Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 27.09.2000; Aktenzeichen 2/4 O 274/00)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 31.01.2001; Aktenzeichen 1 BvR 66/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das am 27.9.2000 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main abgeändert:

Die einstweilige Verfügung wird aufgehoben.

Die Verfügungsanträge vom 5.9.2000 werden zurückgewiesen.

Die Verfügungskläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Dieses Urteil ist rechtskräftig.

Der Streitwert wird auf 100.000,– DM festgesetzt.

 

Tatbestand

Gegenstand des Eilverfahrens ist eine Mobilfunk-Basis-Station in …, deren Betriebsunterlassung die Verfügungskläger und Berufungsbeklagten verlangen.

Anfang März 2000 nahm die Verfügungsbeklagte zu 1) eine Mobilfunkstation (D-Netz) auf den Glockenturm K-Kirche der Verfügungsbeklagten zu 2) in Betrieb. Dem lag ein Mietvertrag vom 21.8./9.9.1999 zu Grunde mit einer Jahresmiete von 6.000,– DM und bei einer Einmalzahlung von 10.000,– DM.

Die Verfügungskläger wohnen in unmittelbarer Nähe zur K-Kirche Nachdem sie im Frühjahr 2000 von der Errichtung der Mobilstation erfahren hatten, beauftragten sie Dipl.-Ing. … mit der Messung der Stärke elektromagnetischer Felder (vgl. seine Messprotokolle vom 18.5.2000 (Bl. 106–124 d.A. und 131–139 d.A.)) dieser ermittelte im Gutachten vom 27.5.2000 zur Feldstärke bzw. Strahlungsdichte in den Wohnungen dreier Antragsteller, die in einer Entfernung von 55–155 Meter zur K-Kirche liegen, über einen Zeitraum von 15 Minuten im selektiven Hochfrequenzbereich des D-Netzes eine maximale Strahlungsdichte von 14–370 Nanowatt = m.W./cm². Aufgrund dieser Strahlung befürchten die Verfügungskläger erhebliche Gesundheitsbeeinträchtigung und Langzeitschäden. Wegen der behaupteten einzelnen Beeinträchtigungen wird auf die Antragsschrift (Bl. 7 d.A.) verwiesen.

Die Verfügungskläger meinen, das hier einschlägige BlMSchG entfalte keine Bindungswirkung für zivilrechtliche Ansprüche. Der zulässige gesetzliche Grenzwert nach der 26. BlMSchV (Verordnung über elektromagnetische Felder) von 470.000 n.W./cm² für die Strahlungsdichte von D-Netzen sei zu dem nicht maßgeblich, weil dieser Wert lediglich die Einwirkung auf den menschlichen Organismus nicht jedoch die athermische Wirkung berücksichtige. Dazu und zur Frage der Gesundheitsbeeinträchtigungen haben sie sich auf gutachterliche Stellungnahmen des Medizinphysikers Dr. … vom 17., 10.7. und 21.7.2000 (Bl. 111 f., 93 f. und 125 f d.A.) zu den Feldstärkemessungen des Dipl.-Ing. … auf ein Gutachten über biologische Wirkungen von modulierten hochfrequenten elektromagnetischen Feldern von Prof. Dr. vom April 2000 (Bl. 140–160 d.A.) sowie auf weitere Stellungnahmen aus Wissenschaft, Fachkreisen und Öffentlichkeit bezogen. Aus den vorgetragenen Informationen ergebe sich auch die Unzumutbarkeit, eine rechtskräftige Entscheidung in einem Hauptverfahren abzuwarten.

Die Antragsteller haben den Erlass folgender einstweiliger Verfügung beantragt,

die Antragstellerin zu 1) hat den Betrieb der von ihr auf den Glockenturm der evangelischen K-Kirche der Antragsgegnerin zu 2) in

installierten Mobilfunk-Basis-Station mit sofortiger Wirkung zu unterlassen,

die Antragsgegnerin zu 2) hat die Duldung des Betriebs der von der Antragsgegnerin zu 1) in Glockenturm der evangelischen K-Kirche in … installierten Mobilfunk-Basis-Station zu unterlassen.

Die Antragsgegner haben Zurückweisung begehrt.

Sie haben behauptet, die Grenzwerte nach der 26. BIMSchV entsprächen dem derzeitigen wissenschaftlichen Stand und seien ausreichend, um eine gesundheitliche Gefährdung der Antragsteller auszuschließen. Berufen haben sie sich hier auf Stellungnahmen des Bundesamtes für Strahlenschutz, der Strahlenschutzkommission des Bundesumweltministeriums sowie der Internationalen Strahlenschutzkommission (Anlagen AG 6, 7, 8).

Das Landgericht hat den seitens der Antragsgegner präsentierten Prof. Dr. … Mitglied der Strahlenschutzkommission, (Bl. 217 ff d.A.) vernommen und sodann dem Antrag stattgegeben. Zur Begründung ist im wesentlichen angeführt, die Antragsteller hätten im Rahmen ihrer Pflicht zur Glaubhaftmachung die erforderliche positive Gefahrenprognose hinreichend aufgezeigt, insbesondere durch das Gutachten von Prof. Dr. … Ferner hat es festgestellt, dass bislang keine gesicherte wissenschaftliche Untersuchung zur Auswirkung der streitgegenständlichen Strahlung in Nahbereich von wenigen 100 Metern vorliege. Dies sei durch die Vernehmung von Prof. Dr. … bestätigt worden. Die Antragsgegner hätten hingegen einen schlüssigen Negativbeweis nicht führen können. Zu dem sei die Normsetzung aus der 26. BIMSchV aufgrund des offensichtlichen Forschungsbedarfes „wenig verlässlich”.

Hiergegen wenden sich die Antragsgegner mit ihrer zulässigen Berufung. Sie wiederholen und erweitern ihr Vorbringen aus der ersten Instanz und sind der Ansicht, das Landgericht habe bei seiner Beurteilung des § 906 BGB unter Verkennung der Grundsätze der Glaubhaftmachung entgegen der verwaltungsgerich...

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