Leitsatz (amtlich)

Die Zuständigkeitskonzentration für inländische Adoptionsverfahren, in denen ausländische Sachvorschriften zur Anwendung kommen, bezieht sich nur auf Verfahren, in denen der Anzunehmende zur Zeit der Annahme das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (wie OLG München FGPrax 2007, 127; OLG Schleswig v. 21.4.2006 - 2 W 57/06, OLGReport Schleswig 2006, 583 = FamRZ 2006, 1462 und OLG Stuttgart FGPrax 2007, 26; gegen OLG Köln FGPrax 2006, 211).

 

Normenkette

FGG § 43b; AdWirkG § 1 S. 2, § 5

 

Verfahrensgang

AG Gütersloh (Beschluss vom 04.07.2007; Aktenzeichen 5 XVI 11/06)

AG Hamm (Aktenzeichen XVI 89/07)

 

Tenor

Das AG Gütersloh ist das örtlich zuständige AG.

 

Gründe

Der Beteiligte zu 1) ist mit der Beteiligten zu 2) verheiratet, der volljährige Beteiligte zu 3) ist der Sohn der Beteiligten zu 2) aus deren erster Ehe. Die Beteiligten zu 2) und 3) sind rumänische Staatsangehörige. Der Beteiligte zu 1) beabsichtigt den Beteiligten zu 3) zu adoptieren. Ein entsprechender, notariell beurkundeter Antrag wurde durch die Beteiligten beim AG Gütersloh eingereicht. Dieses hat die Sache unter Hinweis auf §§ 43b Abs. 2 S. 2 FGG, 5 AdWirkG an das AG Hamm abgegeben, das eine Übernahme abgelehnt hat.

Der Senat ist gem. § 5 FGG zur Bestimmung des örtlich zuständigen AG berufen. Die Vorlage ist zulässig, weil zwischen den beteiligten AG Streit darüber besteht, welches von ihnen zur Entscheidung über den Annahmeantrag ört-lich zuständig ist.

Als zuständiges Gericht ist das AG Gütersloh zu bestimmen.

Nach der allgemeinen Vorschrift des § 43b Abs. 2 S. 1 FGG ist in Angelegenheiten, welche die Annahme eines Kindes betreffen, das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Annehmende in dem Zeitpunkt, in dem der Antrag eingereicht worden ist, seinen Wohnsitz hatte, hier mithin das für I zuständige AG Gütersloh.

Kommen allerdings ausländische Sachvorschriften zur Anwendung, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit für die Annahme eines Kindes nach § 43b Abs. 2 Satz 2 FGG i.V.m. § 5 Abs. 1 und 2 des Adoptionswirkungsgesetzes vom 5.11.2001 (AdWirkG). Die darin vorgesehene Zuständigkeitskonzentration auf das AG, in dessen Bezirk das OLG seinen Sitz hat, gilt aber nur dann, wenn auf die Angelegenheit betreffend die Annahme des Kindes ausländische Sachvorschriften Anwendung finden und der Anzunehmende zur Zeit der Annahme noch nicht volljährig ist (§ 1 S. 2 AdWirkG).

Zutreffend gehen allerdings beide AG davon aus, dass i.S.d. § 43b Abs. 2 Satz 2 FGG "ausländische Sachvorschriften zur Anwendung kommen". Zwar richtet sich die Adoption nach deutschem Recht, da der Annehmende deutscher Staatsangehöriger ist (Art. 22 Abs. 1 Satz 1 EGBGB). Für die Frage eines etwaigen Zustimmungserfordernisses ist jedoch nach Art. 23 Satz 1 EGBGB zusätzlich auf das Heimatrecht des (auch volljährigen) Kindes abzustellen, hier also auf rumänisches Recht. Es ist unerheblich, ob nach dem von Art. 23 Satz 1 EGBGB berufenen aus-ländischen Recht überhaupt Zustimmungen erforderlich sind; denn schon die Beant-wortung dieser Frage setzt die Anwendung des ausländischen Rechts voraus (OLG Köln FGPrax 2006, 211). Bei dieser Konstellation - Adoptionsstatut ist deutsches Recht, aber über Art. 23 EGBGB ist zusätzlich ausländisches Recht berufen - greift § 43b Abs. 2 Satz 2 FGG grundsätzlich ein (OLG Hamm v. 11.5.2006 - 15 Sbd 8/06, OLGReport Hamm 2006, 608 = FamRZ 2006, 1463; BayObLG FGPrax 2005, 65; OLG Stuttgart v. 2.12.2003 - 8 AR 22/03, OLGReport Stuttgart 2004, 181 = FamRZ 2004, 1124; OLG Zweibrücken FGPrax 2005, 69; OLG Karlsruhe v. 22.5.2006 - 19 AR 16/06, OLGReport Karlsruhe 2006, 747 = FamRZ 2006, 1464; OLG Düsseldorf RNotZ 2006, 147; OLG Köln FGPrax 2006, 72; a.A. OLG Schleswig v. 1.2.2006 - 2 W 17/06, OLGReport Schleswig 2006, 376 = FamRZ 2006, 1142).

Die Anwendung des § 43b Abs. 2 Satz 2 FGG scheitert jedoch daran, dass § 5 AdWirkG, auf den § 43b Abs. 2 Satz 2 FGG verweist, nicht gilt, wenn der Angenommene zur Zeit der Annahme das 18. Lebensjahr vollendet hat (§ 1 Satz 2 AdWirkG). Ist diese Voraussetzung, wie hier, nicht erfüllt, so greift auch die in § 43b Abs. 2 Satz 2 FGG angeordnete Verweisung nicht ein. Der Senat schließt sich insoweit den OLG München (FGPrax 2007, 127), Schleswig (OLG Schleswig v. 21.4.2006 - 2 W 57/06, OLGReport Schleswig 2006, 583 = FamRZ 2006, 1462) und Stuttgart (FGPrax 2007, 26) an und nicht der gegenteiligen Auffassung des OLG Köln (FGPrax 2006, 211).

Die Entscheidung hängt dabei letztlich davon ab, ob man § 43b Abs. 2 S. 2 FGG als bloße Rechtsfolgenverweisung oder als Rechtsgrundverweisung ansieht, die letztlich die materiellen Voraussetzungen des AdWirkG mitumfasst. Dabei sprechen für die Annahme einer Rechtsgrundverweisung, also die Beschränkung der Zuständigkeits-konzentration auf die Minderjährigenadoption, zunächst Entstehungsgeschichte und Regelungszusammenhang der Verweisungsvorschrift. Sie wurde durch Gesetz vom 5.11.2001 (BGBl. I, 2950) zusammen mit dem Adoptionswirkungsgesetz und ande-ren Gesetzen zum Schutz von Minder...

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