Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen für Anwendung deutschen Rechts bei ausländischer Scheidung

 

Leitsatz (amtlich)

Die mit der Anwendung italienischen Scheidungsrechts verbundenen Erschwernisse der Ehescheidung rechtfertigen die regelwidrige Anwendung deutschen Scheidungsrechts gem. Art. 17 Abs. 1 S. 2 EGBGB nicht. Art. 17 Abs. 1 S. 2 EGBGB ist als Ausnahmevorschrift restriktiv auszulegen; eine regelwidrige Anwendung deutschen Scheidungsrechts kommt nur in Betracht, wenn das an sich maßgebliche ausländische Recht entweder weitaus strengere inhaltliche oder formale Anforderungen an die Begründetheit des Scheidungsbegehrens stellt als das deutsche Recht oder wenn die geforderten Trennungsfristen so erheblich verlängert sind, dass ein praktischer Ausschluss des Scheidungsrechts i.S.v. Art. 17 Abs. 1 S. 2 EGBGB vorliegt (im Anschluss an OLG Köln v. 27.4.1989 - 14 WF 42/89, IPPrax 1989, 310 [311]).

 

Verfahrensgang

AG Dortmund (Urteil vom 15.08.2002; Aktenzeichen 173 F 2494/99)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 25.10.2006; Aktenzeichen XII ZR 5/04)

 

Tenor

Die Berufung der Antragstellerin gegen das am 15.8.2002 verkündete Urteil des AG - FamG - Dortmund wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

A. Der am ... geborene Antragsgegner besitzt die italienische, die am ... geborene Antragstellerin die deutsche Staatsangehörigkeit. Die Parteien haben am 6.8.1994 in Italien geheiratet, wo sie auch gemeinsam lebten. Kinder sind aus der Ehe nicht hervorgegangen. Im Juni 1995 trennten sich die Parteien, indem die Antragstellerin nach Deutschland zurückzog.

Mit Antragsschrift vom 7.6.1999 hat die Antragstellerin die Scheidung der Ehe beantragt mit der Begründung, die nach italienischem Recht maßgebliche dreijährige Trennungszeit sei abgelaufen. Mit Schriftsatz vom 7.9.2000 hat die Antragstellerin mitgeteilt, sie habe sich mit dem Antragsgegner dahin verständigt, dass die Scheidung nach italienischem Recht durchgeführt werde; der Antragsgegner habe durch seine Verfahrensbevollmächtigte Rechtsanwältin ... beim FamG in ... einen Antrag auf Zulassung der Trennung der Parteien gestellt. Hiermit sei sie einverstanden, zumal bei der Anerkennung einer durch ein deutsches Gericht ausgesprochenen Scheidung in Italien mit Schwierigkeiten zu rechnen sei. Das vorliegende Verfahren ist daraufhin zunächst nicht weiterbetrieben worden.

Im April 2002 hat die Antragstellerin das Verfahren wieder aufgenommen. Sie hat nunmehr die Auffassung vertreten, für die Scheidung gelte regelwidrig deutsches Recht, weil die Scheidung nach italienischem Recht wegen des Erfordernisses, die Trennung gerichtlich aussprechen zu lassen, bedeutend schwieriger und langwieriger sei. Bisher sei nach ihren Informationen die Trennung gerichtlich noch nicht ausgesprochen worden, so dass die dreijährige Trennungszeit noch immer nicht laufe. Sie habe keinerlei Nachricht über ein Verfahren in ... . Da der dortige Scheidungsantrag nach Mitteilung der Rechtsanwältin ... im August 2000 noch nicht gestellt gewesen sei, sei nach dem Prioritätsgrundsatz das Dortmunder Verfahren weiterzubetreiben.

Das AG hat den Antrag zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, gem. Art. 17 Abs. 1 S. 1 und Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB sei italienisches Recht anzuwenden. Danach lägen die Scheidungsvoraussetzungen nicht vor, weil ein gerichtliches Trennungsverfahren nicht durchgeführt worden sei. Die Anwendung italienischen Rechts verstoße nicht gegen den Grundsatz des ordre public, denn eine Scheidung sei auch nach italienischem Recht - nur unter anderen Voraussetzungen - möglich.

Mit ihrer hiergegen eingelegten Berufung verfolgt die Antragstellerin ihren Scheidungsantrag weiter; sie ist der Auffassung, es sei deutsches Recht anzuwenden.

Zum weiteren Verlauf des Verfahrens in Italien trägt sie vor, sie habe die deutsche Übersetzung des Trennungsantrages am 17.11.2000 unterzeichnet. Das Schriftstück sei am 17.11.2000 an Rechtsanwältin ... übersandt worden, die am 26.6.2001 erneut den Entwurf einer Trennungsvereinbarung übersandt habe. In einem Telefonat mit dem Büro ihres früheren Prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt ... vom 12.9.2001 habe die Rechtsanwältin ... über einen Dolmetscher unter Hinweis darauf, dass die Sache sehr eilbedürftig sei, angefragt, ob die Antragstellerin die italienische Sprache beherrsche oder verstehe, und eine Bestätigung, dass die Antragstellerin auf eine Scheidung nach deutschem Recht verzichte und in D. ihren ständigen Wohnsitz habe, erbeten. Am einfachsten und schnellsten gehe es, wenn die Antragstellerin zum Scheidungstermin nach Italien anreise. Auf das entspr. Anschreiben des Rechtsanwaltes R. habe sie nichts mehr veranlasst und auch keine weitere Nachricht mehr erhalten. Sie wisse daher nicht, was in Italien veranlasst worden sei; nach ihrer Kenntnis sei in Italien bisher weder der Beginn der Trennungszeit noch die Scheidung ausgesprochen worden.

Der Antragsgegner hat sich nicht geäuß...

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