Leitsatz (amtlich)

1. Das Verlangen einer Sicherheit nach § 648a BGB ist nur bei grobem Rechtsmissbrauch gemäß § 242 BGB ausgeschlossen.

2. Die Sicherungsabtretung von Forderungen stellt regelmäßig keine ausreichende Sicherheit im Sinne des § 648a Abs. 1 S. 1 BGB dar. Ihre Rückgewähr ist grundsätzlich erst nach Erhalt der Bauhandwerkersicherheit geschuldet.

3. Dazugehörige Nebenforderungen im Sinne des § 648a Abs. 1 S. 1 BGB sind auch später etwa auflaufende vertragliche Zinsen und Verzugszinsen, jeweils bezogen auf die abgesicherte Vergütung.

 

Normenkette

BGB §§ 648a, 242

 

Verfahrensgang

LG Bochum (Urteil vom 02.06.2015; Aktenzeichen I-17 O 108/14)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 2.6.2015 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen - des LG Bochum wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Sicherheit in Höhe von 458.087,45 EUR zu leisten ist und die Klägerin nach Empfang der Sicherheit die mit Vereinbarung vom 26./30.5.2011 an sie abgetretene Forderung an die Beklage zurück zu übertragen hat.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrags leistet.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 465.126,24 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Stellung einer Bauhandwerkersicherung durch die Beklagte.

Die Beklagte schloss mit der Stadt I einen Erschließungsvertrag zum Plangebiet "X-straße" in I. Mit schriftlichem Vertrag vom 22.2.2011 beauftragte die Beklagte ihrerseits die Klägerin mit der Durchführung der für die Erschließung notwendigen Arbeiten. Die Beauftragung erstreckte sich auf Los 1 (Schmutzwasser- und Regenwasserkanalisation, Regenrückhaltebecken, Baustraße) und Los 2 (Straßenendausbau).

Über die Beibringung der im Vertrag vorgesehenen Sicherheiten trafen die Parteien unter dem 26./30.5.2011 eine Abtretungsvereinbarung. Danach trat die Beklagte ihre auf dem Tagesgeldkonto der C AG liegenden Gelder im Rang nach der Bank in Höhe von 706.100 EUR an die Klägerin ab.

Die Klägerin erbrachte die unter Los 1 fallenden Arbeiten. Die Abnahme durch die Beklagte erfolgte am 2.9.2011. In dem hierüber erstellten Abnahmeprotokoll behielt sich die Beklagte Rechte wegen im Einzelnen aufgeführter Mängel vor.

Unter dem 11.10.2011 erteilte die Klägerin der Beklagten eine Teilschlussrechnung für das Los 1 der Baumaßnahme, die mit 758.178,68 EUR abschloss. Unter Abzug bereits geleisteter Zahlungen der Beklagten wies die Rechnung einen offenen Betrag in Höhe von 430.945,93 EUR aus. Die Beklagte ließ die Teilschlussrechnung durch ein von ihr beauftragtes Ingenieurbüro prüfen und kürzte sie auf 347.360,81 EUR. Ferner rügte die Beklagte mit Schreiben vom 12.12.2011 insbesondere Mängel der Baustraße und behielt bis zur Mängelbeseitigung einen Betrag von 111.090 EUR ein.

Mit Schreiben vom 23.12.2011 forderte die Klägerin die Beklagte zur Sicherheitsleistung nach § 648a BGB bis zum 11.1.2012 auf. Nach erfolglosem Fristablauf teilte die Klägerin mit Schreiben vom 23.2.2012 mit, dass sie wegen nicht fristgemäß erbrachter Sicherheit von ihrem Leistungsverweigerungsrecht Gebrauch mache.

Wegen der von der Beklagten gerügten Mängel der Baustraße leitete die Klägerin mit Antragsschrift vom 8.3.2012 ein selbständiges Beweisverfahren. In dem beim LG Bochum zum Az. 3 OH 5/12 geführten Verfahren erstattete der Sachverständige Dipl.-Ing. P ein schriftliches Gutachten, in dem er im Einzelnen bezifferte Kosten für Mängelbeseitigungs- und Restarbeiten feststellte.

Die Klägerin erteilte der Beklagten sodann eine korrigierte Teilschlussrechnung vom 25.6.2013 über einen Betrag von 776.962,16 EUR. Zuzüglich Verzugszinsen und abzüglich geleisteter Zahlungen der Beklagten wies die Rechnung einen offenen Betrag in Höhe von 482.129,60 EUR aus. Zur Zahlung dieses Betrags setzte die Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 29.7.2013 eine Frist bis zum 12.8.2013 und forderte für den Fall, dass keine Zahlung erfolgen sollte, die Stellung einer Bauhandwerkersicherung in Höhe von 555.000 EUR innerhalb derselben Frist. Für den Fall des fruchtlosen Fristablaufs kündige die Klägerin die Vertragskündigung an.

Mit Schreiben vom 13.8.2013 erklärte die Klägerin die Kündigung des Vertrags vom 22.2.2011 wegen unterbliebener Bezahlung der Teilschlussrechnung vom 25.6.2013 und wegen nicht beigebrachter Bauhandwerkersicherung.

Unter dem 21.10.2013 erhob die Klägerin Werklohnklage gegen die Beklagte über zunächst 367.008,44 EUR und nach Klageerhöhung über 422.842,44 EUR. Ihre Vergütungsforderung stützte die Klägerin auf die Arbeiten für Los 1 und auf das wegen der Vertragskündigung nicht ausgeführte Los 2. Der Rechtsstreit ist beim LG Bochum zum Az. 17 O 101/13 anhängig.

Mi...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge