Leitsatz (amtlich)

1. Die Prozessgebühr fällt mit der Aufnahme der Anwaltstätigkeit zunächst nur in halber Höhe an und erhöht sich erst mit den in § 32 BRAGO abschließend genannten Tätigkeiten auf eine volle Gebühr.

2. Die Einflussnahme eines Anwalts auf die gegnerische Partei, diese möge ihren Widerspruch gegen einen Mahnbescheid zurücknehmen, stellt keine Tätigkeit i.S.v. § 32 BRAGO dar. Ebenso wenig reicht es, wenn ein verfahrenseinleitender Antrag, wie etwa der Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens, von der Partei selbst gestellt wird, ohne dass sie sich dazu ihres Anwalts bedient.

 

Normenkette

BRAGO § 13 Abs. 4, § 32

 

Verfahrensgang

LG Münster (Aktenzeichen 10 O 119/02)

 

Tenor

Die Beschwerde wird nach einem Gegenstandswert von 260,42 Euro kostenpflichtig zurückgewiesen.

 

Gründe

Zutreffend hat der Rechtspfleger die von der Klägerin angemeldete Prozessgebühr ihrer Anwälte nur zur Hälfte in Ansatz gebracht, weil ein Fall des § 32 BRAGO gegeben ist. Die dagegen erhobenen Angriffe sind nicht stichhaltig.

Die Prozessgebühr fällt nicht sofort bei der ersten Geschäftstätigkeit des Anwalts in voller Höhe, sondern in zwei Stufen gestaffelt an. Solange es nicht zu einer der in § 32 BRAGO abschließend (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 30.8.1973, NJW 1974, 465) aufgezählten Tätigkeiten kommt, verdient der Anwalt als Regelgebühr nur 5/10. Die volle Gebühr entsteht erst, wenn er eine weiter gehende Tätigkeit der nächsten Stufe entfaltet (vgl. Gerold/Schmidt/von Eicken, § 32 BRAGO Rz. 9). Kommt es dazu nicht mehr, weil sich die Sache vorher erledigt hat, verbleibt es bei der bis dahin verdienten halben Gebühr (§ 13 Abs. 4 BRAGO). Die volle Gebühr ist zu keinem Zeitpunkt entstanden, weshalb der § 32 BRAGO nicht als Ausnahmevorschrift zu § 13 Abs. 4 BRAGO angesehen werden kann (a.A. Anwaltkommentar-BRAGO-Gebauer, § 32 Rz. 2).

Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin haben keinen Tatbestand erfüllt, wonach die halbe Prozessgebühr zur vollen hat anwachsen können. Zwar ist mit dem Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens ein verfahrenseinleitender Antrag i.S.d. § 32 BRAGO gestellt worden (vgl. OLG Schleswig, JurBüro 1984, 405 mit zustimmender Anmerkung von Mümmler), aber nicht von den Anwälten der Klägerin, sondern von dieser selbst. Eine etwaige Einflussnahme der Anwälte auf den Beklagten mit dem Ziel, dieser möge seinen Widerspruch gegen den Mahnbescheid zurücknehmen, ist entgegen der Beschwerdebegründung nicht hinreichend, um die volle Prozessgebühr anfallen zu lassen. Sie genügt keiner der in § 32 BRAGO abschließend aufgezählten Anspruchsvoraussetzungen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, der Gegenstandswert folgt aus dem Abänderungsbegehren.

Schnapp

 

Fundstellen

Haufe-Index 1106192

JurBüro 2003, 22

OLGR Düsseldorf 2003, 24

OLGR Frankfurt 2003, 24

OLGR Hamm 2003, 24

OLGR Hamm 2003, 38

OLGR Köln 2003, 24

KG-Report 2003, 24

OLGR-BHS 2003, 24

OLGR-CBO 2003, 24

OLGR-KSZ 2003, 24

OLGR-KS 2003, 24

OLGR-MBN 2003, 24

OLGR-NBL 2003, 24

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