Leitsatz (amtlich)

1. § 17 AVNot NRW in der seit 2004 geltenden Fassung genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen.

2. Eine notarnahe Ausgestaltung der Anwaltstätigkeit bei der anwaltlichen Beratung und insbesondere Vertragsvorbereitung beurkundungsbedürftiger Rechtsgeschäfte, insbesondere im Bereich des Immobilien-, Familien-, Erb- und Gesellschaftsrechts stellt eine zusätzliche Qualifikation dar, die durch Sonderpunkte zu berücksichtigen ist.

 

Normenkette

BNotO § 6

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 26.03.2007; Aktenzeichen NotZ 39/06)

 

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Antragsgegners und des Beteiligten zu 2).

 

Gründe

I. Der Antragsteller wurde nach vorhergehender Tätigkeit als Syndikus 1993 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen und ist seitdem in einer Rechtsanwalts- und Steuerberatersozietät in Q. tätig. Am 13.1.2005 hat sich der Antragsteller um eine ausgeschriebene Stelle als Notar im Bezirk des AG Paderborn beworben. Bei der Bewertung seiner Leistungen gem. § 17 AVNot 2004 durch den Antragsgegner erreichte der Antragsteller einen Punktwert von 123,6 Punkten, während der am besten bewertete Mitbewerber auf 179 Punkte kam. Die Ermittlung der Punktewerte stellt sich im Einzelnen wie folgt dar.

Bewerber Beteiligter zu 2) weiterer Bewerber Antragsteller Weiterer Bewerber.

Rang

1

2

6

9

2. Staatsexamen

36,5

33,4

32,6

26,8

RA-Tätigkeit

22,5

30

30

30

Fortbildungen

54

18

61

48

Beurkundungen

73,3

90

0

0

Sonderpunkte

0

3 (benotete Leistungsnachweise)

0

0

Summe

179

174,4

123,6

104,8

Der Antragsgegner teilte dem Antragsteller deshalb mit Schreiben vom 1.7.2005 mit, dass die Vergabe der Stelle an den besser bewerteten Mitbewerber beabsichtigt sei.

Der Antragsteller ist der Auffassung, dass die Regelung in § 17 AVNot 2004 auch weiterhin nicht den verfassungsrechtlichen Erfordernissen, wie sie sich insbesondere aus der Entscheidung des BVerfG vom 20.4.2004 ergäben, genügen würde. Er beanstandet insbesondere folgende Punkte:

  • Die Examensnote besäße auch weiterhin ausschlaggebende Bedeutung. Die Mehrzahl der Bewerber käme bei den berufspraktischen Qualifikationsmerkmalen auf die Höchstpunktzahl, so dass sich Bewertungsunterschiede im Wesentlichen aus der Examensnote ergeben würden.
  • Bei dem Bewertungskriterium "Zahl der Beurkundungen" bestehe keine Chancengleichheit zwischen Bewerbern, die einer Sozietät mit einem Anwaltsnotar angehörten, und solchen, bei denen das nicht der Fall sei. Allein die erstgenannten hätte die realistische Chance die Höchstpunktzahl zu erreichen, weil allein sie Gelegenheit zu Beurkundungen hätten. Auch bestehe für diese Bewerber eine erhöhte Möglichkeit, Sonderpunkte zu erreichen, weil auch hierfür auf Praxiserfahrung aus notarieller Tätigkeit abgestellt würde.

Zudem werde bei der allein an der Zahl der Beurkundungen orientierten Vergabe von Punkten nicht die Leistung, die der Notarbewerber in diesem Zusammenhang tatsächlich erbracht habe, gewichtet.

Zudem beanstandet er, dass für seine Tätigkeit als Syndikus einer Aktiengesellschaft trotz der Ausrichtung dieser Tätigkeit auf die Vertragsgestaltung keine Sonderpunkte vergeben worden seien.

Er beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten die im Justizministerialblatt JM NRW vom 15.12.20004 ausgeschriebene Notarstelle für den Amtsgerichtsbezirk Q. mit ihm zu besetzen.

Der Antragsgegner und der Beteiligte zu 2) beantragen, den Antrag zurückzuweisen.

Der Antragsgegner sowie die Beteiligten sind den verfassungsrechtlichen Bedenken des Antragstellers im Einzelnen entgegengetreten.

Der Antragsgegner hat auf Bitten des Senats bislang die ausgeschriebene Stelle nicht besetzt. Die Beteiligten haben auf Durchführung der mündlichen Verhandlung verzichtet.

II. Der vom Antragsteller vorsorglich gestellte Antrag, dem Antragsgegner aufzugeben, bis zur Entscheidung in der Hauptsache die Stelle freizuhalten, ist durch die Erklärung des Antragsgegners, die Stelle vorläufig nicht zu besetzen, erledigt. Der im Übrigen zulässige Antrag des Antragstellers ist nicht begründet. Entgegen der von ihm vertretenen Rechtsauffassung erfolgte die Entscheidung auf der Grundlage wirksamer Rechts- und Verwaltungsvorschriften. Die Entscheidung des Antragsgegners, den Antragsteller bei der Stellenvergabe nicht zu berücksichtigen, beruht auch nicht auf einer fehlerhaften Anwendung der bestehenden Rechts- und Verwaltungsbestimmungen.

1. § 17 AVNot 2004, der die Grundsätze für die fachliche Bewertung der Bewerber um eine Stelle im Bereich des Anwaltsnotariats regelt, ist verfassungsgemäß. Rechtsgrundlage für die Auswahl der Bewerber um eine Stelle als Anwaltsnotar ist § 6 Abs. 2 und 3 BNotO. Diese Bestimmung ist verfassungsgemäß (BVerfG v. 20.4.2004 - 1 BvR 838/01, MDR 2004, 1027 = NJW 2004, 1935, 1936 f.). Danach kommt es neben den zwingenden Erfordernissen gem. § 6 Abs. 2 BNotO - mindestens fünfjährige Zulassung zur Anwaltschaft und mindestens dreijährige Tätigkeit als Rechtsanwalt in dem in Aussicht genommenen Amts...

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