Leitsatz (amtlich)

Ist ein Steuerberater zugleich als Rechtsanwalt zugelassen, wird eine Berufspflichtverletzung bei Hilfeleistung in Steuersachen ausschließlich im anwaltsgerichtlichen Verfahren für Rechtsanwälte verfolgt, sofern nicht die Ausschließung aus dem Beruf des Steuerberaters in Frage steht. Das gilt beim Zusammentreffen von Hilfeleistung in Steuersachen mit allgemeiner rechtsberatender Tätigkeit innerhalb derselben prozessualen Tat unabhängig davon, in welchem Bereich der Schwerpunkt der Tätigkeiten bzw. der Pflichtverletzungen liegt.

Unterfällt – was in jeder Lage auch des berufsgerichtlichen Verfahrens von Amts wegen zu prüfen ist – die Verfolgung der Pflichtverletzung nicht der Berufsgerichtsbarkeit für Steuerberater und Steuerbevollmächtigte, ist das vor einem solchen Gericht anhängige berufsgerichtliche Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses einzustellen. Eine Verweisung an ein Gericht der Anwaltsgerichtsbarkeit findet nicht statt.

 

Normenkette

BRAO §§ 3, 118a Abs. 1; StBerG § 3 Nr. 2, § 110 Abs. 1; StPO § 6; GVG § 17a Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 651 StL 9/01)

 

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt.

Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten trägt die Steuerberaterkammer H.

 

Gründe

I. Dem angeschuldigten Steuerberater liegt aufgrund Anschuldigungsschrift der Generalstaatsanwaltschaft Hamburg vom 11.12.2001 zur Last, in Hamburg in den Jahren 1997 bis 2001 seine Pflicht, den Beruf gewissenhaft auszuüben, verletzt sowie die Unterlagen des Auftraggebers nicht herausgegeben zu haben, indem er auf einen ihm im Jahre 1997 von der Firma A. durch den Zeugen F. erteilten Beratungsauftrag, geschäftliche Verträge zu überarbeiten und insbesondere die Firma in einem Steuerstreit mit dem Finanzamt L. zu beraten, nichts unternahm, wodurch „der Beschwerdeführer” zu einer steuerlichen Nachzahlung von über 10.000 DM herangezogen wurde, und die ihm am 2.7.1997 zur Verfügung gestellten Unterlagen trotz diverser Nachfragen erst nach Klagerhebung im August 2001 an den Auftraggeber zurückgab; Berufspflichtverletzung gem. §§ 57 Abs. 1, 89 Abs. 1 StBerG.

Mit Beschluss vom 15.2.2002 hat das LG Hamburg, Kammer für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen, die Anschuldigung unverändert zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet. Mit Urteil vom 7.5.2002 hat die Kammer dem Angeschuldigten wegen einer Berufspflichtverletzung einen Verweis erteilt und eine Geldbuße i.H.v. 5.000 Euro auferlegt. Nach den Urteilsfeststellungen hatte der Geschäftsführer der Firma A. GmbH den Angeschuldigten Mitte 1997 mit der steuerlichen Beratung und insbesondere mit der Vertretung der Belange des Geschäftsführers und der Gesellschaft gegenüber dem Finanzamt L. beauftragt sowie ihm dazu Unterlagen ausgehändigt. Der Angeschuldigte blieb untätig, machte „einen Steuerbescheid mit erheblichen Nachzahlungen … seinem Auftraggeber nicht rechtzeitig bekannt”, wodurch „es zu finanziellen Nachteilen kam”, und gab die überlassenen Unterlagen trotz mehrfacher Aufforderungen erst im August 2001 nach Erhebung einer Herausgabeklage zurück.

Gegen das in Abwesenheit ergangene und dem Angeschuldigten am 18.6.2002 zugestellte Urteil hat dieser am 25.6.2002 Berufung eingelegt.

II. Das – wegen zulässig eingelegter (§ 127 Abs. 1 und 2 StBerG) Berufung nicht rechtskräftig abgeschlossene – Verfahren ist wegen eines Verfahrenshindernisses einzustellen, weil für die Verfolgung der dem Angeschuldigten vorgeworfenen Berufspflichtverletzung nicht der Weg zur Berufsgerichtsbarkeit für Steuerberater und Steuerbevollmächtigte nach §§ 89 ff. StBerG, sondern zur vorrangigen Anwaltsgerichtsbarkeit nach §§ 92 ff. BRAO eröffnet ist und eine Verweisung in den anderen Rechtsweg ausscheidet.

1. Der Angeschuldigte war zur Zeit der vorgeworfenen Berufspflichtverletzung ebenso wie gegenwärtig als Steuerberater, Rechtsanwalt sowie Wirtschaftsprüfer zugelassen und tätig, wie sich aus den vorliegenden Personalakten der Steuerberaterkammer H. sowie aus dem noch für die Berufungsschrift verwendeten Briefbogen des Angeschuldigten ergibt.

2. Unterliegt ein Steuerberater zugleich der Berufsgerichtsbarkeit eines anderen Berufes, wird im berufsgerichtlichen Verfahren für Steuerberater nur entschieden, wenn seine Pflichtverletzung überwiegend mit der Ausübung des Berufs als Steuerberater im Zusammenhang steht oder wenn – hier schon nach dem Inhalt der Anschuldigungsschrift ersichtlich ausscheidend – das berufsgerichtliche Verfahren wegen der Schwere der Pflichtverletzung mit dem Ziel der Ausschließung aus dem Beruf des Steuerberaters eingeleitet worden ist (§ 110 Abs. 1 StBerG). Die parallele Konkurrenzregel des § 118a Abs. 1 S. 1 BRAO bestimmt, dass über die Pflichtverletzung eines Rechtsanwalts, der zugleich der Berufsgerichtsbarkeit eines anderen Berufs untersteht, im anwaltsgerichtlichen Verfahren für Rechtsanwälte entschieden wird, es sei denn, die Pflichtverletzung stehe überwiegend mit der Ausübung des anderen Berufes im Zusammenhang....

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