Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur groben Unbilligkeit des Versorgungsausgleichs gem. § 1587c Nr. 1 BGB, wenn der das gemeinsame Kind betreuende Elternteil ausgleichsverpflichtet ist. Versorgungsausgleich; hier: Grobe Unbilligkeit gem. § 1587c Nr. 1 BGB bei Ausgleichsverpflichtung des Elternteils, der das gemeinsame Kind betreut

 

Leitsatz (amtlich)

Der Versorgungsausgleich ist nicht allein deshalb gem. § 1587c Nr. 1 BGB grob unbillig, weil der Ausgleichsverpflichtete wegen der weiteren Kindesbetreuung in seinen Möglichkeiten, eine weitere Altersversorgung aufzubauen, beeinträchtigt ist bzw. hierfür überobligatorische Anstrengungen unternehmen muss. Diese Benachteiligung des betreuenden Elternteils in der Zukunft wird gewöhnlich dadurch ausgeglichen, das ihm ein Unterhaltsanspruch gem. § 1570 BGB zusteht, der auch einen Anspruch auf die Leistung von Altersvorsorgeunterhalt umfasst. Selbst wenn aber dieser gesetzlich vorgesehene Ausgleich an der unterhaltsrechtlichen Leistungsunfähigkeit des Versorgungsausgleichsberechtigten scheitert, wird dadurch der Versorgungsausgleich nicht grob unbillig; denn in diesem Fall ist auch der Versorgungsausgleichsberechtigte nicht in der Lage, in nennenswertem Umfang für sich selbst Versorgungsanwartschaften aufzubauen (so OLG Brandenburg v. 11.6.1999 - 7 UF 59/99, FamRZ 2000, 892; a.A. OLG Stuttgart v. 21.9.1999 - 17 UF 284/99, OLGReport Stuttgart 2000, 32 = MDR 2000, 456 = FamRZ 2000, 894).

 

Normenkette

BGB § 1587c Nr. 1

 

Verfahrensgang

AG Sinsheim (Urteil vom 14.07.2004; Aktenzeichen 21 F 21/03)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 11.09.2007; Aktenzeichen XII ZB 262/04)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen Ziff. 2. des Urteils des AG - FamG - Sinsheim vom 14.7.2004 (21 F 21/03) wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.000 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die am 13.6.1996 geschlossene Ehe der Parteien ist durch Urteil des AG - FamG - Sinsheim vom 14.7.2004 auf den dem Antragsgegner am 15.3.2003 zugestellten Scheidungsantrag rechtskräftig geschieden. Die Antragstellerin betreut den am 30.12.1997 geborenen gemeinsamen Sohn.

Die Antragstellerin hat in der Ehezeit laut Auskunft der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Stralsund vom 10.9.2003 Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. 160,92 EUR monatlich erworben. Diese beruhen zu einem erheblichen Teil auf der Anrechnung von Kindererziehungszeiten. Insgesamt belaufen sich die Rentenanwartschaften der Antragstellerin auf 260,33 EUR monatlich. Der Antragsgegner hat vor der Ehe laut Auskunft der Landesversicherungsanstalt Baden Württemberg vom 9.10.2003 Rentenanwartschaften i.H.v. 398,49 EUR monatlich erworben. In der Ehezeit hat er keine Rentenanwartschaften erworben, weil er seit 1992 als Transportunternehmer selbständig tätig war. Der Antragsgegner hat lediglich eine Kapitallebensversicherung abgeschlossen, die im Jahr 2003 einen Rückkaufswert von 6.351 EUR hatte. Im Jahr 2001 hat er einen Gewinn vor Steuern von 19.451 DM erzielt.

Die Antragstellerin hat beantragt, den Versorgungsausgleich im Hinblick auf die Kindererziehungszeiten gem. § 1587c BGB auszuschließen.

Das AG ist diesem Begehren nicht gefolgt, sondern hat den Versorgungsausgleich dahingehend geregelt, dass vom Versicherungskonto der Antragstellerin auf das des Antragsgegners Rentenanwartschaften i.H.v. 80,46 EUR monatlich zu übertragen sind.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihren Antrag auf Ausschluss des Versorgungsausgleichs wegen grober Unbilligkeit weiter verfolgt.

Sie macht geltend, Rentenanwartschaften aus Kindererziehungszeiten seien zwar im Regelfall, in dem auch der andere Ehegatte Rentenanwartschaften erworben hat, in die Berechnung des Versorgungsausgleichs einzubeziehen. Dies gelte jedoch nicht, wenn der andere Ehegatte, der das Kind nicht betreut hat, trotzdem keine Rentenanwartschaften erworben hat. Sie habe dagegen ihre Berufstätigkeit zwecks Erziehung des Kindes eine Zeit lang aufgegeben und sei deshalb gehindert gewesen, die entsprechende Altersvorsorge zu schaffen. Nach der Trennung habe sie eine überobligatorische Tätigkeit aufgenommen, weil der Antragsgegner sich hinsichtlich des Ehegattenunterhalts auf Leistungsunfähigkeit berufen habe. Sie erleide auch weiterhin Nachteile bei der Schaffung ihrer Altersvorsorge, weil sie wegen der Kindesbetreuung nicht ganztags arbeiten könne bzw. hierzu nicht verpflichtet sei. Von ihrem Einkommen müsse sie zudem noch die Kosten für die Kinderbetreuung aufbringen. Sie werde, wenn sie das jetzige Alter des Antragsgegners erreicht haben werde, noch nicht einmal die Rente erreicht haben, die der Antragsgegner auf Grund der Durchführung des Versorgungsausgleichs erhalte.

Der Antragsgegner verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Er trägt vor, seine selbständige Berufstätigkeit habe der gemeinsamen Lebensplanung der Parteien...

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