Entscheidungsstichwort (Thema)

Übertragung des halben Ausbildungsfreibetrages

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Klage auf Übertragung des halben Ausbildungsfreibetrags ist unzulässig, soweit sie sich auf Veranlagungszeiträume bezieht, die in der Zukunft liegen.

2. Ein Anspruch auf Übertragung des halben Ausbildungsfreibetrages besteht, wenn ein Elternteil über keine oder im Vergleich zum anderen Elternteil lediglich geringe zu versteuernde Einkünfte verfügt und sich der begünstigte Elternteil verpflichtet, die dem anderen Teil entstehenden Nachteile zu ersetzen.

 

Verfahrensgang

AG Koblenz (Urteil vom 11.11.2003; Aktenzeichen 19 F 190/03)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des AG - FamG - Koblenz vom 11.11.2003 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, ggü. dem Finanzamt A. ihre Zustimmung zu erteilen, dass der jeweils halbe Ausbildungsfreibetrag für die Kinder der Parteien C. und S. für den Veranlagungszeitraum 2001 und der hälftige Ausbildungsfreibetrag für C. auch für die Veranlagungszeiträume 2002 und 2003 auf den Kläger übertragen wird, Zug um Zug gegen die bindende Erklärung des Klägers, dass er sich verpflichtet, der Beklagten die entstehenden finanziellen Nachteile zu ersetzen.

Soweit der Kläger die Zustimmung der Beklagten zur Übertragung der hälftigen Ausbildungsfreibeträge für S. für die Veranlagungszeiträume 2002 und 2003 begehrt, wird die Klage als unbegründet abgewiesen; hinsichtlich der erstrebten Zustimmung zur Übertragung der Ausbildungsfreibeträge für die Veranlagungszeiträume ab dem Jahre 2004 wird die Klage als unzulässig verworfen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 60 % und die Beklagte 40 %.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Gegenstand des Verfahrens sind Ansprüche des Klägers auf Zustimmung der Beklagten zur Übertragung des jeweils hälftigen Ausbildungsfreibetrages für die gemeinsamen Kinder der Parteien, bezogen auf die Veranlagungszeiträume 2001 nebst Folgejahren.

Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Aus ihrer Ehe gingen zwei Kinder hervor. Der Sohn der Parteien hat im Oktober 2001 ein Studium aufgenommen; er ist seither auswärts untergebracht. Die - ebenfalls volljährige - Tochter der Parteien S. wohnt im Haushalt des Klägers und absolviert eine Lehre zur Malerin und Lackiererin, die voraussichtlich im Sommer diesen Jahres endet.

Das AG hat durch Urteil vom 11.11.2003 die Beklagte verurteilt, ggü. dem Finanzamt A. ihre Zustimmung zu erteilen, dass der jeweils halbe Ausbildungsfreibetrag für die Kinder C. und S. der Parteien für den Veranlagungszeitraum 2001 und die folgenden Jahre auf den Kläger übertragen wird, Zug um Zug gegen die bindende Erklärung des Klägers, dass er sich verpflichtet, der Beklagten die entstehenden finanziellen Nachteile zu ersetzen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte sei aufgrund einer familienrechtlichen Verpflichtung gehalten, die geforderten Zustimmungserklärungen abzugeben, da die alleinige Geltendmachung des Ausbildungsfreibetrages durch den Kläger sich zur Ausschöpfung der größtmöglichen Steuervorteile empfehle.

Mit der hiergegen gerichteten Berufung macht die Beklagte geltend, der Kläger könne die Übertragung der hälftigen Ausbildungsfreibeträge nicht verlangen, weil die steuerrechtlichen Bestimmungen eine freie Aufteilung jener Freibeträge durch entsprechende Erklärungen der Elternteile nicht vorsähen und im Übrigen für S. ein Ausbildungsfreibetrag schon deshalb nicht gewährt werde, weil sie nicht auswärts untergebracht sei.

Die in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg.

Die Klage ist unzulässig, soweit der Kläger die Verurteilung der Beklagten dahin erstrebt, dass sie der Übertragung des jeweils halben Ausbildungsfreibetrages für die Veranlagungszeiträume 2004 nebst Folgejahren zustimmt. Zwar kann gem. §§ 258, 259 ZPO in bestimmten Fällen Klage auch wegen erst nach Erlass des Urteils fällig werdender Leistungen erhoben werden. Dies ist, soweit nicht fällige Zahlungen oder Handlungs- bzw. Duldungspflichten geltend gemacht werden, möglich, weil die Zwangsvollstreckung erst ab dem angegebenen Fälligkeitszeitpunkt erfolgen darf (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 21. Aufl., § 258 Rz. 5). Im Übrigen kann eine nachträgliche Änderung der für die Verurteilung maßgebenden Verhältnisse durch Erhebung einer Abänderungsklage geltend gemacht werden. Für Urteile auf Abgabe der Zustimmungserklärung der Übertragung des halben Ausbildungsfreibetrages gilt indes § 894 ZPO, wonach die Willenserklärung bereits mit Eintritt der Rechtskraft des Urteils als abgegeben gilt (vgl. BGH MDR 1998, 845 f.). Insoweit kann Klage auf zukünftige Leistung nicht erhoben werden, weil ansonsten dem Kläger ein Anspruch bereits vor seiner Fälligkeit zugebilligt würde.

Die Klage ist zulässig, soweit der Kläger die Zustimmung der Beklagten zur Übertragung der jeweils hälftigen Ausbildungsfreibeträge für die Veranlagungszeiträume 2001 bis 2003...

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