediglich etwa 10 % körperlich vorhanden waren.

Nur kurz bevor es FlowTex gelang, noch eine Emission i.H.v. 250 Mio. Euro am Kapitalmarkt unterzubringen und sich auf diese Weise weitere beträchtliche Mittel zu verschaffen, wurden S. und Dr. K. am 4.2.2000 festgenommen. Nachdem am 8.2.2000 ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens angebracht worden war, bestellte das AG Karlsruhe am 9.2.2000 einen vorläufigen Insolvenzverwalter. Nachdem das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, erstellte der Insolvenzverwalter einen Bericht vom 23.5.2000, auf den verwiesen wird (Leitzordner [LO] Anlage K4).

Die Beklagte, eine Leasinggesellschaft, schloss in den Jahren 1998 und 1999 mehrere Leasingverträge über Horizontalbohrsysteme mit FlowTex, die von verschiedenen Sparkassen, u.a. der Klägerin, refinanziert wurden. Die Gesamtzahl der Geräte, die von der Beklagten an FlowTex verleast wurden, belief sich auf über 100 Stück.

Die Klägerin ist mit der Beklagten durch einen Rahmenvertrag vom 25.1.1991 über den Kauf von Forderungen aus Mietverträgen verbunden, auf dessen Einzelheiten verwiesen wird (LO K 1).

Die Klägerin war eine der ersten mit der Beklagten verbundenen Sparkassen, die eine Refinanzierung eines Leasingvertrages der Beklagten mit FlowTex im Jahr 1998 vornahm. Im Jahr 1999 beteiligte sich die Klägerin vor dem Zusammenbruch der FlowTex-Gruppe mit einer weiteren Tranche.

Die Parteien kamen erstmals im Juni 1998 wegen eines etwaigen Ankaufs von Leasingforderungen gegen FlowTex in Kontakt. Die Klägerin zeigte Interesse an einer Refinanzierung und trat in eine Überprüfung der Bonität von FlowTex ein.

Unter dem 27.11.1998 übersandte KSK der Beklagten 27 Rechnungen über ebenso viele Horizontalbohrsysteme, bestehend aus jeweils einer Shelter-Versorgungseinheit und einer Bohreinheit, auf Grund angeblich bereits erfolgter Lieferung, davon 22 Systeme zu 8 Tonnen zum Preis von...

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