Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung von durch den Arbeitgeber nach Ende des Arbeitsverhältnisses irrtümlich auf ein Versicherungsverhältnis des Arbeitnehmers geleisteten Beiträgen

 

Normenkette

BGB §§ 362, 812

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da sie keine Aussicht auf Erfolg hat. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das LG der Klage vollumfänglich stattgegeben.

Der Kläger kann Zahlung von 5.157,98 EUR von der Beklagten verlangen.

 

Gründe

Die Abrechnung des Lebensversicherungsvertrages (K 1) durch die Beklagte weist ein zu geringes Guthaben auf, denn die Beklagte war nicht berechtigt, die zunächst von der Siemens AG gezahlten und später an diese erstatteten Versicherungsbeiträge auf die Lebensversicherung des Klägers in der Endabrechnung gegenüber dem Kläger (K 4) als "offene Beiträge" in Abzug zu bringen. Im Verhältnis des Klägers als Versicherungsnehmer und der Beklagten als Versicherer sind die nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit der Siemens AG von letzterer gezahlten Versicherungsprämien von insgesamt 5.157,98 EUR gem. § 362 BGB als Erfüllung der Prämienansprüche der Beklagten anzusehen, ohne dass dem bereicherungsrechtliche Grundsätze entgegenstünden, wie das LG zutreffend festgestellt hat.

Die Rechtsausführungen der Beklagten in der Berufungsbegründung rechtfertigen keine abweichende Bewertung des unstreitigen Sachverhalts.

Die Beitragsansprüche der Beklagten aus dem Versicherungsvertrag mit dem Kläger sind durch Erfüllung gem. § 362 BGB erloschen. Erfüllung einer Schuld tritt ein, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.

Das Tatbestandsmerkmal "bewirken" i.S.d. § 362 BGB beinhaltet ein personales Element dergestalt, dass der Leistungserfolg regelmäßig auf einer Leistungshandlung des Schuldners beruhen muss (vgl. PK-BGB-Kerwer § 362 Rz. 15 m.w.N. - zitiert nach juris). Die Leistungshandlung ist - neben der Notwendigkeit des Eintritts des Leistungserfolges -zwingende Voraussetzung der Erfüllung (Münchener Kommentar-Wenzel, 5. Aufl., § 362 Rz. 2). Tritt der Leistungserfolg ohne eine Leistungshandlung des Schuldners, wie etwa bei einer Überweisung ohne Auftrag, ein, dann liegt keine Erfüllung vor (PK-BGB-Kerwer § 362 Rdnr15 m.w.N. - zitiert nach juris).

Die durch die Siemens AG vorgenommene Leistungshandlung ist dem Kläger zuzurechnen. Der Schuldner, der nicht in Person zu leisten hat, kann sich bei dem "Bewirken" der Leistung - wie auch sonst im Rechtsverkehr - gem. den §§ 164 ff. BGB vertreten lassen. Diese Konstruktion haben die Beteiligten im vorliegenden Fall gewählt. Nicht der Kläger selbst hat die Erfüllungshandlung vorgenommen, sondern die - aufgrund der der Beklagten bekannten Umstände - in seinem Namen auftretende Siemens AG, die zunächst aufgrund des Arbeitsverhältnisses und der sich hierauf gründenden Absprachen mit dem Kläger bevollmächtigt war, Teile des dem Kläger zustehenden Arbeitseinkommens zur Tilgung seiner Prämienschuld direkt an die Beklagte weiterzuleiten.

Zwar ist diese Vollmacht mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses erloschen, doch sind dem Kläger auch die Folgezahlungen der Siemens AG über das Rechtsinstitut der Anscheinvollmacht zuzurechnen.

Die Zurechnung findet statt, wenn der Vertretene das Handeln des Scheinvertreters nicht kennt, er es aber bei Anwendung pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen können und der andere Teil annehmen durfte, der Vertretene dulde und billige das Handeln des als Vertreter Auftretenden (Palandt-Heinrichs, 65. Aufl., § 173 Rz. 14 m.w.N.). Der Kläger wusste im Zeitpunkt der Zahlungen nichts davon, dass die Siemens AG weiterhin Versicherungsbeiträge für ihn an die Beklagte leistete. Andererseits war ihm die Existenz des Versicherungsvertrages bekannt und eine Beendigung desselben, wodurch seine Pflicht zur Beitragszahlung entfallen wäre, stand nicht im Raum. Bei dieser Sachlage hätte der Kläger als sorgfältiger Versicherungsnehmer Erkundigungen bei der Beklagten einholen und sich über den Stand seines Versicherungsvertrages informieren müssen, wodurch er von den fortgesetzten Zahlungen der Siemens AG Kenntnis erlangt hätte. Mangels Kenntnis der Beklagten von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses musste und durfte diese ihrerseits davon ausgehen, dass der Kläger weiterhin der Siemens AG einen Teil seines Gehalts zwecks Weiterleitung an die Beklagte überließ.

Damit ist die Siemens AG nicht Dritte i.S.d. § 267 BGB, denn sie hat keine eigene Leistung auf die ihr fremde Beitragsschuld des Klägers aus dem Versicherungsvertrag erbracht, wie es erforderlich wäre (vgl. Palandt-Heinrichs, 65. Aufl., § 267 Rz. 1, PK-BGB-Kerwer § 267 Rz. 5 - letzterer zitiert nach juris). Deutlich ist das, solange das Arbeitsverhältnis intakt gewesen ist. Die Tätigkeit der Siemens AG erschöpfte sich in der Weiterleitung von Lohnbestandteilen des Klägers, die im Zeitpunkt der Weiterleitung objektiv erkennbar nicht (mehr) dem Vermögen der Siemens AG, sondern dem...

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