Entscheidungsstichwort (Thema)

sofortige Beschwerde

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Beschluss vom 26.11.2002; Aktenzeichen 11 T 342/02)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 03.11.2005; Aktenzeichen 1 BvR 691/03)

 

Tenor

1. Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 gegen den Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 26. November 2002 – 11 T 342/02 – wird zurückgewiesen.

2. Der Wert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf EUR 3.000,– festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten zu 1 und 2 haben für ihren am 14. September 2001 in Karlsruhe geborenen Sohn, den Beteiligten zu 3, die Vornamen „Andersson …” gewählt. Der Standesbeamte der Stadt K. hat die Eintragung des Namens „Andersson” abgelehnt, da er als Vorname nicht geeignet sei. Die Eltern haben daraufhin beim Amtsgericht Karlsruhe beantragt, den Standesbeamten anzuweisen, für ihren Sohn die Vornamen „Anderson …” einzutragen. Das Amtsgericht hat dem Antrag entsprochen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Stadt K. (Beteiligte zu 4) blieb ohne Erfolg. Im Verlauf des Verfahrens vor dem Landgericht haben die Eltern klargestellt, dass die ursprünglich angegebene Schreibweise „Andersson” (mit zwei „s”) auf einem Versehen beruhte. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 4 hat der Senat mit Beschluss vom 24. Juli 2002 – 11 Wx 26/02 den Beschluss des Landgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Prüfung und Entscheidung an das Landgericht Karlsruhe zurückverwiesen. Im neu eröffneten Beschwerdeverfahren hat das Landgericht mit Beschluss vom 26. November 2002 den Beschluss des Amtsgerichts Karlsruhe aufgehoben und den Antrag der Beteiligten zu 1 und 2, den Standesbeamten zur Eintragung des Vornamens „Anderson …” in das Geburtenbuch anzuweisen, zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die Auffassung des Landgerichts, wonach „Anderson” in Deutschland nicht als Vorname eingetragen werden kann, ist frei von Rechtsfehlern.

1. Die Wahl des oder der Vornamen des Kindes steht den Sorgeberechtigten zu. Gesetzliche Regelungen über die Wahl und die Führung von Vornamen gibt es nicht. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Vorname eines Kindes ohne rechtliche Beschränkung gewählt werden kann. Vielmehr bestehen Schranken der Namensgebung, die sich aus dem Persönlichkeitsrecht des Kindes sowie aus den mit der Namensgebung verbundenen öffentlichen Belangen ergeben. Zu diesen öffentlichen Belangen gehört auch die Ordnungsfunktion des Namens, der die Person seines Trägers kennzeichnet.

2. Die sich daraus ergebenden Grenzen werden etwa dann nicht eingehalten, wenn einem männlichen Kind ein Vorname gegeben werden soll, der im allgemeinen Bewusstsein als weiblicher Vorname wahrgenommen wird und umgekehrt (BGHZ 73, 239, 241). Auch ist es nicht zulässig, einen Vornamen zu wählen, der Befremden oder Anstoß erregt oder den Namensträger der Lächerlichkeit preisgibt (OLG Hamm, NJW-RR 1995, 845, 846). Ein Verstoß gegen diese Grenzen des Rechts, den Vornamen eines Kindes zu bestimmen, steht hier nicht in Rede.

3. Der Ordnungsfunktion des Namens widerspricht es aber nach allgemeiner Ansicht im Grundsatz auch, einen Familiennamen als Vornamen zu wählen. Denn Namen, die im rechtlichen und gesellschaftlichen Verkehr als typische Familiennamen angesehen werden, fehlt die individuelle Kennzeichnungskraft. Sie werden auf die Familie des Namensträgers bezogen, nicht aber auf diesen selbst. Das begründet die Gefahr der Verwechslung mit dem wirklichen Familiennamen. Außerdem kann der Anschein eines Doppelnamens entstehen (Senat, Beschl. v. 30.4.1999 – 11 Wx 12/99, StAZ 1999, 298f.; Beschl. v. 16.5.1986 – 11 W 17/86, StAZ 1986, 286).

4. In der Rechtsprechung ist allerdings anerkannt, dass es Ausnahmen von dem dargestellten Grundsatz gibt. So kann ein Name, der in Deutschland sowohl als Familienname wie als Vorname gebräuchlich ist, wie etwa „Martin”, „Werner”, „Hermann”, „Bastian” oder „Philipp”, als Vorname gewählt werden (OLG Frankfurt, Beschl. v. 3.9.1991 – 20 W 412/90, StAZ 1991, 314, 315; Beschl. v. 14.2.2000 – 20 W 190/94, StAZ 2000, 237). Ferner ist anerkannt, dass ein typischer Familienname als weiterer Vorname gewählt werden darf, wenn dies wie in Ostfriesland – einem althergebrachten Brauch entspricht, die Familie in diesem Brauchtum verwurzelt ist und die Wahl auf lauteren Beweggründen, etwa dem Motiv, einen Vorfahren zu ehren, beruht (BGHZ 29, 256; OLG Frankfurt, Beschl. v. 25.10.1989 – 20 W 420/89, StAZ 1990, 18 = NJW-RR 1990, 585). Schließlich kann der Geburtsname eines Elternteils, der nicht als Familienname gewählt wurde, als weiterer Vorname eines Kindes eingetragen werden, wenn einer der Elternteile Ausländer ist und es in dessen Herkunftsland eine entsprechende Übung gibt (OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.2.2000 – 20 W 450/98, StAZ 2000, 267, vgl. auch Senat, Beschl. v. 16...

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