Entscheidungsstichwort (Thema)

"Geltung der AltölVO für Internethändler"

 

Leitsatz (amtlich)

Auch ein Internethändler, der Motorenöle im Versandhandel vertreibt, muss private Endverbraucher gem. § 8 Abs. 1 S. 2 AltölVO darauf hinweisen, dass das Altöl bei einer von ihm zu bezeichnenden Annahmstelle kostenlos zurückgegeben werden kann.

 

Normenkette

UWG § 4 Nr. 11 i.V.m. § 8 Abs. 1 S. 2 AltölVO

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Beschluss vom 03.05.2010; Aktenzeichen 416 O 62/10)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des LG Hamburg - Kammer 16 für Handelssachen - vom 3.5.2010 geändert:

Im Wege der einstweiligen Verfügung wird dem Antragsgegner verboten, im Rahmen geschäftlicher Handlungen Verbrennungsmotorenöle im Internetversandhandel privaten Endverbrauchern anzubieten, ohne in diesem Angebot durch leicht erkennbare und lesbare Schrift darauf hinzuweisen, dass gebrauchtes Motorenöl bis zur Menge des im Einzelfall abgegebenen Motorenöls bei einer in dem Hinweis zu bezeichnenden Annahmestelle kostenlos zurückgegeben werden kann.

Dem Antragsgegner wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu EUR 250.000, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, bei mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu zwei Jahren angedroht.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Erlassverfahrens in beiden Instanzen nach einem Streitwert von EUR 15.000 zu tragen.

 

Gründe

Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Der Antragsteller besitzt einen Verfügungsanspruch nach den §§ 8 Abs. 1, 3 Nr. 1, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 8 Abs. 1 S. 2 Altölverordnung (AltölVO). Auch der Verfügungsgrund ist gegeben.

1. Nach § 8 Abs. 1 S. 1 AltölVO hat derjenige, der gewerbsmäßig Verbrennungsmotoren- oder Getriebeöl an Endverbraucher abgibt, vor der Abgabe eine Annahmestelle nach Abs. 1a für solche gebrauchten Öle einzurichten oder eine solche durch entsprechende vertragliche Vereinbarung nachzuweisen. Gemäß § 8 Abs. 1 S. 2 AltölVO ist bei der Abgabe an private Endverbraucher durch leicht erkennbare und lesbare Schrifttafeln am Ort des Verkaufs auf die Annahmestelle nach Abs. 1a hinzuweisen. Nach § 8 Abs. 1a S. 1 AltölVO muss die Annahmestelle gebrauchte Verbrennungsmotoren- oder Getriebeöle bis zur Menge der im Einzelfall abgegebenen Verbrennungsmotoren- oder Getriebeöle kostenlos annehmen.

Der Antragsgegner bietet auf seinem unstreitig gewerblich betriebenen Internetshop unter der Adresse www.motoroilshop24.de Motorenöle auch privaten Endverbrauchern zum Erwerb im Versandhandel an. Hierbei weist er nicht gem. § 8 Abs. 1 S. 2 AltölVO darauf hin, dass das Öl kostenlos an eine Annahmestelle zurückgegeben werden kann. Der Senat vermag sich der Auffassung des LG nicht anzuschließen, dass die Hinweispflicht nach § 8 Abs. 1 S. 2 AltölVO nicht für den Vertrieb von Motorenöl über das Internet gilt.

a)Der Wortlaut der Bestimmung, insbesondere der Begriff der "Schrifttafel", der zunächst an körperliche Schilder denken lässt, ist allerdings auf den stationären Handel mit Motorenöl in Ladengeschäften oder an Tankstellen zugeschnitten. Das liegt ersichtlich daran, dass zum Zeitpunkt des Erlasses der Altölverordnung im Jahr 1987 die Entwicklung des Internets noch in den Anfängen steckte; erst recht gab es noch keinen Versandhandel über das Internet. Auch ein sonstiger Versandhandel mit Motorenöl - etwa über Katalog - existierte zu dieser Zeit nach Kenntnis des Senats nicht oder war jedenfalls unüblich, zumindest im Verhältnis zu privaten Endverbrauchern. Nur um diesen Markt geht es im vorliegenden Fall.

Zwar ist die AltölVO im Jahre 2002 geändert worden (BGBl. I 1360). U. a. wurde auch § 8 Abs. 1 neugefasst, ohne dass dies mit einer inhaltlichen Änderung verbunden war (die frühere Fassung lautete: " Wer gewerbsmäßig Verbrennungsmotoren- oder Getriebeöle an private Endverbraucher abgibt, hat dort, wo die Ware angeboten wird, durch leicht erkennbare und lesbare Schrifttafeln auf die Annahmestelle nach § 5b Satz 1 des Abfallgesetzes für gebrauchte Verbrennungsmotoren- oder Getriebeöle hinzuweisen"). Im Jahre 2002 wurden schon viele Produkte im Versandhandel über das Internet angeboten, etwa Bücher, CDs und Unterhaltungselektronik. Dennoch hat sich nach Einschätzung des Senats erst in den letzten Jahren der Internetversandhandel in einer Weise ausgedehnt, dass praktisch jede Ware über das Internet bestellt werden kann, auch solche Produkte, die - wie Motorenöl - vor der Entstehung des Internets in der Regel nicht Gegenstand von Versandhandelsgeschäften waren. Daher kann aus der Neufassung der AltölVO im Jahre 2002 ohne inhaltliche Änderung, insbesondere ohne besondere Nennung des Internethandels, nicht darauf geschlossen werden, dass die Hinweispflicht auf die kostenlose Rückgabe des Altlöls nur für den stationären Handel Gültigkeit haben sollte.

Nach Ansicht des Senats wird der Anwendungsbereich der § 8 Abs. 1 S. 1 AltölVO nicht über seinen Wortlaut hinaus ausgedehnt, wenn er auf den Internethandel mit Motorenöl erstreckt wird, denn ...

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