Leitsatz (amtlich)

Wer zum Zeitpunkt der Trennung über nicht unerhebliches verwertbares Vermögen verfügt oder in der Zeit bis zur Entscheidung über sein Verfahrenskostenhilfegesuch ein solches hinzuerwirbt, ist grundsätzlich verpflichtet, davon Rücklagen für die Deckung der Kosten des Scheidungsverfahrens zu bilden.

Ist aber im Zeitpunkt der Trennung bzw. des Vermögensverbrauchs das Einleiten eines späteren, nicht im Verbund mit der Scheidung stehenden Unterhaltsverfahrens gerade nicht absehbar, so kann eine solche Pflicht zur Rücklagenbildung nicht angenommen werden.

 

Normenkette

ZPO § 115

 

Verfahrensgang

AG Marl (Beschluss vom 17.07.2013; Aktenzeichen 20 F 57/13)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 22.8.2013 wird der den Verfahrenskostenhilfeantrag der Antragstellerin zurückweisende Beschluss des AG - Familiengericht - Marl vom 17.7.2013 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das AG mit der Maßgabe zurückverwiesen, das das AG für das weitere Verfahrenskostenhilfeverfahren eine Bedürftigkeit der Antragstellerin i.S.d. § 114 ZPO zugrunde zu legen hat.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin und der Antragsgegner schlossen miteinander am... 1988 die Ehe; seit Mitte des Jahres 2010 leben die Beteiligten voneinander getrennt. Die Ehe der Beteiligten ist mit Scheidungsbeschluss des AG - Familiengericht - Marl, 20 F 362/10, rechtskräftig seit dem 15.3.2011 geschieden.

Die Beteiligten waren hälftige Miteigentümer einer Immobilie. Die Antragstellerin übertrug ihren Miteigentumsanteil mit Urkunde vom 20.7.2010 auf den Antragsgegner. Die Antragstellerin und der Antragsgegner vereinbarten, dass der Antragstellerin hierfür als Ausgleich ein Betrag i.H.v. 30.000 EUR zufließen sollte. Unter Bezugnahme auf die notarielle Urkunde erklärte die Antragstellerin, dass dieser Geldbetrag auf das Konto der Tochter gezahlt werden solle und dass mit der Zahlung auf das vorgenannte Konto die Zahlungsansprüche aus der vorgenannten notariellen Urkunde erfüllt seien. Der Antragsgegner zahlte in der Folgezeit diesen Betrag auf das Konto der Tochter ein. Das Konto der Tochter wies noch zum 5.12.2012 als Kontostand einen Betrag von 23.403,43 EUR auf.

Die Antragstellerin hat gemeint, sie sei hinreichend bedürftig und müsse Verfahrenskostenhilfe bewilligt erhalten.

Die Antragstellerin hat die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für den Antrag beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, an sie Unterhaltsrückstände i.H.v. 6.360 EUR nebst Zinsen und monatlichen Ehegattenunterhalt i.H.v. 795 EUR beginnend ab April 2013 und einen weiteren Betrag von 841,46 EUR nebst Zinsen zu zahlen.

Der Antragsgegner hat beantragt, den Verfahrenskostenhilfeantrag zurückzuweisen.

Er hat behauptet, die Antragstellerin sei bereits nicht bedürftig. Nach dem Tod ihrer Mutter habe sie geerbt. Überdies sei zu Lebzeiten ihrer Mutter eine Vermögensübertragung erfolgt in Form von diversen Sparbücher und Sparguthaben. Überdies seien Abfindungszahlungen aus dem Zugewinnausgleich anlässlich der Übertragung der Immobilie an die Antragstellerin geflossen.

Mit Beschluss vom 17.7.2013 hat das AG - Familiengericht - Marl den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Antragstellerin nicht bedürftig sei, da sie in der Lage sei, die Kosten der Verfahrensführung aus ihrem Vermögen zu bestreiten. Die Antragstellerin habe selber vorgetragen, dass ihr wegen der Übertragung des Miteigentumsanteils an der Immobilie auf den Antragsgegner ein Betrag i.H.v. 30.000 EUR zur Verfügung gestellt worden sei. Bis auf einen Betrag von 16.886,11 EUR wolle sie diesen verbraucht haben, so dass ein Vermögen verbleibe, welches einzusetzen sei. Selbst wenn davon auszugehen sei, dass das Geld mittlerweile an die Tochter gegangen wäre, änderte dies deswegen nichts, da maßgebend die Vermögensverhältnisse zum Zeitpunkt der Entscheidung seien und der Antragstellerin ein Anspruch auf Rückforderung wegen Verarmung gegen ihre Tochter zustünde.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde. Sie rügt, das AG sei unzutreffend davon ausgegangen, dass nennenswertes Vermögen vorhanden sei. Sie habe einzelne Ausgaben i.H.v. 16.886,11 EUR und weitere Ausgaben i.H.v. insgesamt 19.251,20 EUR getätigt, die sie teilweise mit entsprechenden Belegen nachweise. Aus diesen Belegen sei erkennbar, dass sie keinerlei Vermögen mehr besitze und ihr allein ihr Gehalt und momentan noch der nacheheliche Unterhalt zur Verfügung stünden. Soweit Reisen betroffen seien, sei anzumerken, dass Frau K die Reiseanmeldung vorgenommen habe und der entsprechende Reisepreis auch von dem Konto abgebucht worden sei, so dass sie ihren Anteil auf eben dieses Konto habe überweisen müssen. Insofern könne sie dort nichts zurückfordern.

Der Antragsgegner verteidigt den angefochtenen Beschluss. Dokumentiert sei, dass der Geldbetrag i.H.v. 30.000 EUR an die Tochter weitergeleitet worden sei; beachtlich sein indes, dass die Verfügungsgewalt übe...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Professional enthalten. Sie wollen mehr?