Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine in Insolvenz befindliche Partei

 

Leitsatz (amtlich)

Wird über das Vermögen einer Partei, die Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Berufung nebst Wiedereinsetzungsantrag beantragt hat, das Insolvenzverfahren eröffnet, kann dieser wegen §§ 80, 117 InsO grundsätzlich bis auf weiteres keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden, auch wenn das Prozesskostenhilfeverfahren durch die Insolvenzeröffnung nicht unterbrochen wird. Allerdings kommt unter Umständen – dazu im einzelnen – ein Prozesskostenhilfeantrag nebst Wiedereinsetzungsantrag des Insolvenzverwalters gemäß § 116 I Nr. 1 ZPO in Betracht; hierfür ist aber jedenfalls die Jahresfrist nach § 234 III ZPO einzuhalten.

 

Normenkette

ZPO § 116 Abs. 1 Nr. 1, § 234 Abs. 3, § 249 Abs. 1; InsO § 80 Abs. 1, § 117 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Trier (Beschluss vom 28.08.2008; Aktenzeichen 7 HK.O 59/08)

BGH (Beschluss vom 20.02.2008; Aktenzeichen XII ZB 179/07)

 

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Berufung gegen das Urteil der 7. Zivilkammer – Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Trier vom 28. August 2008 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Der Gemeinschuldner war Mieter von Geschäftsräumen der Beklagten, die das Mietverhältnis fristlos kündigte. Mit der den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits bildenden Klage fordert der Gemeinschuldner den Ausgleich angeblicher Investitionen für bereits durchgeführte Umbaumaßnahmen in dem Mietobjekt in Höhe von 45.365,84 EUR. Das Landgericht Trier hat die Klage mit Urteil vom 28. August 2008, dem Gemeinschuldner und damaligen Kläger zugestellt am 3. September 2008 (Bl. 158 d. A.), abgewiesen. Mit am 2. Oktober 2008 eingegangenem Schriftsatz seiner damaligen Prozessbevollmächtigten hat der nunmehrige Gemeinschuldner die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Berufung gegen dieses Urteil des Landgerichts Trier beantragt (Bl. 169 – 170 d. A.). Der Beklagten wurde eine Stellungnahmefrist zu dem Prozesskostenhilfeantrag bis zum 24. November 2008 gesetzt (Bl. 174 d. A.). Die Stellungnahme der Beklagten ging bei Gericht am 29. Oktober 2008 ein (Bl. 175 d. A.), am gleichen Tage wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des vormaligen Klägers und nunmehrigen Gemeinschuldners eröffnet (Bl. 179 d. A.).

Mit Beschluss vom 18. Dezember 2008 (Bl. 190 bis 191 d. A.) wies der Senat darauf hin, dass er beabsichtigt, bis auf Weiteres mit Rücksicht auf § 80 InsO bzw. § 117 InsO nicht über den Prozesskostenhilfeantrag zu entscheiden; zugleich wurde auf § 116 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO sowie auf § 234 Abs. 3 ZPO hingewiesen. Dieser Beschluss wurde auch der nunmehrigen Klägerin übersandt.

Diese hat mit Schriftsatz vom 15. Februar 2010 (Bl. 198 bis 199 d. A.) den gemäß § 240 ZPO unterbrochenen Rechtsstreit wieder aufgenommen und beantragt in Ergänzung zu dem bereits gestellten Prozesskostenhilfeantrag erneut Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren (Bl. 200 – 204 d. A.) unter Vorlage einer Berufungsschrift und Berufungsbegründung im Entwurf (Bl. 205 – 210 d. A.).

Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Berufungsverfahrens gegen das Urteil der 7. Zivilkammer – Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Trier vom 28. August 2008 ist zurückzuweisen.

Gemäß § 114 ZPO ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Der von der Klägerin beabsichtigten Berufung fehlt vorliegend die hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Gemäß § 517 ZPO beträgt die Berufungsfrist einen Monat und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils. Da das Urteil dem Gemeinschuldner am 3. September 2008 zugestellt wurde, lief die Berufungsfrist am 6. Oktober 2008 ab, da der 3. Oktober 2008 ein Feiertag und der 4. und 5. Oktober 2008 ein Samstag und Sonntag waren. Die Berufung wurde nicht innerhalb dieser Frist eingelegt und wäre für den Fall ihrer nunmehrigen Einlegung durch die Klägerin gemäß § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen, da der Klägerin auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist (und der Berufungsbegründungsfrist) zu gewähren ist, § 233 ZPO.

Grundsätzlich hat die Versäumung einer Prozesshandlung zur allgemeinen Folge, dass die Partei mit der vorzunehmenden Prozesshandlung ausgeschlossen wird, § 230 ZPO. War die Partei jedoch ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 233 ZPO). In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass einer Partei, die aus wirtschaftlichen Gründen die Berufung nicht rechtzeitig einlegen (und/oder begründen) konn...

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