Leitsatz (amtlich)

Ist ein Rechtsanwalt als Berufsbetreuer tätig, hat er grundsätzlich die Wahl, ob er seine außergerichtlichen Tätigkeiten nach § 1836 BGB vergüten lassen will, oder ob er bei berufsspezifischen Tätigkeiten auf den Aufwendungsersatz nach § 1835 Abs. 2 BGB zurückgreift. Wählt er den Aufwendungsersatzanspruch, erhält er nicht mehr als ein herangezogener Dritter als Rechtsanwalt erhalten würde. Der Rechtsanwalt eines mittellosen Mandanten könnte aber lediglich die Gebühren für die Beratungshilfe gem. §§ 133 ff. BRAGO aus der Staatskasse erlangen.

 

Normenkette

BGB § 1835 Abs. 2, § 1836

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 1 T 483/01)

AG Köln (Aktenzeichen 55 XVII B 42/00)

 

Tenor

Die weitere sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 2.) gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des LG Köln vom 8.5.2002 – 1 T 483/01 – wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die kraft Zulassung im angefochtenen Beschluss gem. § 56g Abs. 5 S. 2 FGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Entscheidung des LG ist ohne Rechtsfehler.

Der Senat ist mit dem Beschwerdegericht der Auffassung, dass es sich bei den außergerichtlichen Tätigkeiten des Beteiligten zu 2) als Betreuer in Sachen B./Stadtsparkasse K. und B./LVA jeweils um berufsspezifische Dienste handelte, für die der Beteiligte zu 2.) im Hinblick auf die Mittellosigkeit der Betroffenen Aufwendungsersatz gem. der §§ 1908i Abs. 1, 1835 Abs. 3 BGB nur i.H.d. Gebühren der §§ 131 ff. BRAGO verlangen kann.

Ist ein Rechtsanwalt als Berufsbetreuer tätig, hat er grundsätzlich die Wahl, ob er seine Tätigkeit nach § 1836 BGB vergüten lassen will, oder ob er bei berufsspezifischen Tätigkeiten auf den Aufwendungsersatz nach § 1835 Abs. 2 BGB zurückgreift (vgl. BayObLG BtPrax 1999, 29). Wählt er – wie vorliegend – den Aufwendungsersatzanspruch gem. § 1835 Abs. 3 BGB gilt der Grundsatz, dass der Betreuer die gleiche Vergütung erhalten soll, die ein herangezogener Dritter als Rechtsanwalt für seine Dienste halten würde. Der Betreute bzw. im Falle seiner Mittellosigkeit die Staatskasse soll weder einen Vorteil noch einen Nachteil daraus ziehen, dass die kostenrelevante Heranziehung eines Rechtsanwalts wegen der besonderen Qualifikation des Betreuers unterbleiben konnte. Das Betreuungsverhältnis rechtfertigt es nicht, dem Rechtsanwalt in Sachen des mittellosen Betreuten eine höhere Entschädigung aus der Staatskasse zu zahlen als ggü. jedem anderen mittellosen Mandanten (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 11.5.2001 – 16 Wx 77/01, OLGReport Köln 2001, 392 = FamRZ 2001, 1642; OLG Oldenburg v. 13.2.1996 – 5 W 9/96, OLGReport Oldenburg 1996, 177 = FamRZ 1996, 1346; BayObLG BtPrax 1999, 29; Erman-Holzhauer, BGB, 10. Aufl., § 1835 Rz. 9; Knittel, BtG, § 1835 BGB, Anm. 2.1. Rz. 27), zumal der Betreuer gehalten ist, die Aufwendungen im Interesse des Betroffenen möglichst niedrig zu halten.

Der Beteiligte zu 2) wird deshalb im Hinblick auf seine anwaltspezifischen Dienste ggü. der Stadtsparkasse K. und der LVA so gestellt, als wenn er nicht zugleich Betreuer der Betroffenen wäre, sondern diesem wie ein als Dritter beauftragter Rechtsanwalt ggü. stünde. Ein solcher Rechtsanwalt könnte vorliegend nicht die Regelgebührensätze, sondern lediglich die Gebühren für die Beratungshilfe gem. den §§ 131 ff. BRAGO abrechnen.

Der als Rechtsanwalt tätige Betreuer ist, damit er die Gebühren für die Beratungshilfe abrechnen kann nicht verpflichtet, für den mittellosen Betreuten auch tatsächlich ein Beratungshilfeverfahren einzuleiten. Der Bewilligung der Beratungshilfe ist nur der Filter der Mutwilligkeit vorgeschaltet (§ 1 Nr. 3 BerHG), so dass angesichts der Pflichtbindung des Betreuers und seiner Kontrolle durch das VormG die zusätzliche Durchführung eines Beratungshilfeverfahrens nicht gerechtfertigt ist.

Ob abweichend von den vorstehenden Feststellungen im Falle der Prozessvertretung einer mittellosen Partei Voraussetzung für den Aufwendungsersatzanspruch nach § 1835 Abs. 3 BGB die Durchführung des Prozesskostenhilfeprüfungsverfahrens ist, bedarf keiner Entscheidung, da vorliegend allein die Vergütung für außergerichtliche Tätigkeiten des Beteiligten zu 2) im Streit ist.

Sowohl die Tätigkeit des Beteiligten zu 2) ggü. der Stadtsparkasse K. als auch diejenige ggü. der LVA stellen sich als Beratungshilfe i.S.v. § 1 Abs. 1 BERHG in Angelegenheiten i.S.v. § 1 Abs. 2 BerHG in Angelegenheiten des Zivilrechts (§ 2 Abs. 1 Ziff. 1 BerHG) dar. Fragen der Zwangsvollstreckung, die Gegenstand der Tätigkeit des Beteiligten zu 2) ggü. der LVA waren, betreffen zweifellos die Wahrnehmung subjektiver Rechte der Betroffenen. Auch die Tätigkeit des Beteiligten zu 2) im Rahmen der Schuldenregulierung betraf eine Rechtssache. Es handelte sich hier nicht nur um wirtschaftlich Fragen, sondern es stand auch die rechtliche Erörterung der Vertragsbeziehung im Vordergrund, nachdem die beiden Darlehen von der Stadtsparkasse K. gekündigt worden waren und zunächst die Verwertung der Eigentumswohnung im Dachgeschoss zwecks...

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