Leitsatz (amtlich)

Der Nachweis der Existenz und der Vertretungsverhältnisse einer Grundeigentum erwerbenden BGB-Gesellschaft kann auch durch einen unterschriftsbeglaubigten Gesellschaftsvertrag geführt werden, den die Gesellschafter in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Kaufvertrag über die Immobilie geschlossen haben.

 

Normenkette

GBO § 29; BGB § 705

 

Verfahrensgang

AG Bad Oeynhausen (Beschluss vom 12.05.2010; Aktenzeichen GO-4762-10)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, die B und I3 N GbR, bestehend aus den Gesellschaftern B und I3 N, in Abt. I der Grundbücher von H Blatt ..., ..., ... und ... als Berechtigte des Erbbaurechts bzw. der Untererbbaurechte einzutragen.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 1) ist als Erbbauberechtigte bzw. Untererbbauberechtigte in den eingangs genannten Erbbau- bzw. Untererbbaugrundbüchern eingetragen.

Die zu 2) beteiligte Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ist mit Gesellschaftsvertrag vom 15.1.2010 gegründet worden mit dem Zweck, das H-Straße in M zu erwerben oder zu ersteigern und anschließend zu verwalten. Die Unterschriften der Gründungsgesellschafter B und I3 N unter den privatschriftlichen Gesellschaftsvertrag sind am selben Tag vom Notar I E in I2 beglaubigt worden (UR-Nr..../...).

Mit notariellem Vertrag vom 15.1.2010 (UR-Nr..../... Notar I E in I2) verkaufte die Beteiligte zu 1) das Erbbaurecht und die drei Untererbbaurechte an die Beteiligte zu 2). In der Anlage 1 zu dieser notariellen Urkunde erklärten die Beteiligten, sich über den Rechtsübergang einig zu sein.

Mit Schreiben vom 12.4.2010 beantragte der Notar die Umschreibung der Berechtigten in den o.g. Grundbüchern. Diesen Antrag wies das Grundbuchamt mit Beschluss vom 12.5.2010 zurück. Hiergegen legten die Beteiligten Beschwerde ein, der das AG nicht abhalf.

In einer "Eigenurkunde" vom 5.8.2010 erklärte der Urkundsnotar, er habe vor der Unterschriftsbeglaubigung betr. den Gesellschaftsvertrag (Urkunde.../...) die Gesellschafter gefragt, wann und auf welche Weise die GbR gegründet worden sei. Ihm sei geantwortet worden, die GbR sei am selben Tag unmittelbar vor der Beurkundung des Kaufvertrages in der Kanzlei des beratenden Rechtsanwalts L, der den Gesellschaftsvertrag entworfen habe, durch Unterzeichnung gegründet worden. Die Gesellschafter hätten ihre geleistete Unterschrift vor der Beurkundung des Kaufvertrages ihm gegenüber im Beisein des Rechtsanwalts L anerkannt.

II. Die namens der Beteiligten nach § 15 Abs. 2 GBO wirksam erhobene Beschwerde ist nach §§ 71, 73 GBO zulässig.

Da das Verfahren durch einen nach dem 31.8.2009 gestellten Antrag bei dem Grundbuchamt eingeleitet worden ist, ist zuständiges Beschwerdegericht gem. Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGG-RG, § 72 GBO n.F. das OLG.

Nach § 29 Abs. 1 S. 1 GBO soll eine Grundbucheintragung nur vorgenommen werden, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen - dazu zählt im Fall der Veräußerung insbesondere die Einigung nach § 20 Abs. 1 GBO - durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Die Vorschrift konkretisiert das grundbuchverfahrensrechtliche Legalitätsprinzip. Dieses und damit auch gerade § 29 GBO soll den Grundbuchinhalt nach Möglichkeit mit der wirklichen Rechtslage in Einklang halten und die dem Grundbuchsystem immanente Gefahr eines Rechtsverlusts des sachlich Berechtigten durch einen redlichen Erwerb seitens eines Dritten aufgrund des von unrichtigen Grundbucheinträgen ausgehenden Rechtsscheins minimieren (OLG München DB 2010, 1932 = ZIP 2010, 1496; Knothe in Bauer/von Oefele GBO 2. Aufl., § 29 Rz. 1 m.w.N.). Die Bestimmung ist zwar ihrer Fassung nach nur eine Ordnungsvorschrift (BGH DNotZ 1963, 313; Knothe, a.a.O., § 29 Rz. 5), es steht jedoch nicht im Belieben des Grundbuchamts, ob die Formvorschrift bei Eintragungen eingehalten wird oder nicht. Vielmehr hat dieses stets die Beachtung der in § 29 GBO verlangten Förmlichkeiten durchzusetzen (OLG München, a.a.O.).

Erwirbt eine GbR ein Grundstück, so sind dem Grundbuchamt

  • die rechtliche Existenz der GbR,
  • ggf. die Identität dieser erwerbenden GbR mit einer früher gegründeten GbR
  • sowie die Vertretungsberechtigung der für die Gesellschaft handelnden Personen

in der Form des § 29 Abs. 1 S. 1 GBO nachzuweisen.

Dieser Nachweis ist von den Beteiligten in der erforderlichen Form erbracht. Die insoweit vom Senat abweichend vom Grundbuchamt vorgenommene Beurteilung beruht auf der Bewertung der im konkreten Fall vorgelegten Eintragungsunterlagen. Die daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen lassen - im Gegensatz zur Entscheidung des Grundbuchamtes - eine Stellungnahme zu sich in diesem Zusammenhang stellenden grundsätzlichen Fragen entbehrlich erscheinen. Die Beurteilung des Senats beruht im Einzelnen auf den folgenden Erwägungen:

Die Beteiligten haben einen unterschriftsbeglaubigten Gesellschaftsvertrag vorgelegt, der die Gründung der GbR und ihre Gründungsgesellschafter nachweist. Diesen Vertrag haben...

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