Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Aktenzeichen 7 O 155/19)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 19. November 2019, Az. 7 O 155/19, wird als unzulässig verworfen.

2. Die Kosten der Berufung fallen dem Kläger zur Last.

3. Dieses Urteil und das zu 1. bezeichnete Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des nach dem jeweiligen Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Der Kläger nimmt die beklagte Herstellerin seines Fahrzeugs wegen Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung für die Abgasreinigung auf Ersatz eines Schadens nebst Zinsen in Anspruch, den er mit der Höhe des Kaufpreises (ohne Abzug gezogener Nutzungen) angibt, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs, und begehrt die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten sowie Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten.

Der Kläger erwarb am 15. September 2014 ein durch die Beklagte hergestelltes Fahrzeug vom Typ X1, Norm Euro 5, mit Erstzulassung vom 3. Juli 2013 und Laufleistung von 16.000 km zu einem Kaufpreis von 23.300 EUR. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor ausgestattet. Am Tag der mündlichen Verhandlung über die Berufung wies das Fahrzeug einen Kilometerstand von 109.897 km auf.

Das Kraftfahrt-Bundesamt erteilte für diesen Fahrzeugtyp eine Typgenehmigung mit der Schadstoffklasse Euro 5 nach der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rats vom 20. Juni 2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 171 vom 29. Juni 2007, S. 1 ff; nachfolgend VO 715/2007/EG).

In die Brennkammer des Motors des hier gegenständlichen Fahrzeugtyps kann Abgas zurückgeführt werden, was geeignet ist, die Verbrennungstemperatur in einen Temperaturbereich zu reduzieren, in welchem weniger NOx-Partikel entstehen.

Die Motorsteuerungssoftware im hier gegenständlichen Fahrzeug bedingt, dass die Abgasrückführung außerhalb eines bestimmten Temperaturbereichs reduziert wird.

Ein verpflichtender Rückruf ist hinsichtlich des hier betroffenen Fahrzeugtyps durch das Kraftfahrt-Bundesamt nicht angeordnet. Die Beklagte bietet für dieses Fahrzeug als "freiwillige Kundendienstmaßnahme" ein Software-Update an.

Auf eine im Namen des Klägers ausgesprochene vorgerichtliche anwaltliche Aufforderung vom 28. März 2019, Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs den geltend gemachten Schadensersatz zu zahlen, lehnte die Beklagte unter dem 1. April 2019 eine Schadensersatzleistung ab. Der Kläger gibt die dafür angefallenen Rechtsanwaltskosten mit einer 2,0 Geschäftsgebühr und einer Post- und Telekommunikationspauschale zuzüglich Umsatzsteuer an.

Der Kläger hat geltend gemacht, die Klage sei nach § 826 BGB und im Übrigen nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB oder i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV begründet.

Das hier gegenständliche Fahrzeug verfüge über eine Abschalteinrichtung im Sinn von Art. 3 Nr. 10 VO 715/2007/EG, die nach Art. 5 Abs. 2 Satz 1 VO 715/2007/EG unzulässig sei, und zwar in Form der Thermosoftware.

Die in der Steuerung der Abgasreinigung implementierte "Thermosoftware" bewirke, dass die Abgasreinigung nur im Testbetrieb optimal eingestellt sei, bei normalem Fahrbetrieb dagegen eine andere Funktionsweise bestehe, indem die Abgasreinigung auf die Temperatur optimiert sei, bei der die Abgaswerte vom Kraftfahrtbundesamt bezüglich der Klassifizierung der Schadstoffimmissionsklassen geprüft würden. In einem begrenzten Temperaturfenster, innerhalb dessen üblicherweise die Prüfung des Typgenehmigungsverfahrens stattfinde, sei die Abgasreinigung (durch Abgasrückführung [AGR], Abgasnachbehandlung [NSK, SCR] oder andere Maßnahmen) gegenüber der Abgasreinigung, die in anderen "Temperaturfenstern" erfolge, in erheblichem Ausmaß intensiviert und funktioniere optimal, ohne dass dies durch technische Erfordernisse plausibel erklärbar sei. Nur wegen dieser Einrichtung erfülle der Pkw, wenn er sich auf dem Prüfstand befinde, die Anforderungen an die Schadstoffklasse EURO 5. Im "normalen" Straßenbetrieb würden die Vorgaben der Schadstoffklasse nicht eingehalten. Im vom Landgericht nachgelassenen Schriftsatz hat der Kläger nach der mündlichen Verhandlung erster Instanz ausgeführt, im Fahrzeug des Klägers finde ein unzulässiges Thermofenster Verwendung, wobei der Begriff Thermofenster grundsätzlich zu definieren sei als Einrichtung, die bezwecke, dass in dem Fahrzeug die Abgasreinigung abgeschaltet werde, wenn im Außenbereich Temperaturen von unter 17 °C und über 30 °C herrschten, bzw. wobei im Fahrzeug des Klägers die Abgasrückführungsrate anhand der Lufttempera...

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