Verfahrensgang

LG Essen (Urteil vom 04.06.2007; Aktenzeichen 44 O 201/06)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 13.08.2009; Aktenzeichen I ZB 43/08)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin wird der angefochtene Beschluss teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Gläubigerin wird ermächtigt, den nach dem Teilurteil des LG Essen vom 4.6.2007 (AZ: 44 O 201/06) von der Schuldnerin zu erteilenden Buchauszug durch einen von der Gläubigerin auszuwählenden und zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen auf Kosten der Schuldnerin erstellen zu lassen.

2. Der Schuldnerin wird aufgegeben, an die Gläubigerin als Vorschuss auf die voraussichtlichen Kosten dieses Wirtschaftsprüfers oder vereidigten Buchsachverständigen einen Betrag von 5.000 EUR zu zahlen.

3.a) Der Schuldnerin wird aufgegeben, dem von der Gläubigerin beauftragten Wirtschaftsprüfer oder vereidigtem Buchsachverständigen ungehinderten Zutritt zu ihren Geschäftsräumen und Einsicht in die Geschäftsbücher und sonstigen Unterlagen zu gewähren, soweit dies zur Fertigung des Buchauszuges erforderlich ist.

b) Der Schuldnerin wird aufgegeben, dem von der Gläubigerin beauftragten Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen die zur Fertigung des Buchauszuges erforderlichen Geschäftsbücher und sonstigen Urkunden zu einem noch vom Wirtschaftsprüfer oder vereidigtem Buchsachverständigen mitzuteilenden Termin und weiter auch die zur Fertigung erforderlichen Arbeitsmöglichkeiten (Raum, Hilfskräfte) zur Verfügung zu stellen.

4. Der Schuldnerin wird für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziff. 3a) des Beschlusses die Verhängung eines Ordnungsgeldes bis zu 100.000 EUR, für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.

Im Übrigen werden der Vollstreckungsantrag der Gläubigerin und die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens tragen die Gläubigerin 1/8 und die Schuldnerin 7/8.

Die Rechtsbeschwerde wird für die Schuldnerin zugelassen.

 

Gründe

I. Das LG hat die Schuldnerin durch am 4.6.2007 verkündetes Teilurteil verurteilt, der Gläubigerin einen Buchauszug über im Einzelnen bezeichnete Geschäfte zu erteilen und der Gläubigerin am 29.8.2007 eine vollstreckbare Ausfertigung erteilt.

Auf entsprechenden Antrag der Gläubigerin vom 26.11.2007 hat das LG sie durch Beschluss vom 9.1.2008 ermächtigt, den Buchauszug durch einen von ihr auszuwählenden und zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen erstellen zu lassen und der Schuldnerin weiterhin aufgegeben, einen Vorschuss von 5.000 EUR zu zahlen.

Darüber hinaus hat das LG der Schuldnerin aufgegeben, dem von der Gläubigerin beauftragen Wirtschaftsprüfer oder Buchsachverständigen Zutritt zu ihren Geschäftsräumen und Einsicht in die Geschäftsbücher und sonstigen für die Fertigung des Buchauszuges benötigten Unterlagen zu gewähren sowie diesem auch die zur Fertigung erforderlichen Unterlagen und Arbeitsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen und für den Fall der Zuwiderhandlung Ordnungsgeld und ersatzweise Ordnungshaft angedroht.

Gegen den am 15.1.2008 zugestellten Beschluss richtet sich die am 29.1.2008 eingegangene sofortige Beschwerde der Schuldnerin.

Diese vertritt die Ansicht, dass das LG für die angeordneten Maßnahmen international nicht zuständig sei. Darüber hinaus habe das LG ihr zu Un-recht aufgegeben, dem von der Gläubigerin zu beauftragenden Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen Zutritt sowie Einsicht in die zur Erstellung des Buchauszuges notwendigen Unterlagen zu gewähren und die nötigen Unter-lagen und Arbeitsmittel zur Verfügung zu stellen. Dies sei von einer Vollstreckung nach § 887 ZPO nicht mehr gedeckt, sondern beruhe auf § 87c Abs. 4 ZPO. Dieser Anspruch sei aber zunächst im Erkenntnisverfahren geltend zu machen.

Die Schuldnerin beantragt, den Beschluss des LG vom 9.1.2008 aufzuheben und den Antrag der Klägerin vom 26.11.2006 zurückzuweisen.

Die Gläubigerin beantragt, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Das LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die nach §§ 793, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 Abs. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache nur in einem geringen Umfang Erfolg. Der Antrag der Gläubigerin ist zulässig (1.) und überwiegend begründet (2.).

1. Der Antrag der Gläubigerin ist insgesamt zulässig, denn das LG war für die getroffenen Maßnahmen als deutsches Gericht international zuständig.

Die deutschen Gerichte sind befugt, auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland begrenzte Vollstreckungshandlungen vorzunehmen, d.h. solche, welche die Souve-ränität des ausländischen Staates, hier Österreichs, nicht in Frage stellen. Die Er-zwingung eines Handelns im Ausland durch Zwang im Inland ist ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit des Betroffenen völkerrechtlich zulässig (vgl. dazu Geimer, Internationales Zivilprozessrecht...

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