rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Forderung

 

Verfahrensgang

LG Waldshut-Tiengen (Urteil vom 08.02.2002; Aktenzeichen 4 O 123/01)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des LG Waldshut-Tiengen vom 08.02.2002 – 4 O 123/01 – aufgehoben.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagten 3.147,48 EUR nebst 5 % Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz der EZB ab 18.12.2001 zu zahlen.

4. Die Klägerin hat die Kosten beider Instanzen zu tragen.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

6. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin verlangt von den Beklagten Rückzahlung eines von ihr wegen Zahlungsverzugs der Beklagten gekündigten, der Finanzierung einer Treuhandkommanditistenbeteiligung an einem Immobilienfonds dienenden Bausparsofortdarlehens in Höhe von restlichen 20.634,60 DM nebst Zinsen. Die Beklagten behaupten, bei Abschluss des Darlehens- und Beteiligungsvertrages arglistig getäuscht und nicht über ihre Widerrufsrechte belehrt worden zu sein; sie begehren deshalb widerklagend Erstattung der von ihnen gezahlten Darlehenszinsen abzüglich erhaltener Fondsausschüttungen in Höhe von 6.147,48 DM nebst Zinsen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Feststellungen im landgerichtlichen Urteil verwiesen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Mit ihrer Berufung verfolgen die Beklagten ihre erstinstanzlichen Anträge weiter. Sie beanstanden, dass das Landgericht ihren Vortrag zur Haftung der Klägerin aus dem rechtlichen Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 27, 263 StGB) unberücksichtigt gelassen habe. Ferner rügen sie die Verletzung materiellen Rechts durch das Landgericht. Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und macht geltend, dass die Beklagten sowohl hinsichtlich des Fondsbeitritts als auch im Rahmen ihres Antrags auf Abschluss eines Bausparvertrages ordnungsgemäß über ihre Widerrufsrechte belehrt worden seien.

In der Berufungsinstanz wurde der Zeuge Martin S. uneidlich vernommen. Auf die Vernehmungsniederschrift vom 10.09.2002 wird verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.

1.

Der von den Parteien abgeschlossene Vertrag über ein Bausparsofortdarlehen in Höhe von 21.220,00 DM vom 10./15.10.1996 ist nicht wirksam geworden.

a)

Auf das Vertragsverhältnis der Parteien findet das HWiG in der Fassung bis 30.09.2000 Anwendung. Zwar handelt es sich bei dem streitigen Bausparsofortdarlehen gem. lit. A Ziff. III des Vertrages vom 10./15.10.1996 um einen Realkredit. Ungeachtet der Bestimmungen der §§ 5 Abs. 2 HWiG, 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG jeweils in der Fassung bis 30.09.2000 unterliegen auch Realkreditverträge nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung bei EU-richtlinienkonformer Auslegung der erstgenannten Vorschrift dem Anwendungsbereich des HWiG (BGH NJW 2002, 1881 ff.).

b)

Aufgrund der Aussage des Zeugen Martin S. steht fest, dass der fragliche Darlehensvertrag in einer Haustürsituation gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG zustandegekommen ist. Danach wurde der Beklagte Ziff. 1 von einem Mitarbeiter des Finanzdienstleistungsunternehmens K. u. Partner in W.-T. fernmündlich wegen der Verwendung der von ihm ggf. bezogenen vermögenswirksamen Leistungen angesprochen und dabei oder bei bei einem weiteren Anruf ein Besprechungstermin in seiner Wohnung vereinbart. Diesen Besprechungstermin hat sodann der Zeuge S. wahrgenommen und sich bei diesem Termin oder einem weiteren, dann von ihm selbst abgesprochenen Termin, die Fondsbeteiligungserklärung, die Selbstauskunft und – mit Rücksicht auf das jeweils identische Datum des 30.08.1996 auch – den Antrag auf Abschluss eines Bausparvertrages vom Beklagten Ziff. 1 unterzeichnen lassen. Bei dieser Sachlage ist der klassische Fall einer provozierten Bestellung i.S.d. § 1 Abs. 2 Nr. 1 HWiG gegeben (BGHZ 109, 127, 131 ff.), wobei die auf den Abschluss der Verträge gerichteten Willenserklärungen auf mündlichen Verhandlungen in einer Privatwohnung gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG beruhen. Daran ändert nichts der Umstand, dass die für die Klägerin bestimmte Selbstauskunft sowie der Bausparantrag bereits am 30.08.1996 vom Beklagten Ziff. 1 in dessen Wohnung unterzeichnet worden sind und die Beklagten sodann den Darlehensvertrag erst am 15.10.1996 – wohl – in den Räumlichkeiten des Finanzdienstleisters K. u. Partner in W.-T. unterschrieben haben. Denn die Zeitspanne zwischen dem 30.08.1996 und dem 15.10.1996 hatte ihren Grund offensichtlich in der Tatsache, dass die Klägerin zwischenzeitlich die Bonität des Beklagten Ziff. 1 zu überprüfen und den schriftlichen Darlehensvertrag auszufertigen hatte. Da sich der Beklagte Ziff. 1 jedoch durch seinen Bausparantrag vom 30.08.1996 bereits gebunden hatte und der Vertragsbeitritt der Beklagten Ziff. 2 augenscheinlich auch bereits zuvor bei den Vertragsverhandlungen in ihrer Privatwohnu...

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