Entscheidungsstichwort (Thema)

Amtshaftung des Rechtspflegers im Zwangsversteigerungsverfahren

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 22.08.1996; Aktenzeichen 5 O 598/95)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerinnen gegen das am 22. August 1996 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz wird zurückgewiesen.

Die Klägerinnen haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerinnen können die Vollstreckung wegen der von ihnen zu tragenden außergerichtlichen Kosten des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 14.500 DM abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Sicherheitsleistung kann jeweils auch durch schriftliche, selbstschuldnerische und unwiderrufliche Bürgschaft einer öffentlichen Sparkasse oder Bank mit dem Sitz in der Bundesrepublik Deutschland erbracht werden.

 

Tatbestand

Die Klägerinnen verlangen von dem beklagten Land Schadensersatz aus Amtspflichtverletzung, weil sich durch fehlerhafte Terminsbestimmung eines Rechtspflegers ihr Eigentumserwerb an einem Gewerbegrundstück verzögert habe.

Die Klägerinnen haben in einem vor dem Amtsgericht Trier … durchgeführten Zwangsversteigerungsverfahren (AG Trier Az.: 23 K 182/92) das Eigentum an dem im Grundbuch von H., Bl. eingetragenen Grundstück Flur …, Nr. …, Gebäude- und Freifläche, T., erworben. Auf dem bebauten Anwesen befanden sich ein Wohnhaus, eine Tankstelle mit Büro- und Verkaufsraum, eine Pkw-Waschhalle und ein Werkstattgebäude. Nachdem der frühere Eigentümer E. H. (Schuldner) in Zahlungsschwierigkeiten geriet, ordnete der zuständige Rechtspfleger des Amtsgerichts Trier …, der Zeuge M., auf Antrag der Kreissparkasse T. (Gläubigerin) am 14. Dezember 1992 (Bl. 3 der Beiakte AG Trier 23 K 182/92) die Zwangsversteigerung des Grundstücks an. Termin zur Zwangsversteigerung wurde auf den 19. Januar 1994 anberaumt (Bl. 132, 134, 139 der Beiakte).

In der amtlichen Bekanntmachung des Versteigerungstermins im Staatsanzeiger Nr. 42 für R. vom 15. November 1993 (Seite 1218) bezeichnete der Rechtspfleger die Liegenschaft als „Gebäude- und Freifläche, T.”.

Die durch einen Rechtsanwalt vertretenen Klägerinnen blieben im Versteigerungstermin mit einem Bargebot von 300.000 DM Meistbietende. Nachdem sie der Gläubigerin, die auf einen höheren Versteigerungserlös gerechnet hatte, eine Zuzahlung von 25.000 DM über dem Meistgebot zugesagt hatten, erhielten sie im Verkündungstermin vom 2. Februar 1994 den Zuschlag (Bl. 156–157 d. BA).

Auf die Beschwerde des Schuldners hat das Landgericht Trier mit Beschluss vom 16. Mai 1994 (Az.: 4 T 15/94, Bl. 198–202 d. BA) den Zuschlagsbeschluss aufgehoben, weil das als Wohnhaus mit Tankstelle und Werkstatt gemischt genutzte Versteigerungsobjekt bei der Terminsankündigung im Staatsanzeiger als „Gebäude- und Freifläche” und damit nicht ausreichend konkret bezeichnet worden sei (§§ 37 Nr. 1, 39 Abs. 1 ZVG). Zur Begründung hat das Gericht auf die Rechtsprechung des OLG Hamm (RPfl 1991, 71; 1992, 122), der sich auch die überwiegende Ansicht im Schrifttum angeschlossen habe, Bezug genommen. Die von den Klägerinnen gegen den Beschluss eingelegte weitere sofortige Beschwerde zum Oberlandesgericht Koblenz blieb ohne Erfolg (Beschluss vom 23. Juni 1994 – 4 W 333/94, Bl. 213–215 d. BA).

Nach erneuter Anberaumung eines Zwangsversteigerungstermins auf den 7. Dezember 1994 blieben die Klägerinnen wiederum Meistbietende und erhielten den Zuschlag für das Anwesen bei einem Bargebot von 315.000 DM (Bl. 305–306 d. BA).

Die Klägerinnen verlangen nunmehr Schadensersatz dafür, dass ihnen wegen der vom Landgericht und Oberlandesgericht beanstandeten Terminsbekanntmachung des Rechtspflegers der im Februar 1994 erteilte Zuschlag wieder entzogen worden sei und sie das Grundstück im Dezember 1994 zu ungünstigeren Konditionen neu hätten ersteigern und finanzieren müssen.

Das beklagte Land hat die mit Schreiben vom 5. April 1995 (Bl. 16–18 GA) geltend gemachte Forderung der Klägerinnen am 16. Juni 1995 (Bl. 19–20 GA) abgelehnt.

Die Klägerinnen haben vorgetragen:

Das beklagte Land hafte ihnen gegenüber aus Amtspflichtverletzung (§ 839 BGB; Art. 34 GG), weil ihnen wegen des Formfehlers des Rechtspflegers bei der amtlichen Bekanntmachung des Versteigerungstermins der im Februar 1994 erteilte Zuschlag wieder entzogen worden sei. Der Rechtspfleger habe die ihnen gegenüber als Meistbietenden obliegende Amtspflicht verletzt, sie bei der Abwicklung der Zwangsversteigerung nicht zu schädigen. Der Fehler, der zur Wiederholung der Zwangsversteigerung geführt habe, sei von dem Rechtspfleger fahrlässig verschuldet. Dieser habe nicht beachtet, dass nach herrschender Meinung im Anschluss an die Rechtsprechung des OLG Hamm (RPfl 1991, 71; 1992, 122) Gewerbegrundstücke und gemischt-gewerbliche Objekte in der amtlichen Terminsbekanntmachung aussagekräftig unter Angabe von deren konkreter Wirtschaftsart bezeichnet werden müssten (§§ 37, 39 ZVG). Durch den amtspflichtwidrig...

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