Entscheidungsstichwort (Thema)

Schmerzensgeld bei Schwerstbehinderung und Zerstörung der Persönlichkeit

 

Normenkette

BGB § 253

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 29.06.2016; Aktenzeichen 2-4 O 467/07)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagten zu 1. - 5. werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 560.000.- EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.2.2008 zu zahlen.

Die Beklagten zu 1., 2. 3. und 4. werden darüber hinaus als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger aus dem Betrag von 560.000.- EUR Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 8.2.2002 bis zum 21.2.2008 zu zahlen.

Die Beklagten zu 1., 3. und 4. werden des Weiteren als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger aus dem Betrag von 560.000.- EUR Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für den 7.2.2008 zu zahlen.

Die Beklagte zu 1. wird ferner verurteilt, an den Kläger aus dem Betrag von 560.000.- EUR Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für den 6.2.2008 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1. - 5. als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger alle gegenwärtigen und zukünftigen materiellen Schäden sowie alle zukünftigen immateriellen Schäden, die noch nicht eingetreten sind und mit deren Eintritt nicht oder nicht ernstlich zu rechnen ist, aus den Behandlungen vom 17. und 18.8.2002 vorbehaltlich eines gesetzlichen Forderungsübergangs zu ersetzen.

3. Die Beklagten zu 1. - 5. werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 4.476,07 EUR außergerichtliche Rechtsanwaltskosten inklusive Umsatzsteuer nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.2.2008 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten erster Instanz werden wie folgt verteilt:

Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Klägers haben der Kläger 28,24% und die Beklagten zu 1. - 5. als Gesamtschuldner 71,76% zu tragen. Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 6. des ersten Rechtszuges und 11,58% der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. - 5. zu tragen. Im Übrigen tragen die Beklagten zu 1. - 5. ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten als Gesamtschuldner 64,5%, der Kläger 33,5%.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für den zweiten Rechtszug beträgt 210.000.- EUR.

 

Gründe

I. Der Kläger hat die Beklagten im ersten Rechtszug mit der Behauptung grober ärztlicher Behandlungsfehler auf Zahlung eines Schmerzensgeldes, dessen Mindestbetrag er mit 350.000.- EUR, sodann mit 500.000.- EUR, angegeben hat, sowie auf Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz entstandener und künftiger materieller Schäden und künftiger immaterieller Schäden in Anspruch genommen.

Der im Jahre 198x geborene Kläger wurde am Morgen des ...8.2002 gegen ... Uhr am ... in der Nähe seines Fahrrades liegend von einem Passanten aufgefunden; er wurde mit einem Rettungswagen in das A-Krankenhaus in Stadt1 dessen Trägerin die Beklagte zu 1. ist, verbracht. Der Kläger war stark alkoholisiert und hatte ein Schädelhirntrauma erlitten, das von den Beklagten zu 2. - 5., angestellten Ärzten der Beklagten zu 1., nicht erkannt wurde. Am 18.8.2002 gegen 18.30 Uhr wurde eine Verschlechterung des Gesundheitszustands und des neurologischen Status des Klägers festgestellt. Anhand einer daraufhin in einer anderen Klinik der Beklagten zu 1. erstellten cranialen Computertomographie wurden ein Schädelhirntrauma mit Blutung im Frontalhirn und Blutungen in beiden Marklagern diagnostiziert; der Kläger wurde in die neurochirurgische Klinik des B-Klinikums in Stadt1 verlegt. Im Verlauf der dort durchgeführten Operation stellten die Ärzte eine mehrfragmentäre Schädelkalottenfraktur fest; sie diagnostizierten ein Schädelhirntrauma mit bifrontalen Kontusionsblutungen, generalisiertem Hirnödem, traumatischer SAB (Subarachnoidalblutung) und Hydrocephalus internus.

Der Kläger leidet unter schwersten körperlichen und gesundheitlichen Dauerschäden, wie sie in den erstinstanzlich erstatteten Gutachten des Sachverständigen SV1 vom 24.1.2014 (GA S. 22, 23) und vom 16.3.2015 (GA S.11- 14) sowie in den ärztlichen Berichten der Fachärzte für Allgemeinmedizin vom 6.5.2008 (C) und vom 12.10.2016 (D) geschildert worden sind.

Die Parteien haben die in dem Urteil des Landgerichts wiedergegebenen Anträge gestellt.

Das La...

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