Leitsatz (amtlich)

  • 1.

    Ein in der fehlenden örtlichen Zuständigkeit liegender Verfahrensfehler wird durch eine Sachentscheidung des Beschwerdegerichts jedenfalls dann geheilt, wenn das tätig gewordene und das zuständige Gericht zum Bezirk des Beschwerdegerichts gehören (im Anschluss an BGH vom 8.3.2007 - V ZB 149/06).

  • 2.

    Die versehentlich unterbliebene Ladung des Verfahrensbevollmächtigten zur mündlichen Anhörung des Betroffenen durch das Amtsgericht kann grundsätzlich durch das Beschwerdegericht dadurch geheilt werden, dass es den Betroffenen mündlich anhört und seinem Bevollmächtigten Gelegenheit gibt, an der Anhörung teilzunehmen.

 

Verfahrensgang

BGH (Beschluss vom 08.03.2007; Aktenzeichen V ZB 149/06)

OLG München (Beschluss vom 19.09.2006; Aktenzeichen 34 Wx 80/06)

LG Nürnberg-Fürth (Entscheidung vom 22.05.2006; Aktenzeichen 18 T 2729/06)

AG Nürnberg (Entscheidung vom 28.03.2006; Aktenzeichen 59 XIV 45/06)

 

Gründe

I.

1.

Der Betroffene, ein türkischer Staatsangehöriger, war durch bestandskräftige Verfügung vom 17.10.2000 aufgrund rechtskräftiger Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz mit zunächst unbefristeter Wirkung aus dem Bundesgebiet ausgewiesen worden. Er reiste daraufhin im Oktober 2003 freiwillig in die Türkei aus. Von dort betrieb er erfolglos eine nachträgliche Befristung des Wiedereinreiseverbots. Zu einem nicht näher festgestellten Zeitpunkt reiste der Betroffene mit einem gefälschten, auf andere Personalien lautenden türkischen Reisepass erneut in das Bundesgebiet ein, wo er am 30.12.2005 festgenommen wurde.

Auf Antrag der Ausländerbehörde vom 30.12.2005 hat das Amtsgericht Erlangen am selben Tag gegen den Betroffenen mit sofortiger Wirksamkeit unter Bezugnahme auf den Haftgrund des § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG zur Sicherung seiner Abschiebung bis längstens 30.3.2006 Abschiebungshaft angeordnet. Die Beschaffung von Heimreisedokumenten scheiterte zunächst, weil der Betroffene jegliche Mitwirkung an der Ausfüllung der erforderlichen Formulare verweigerte. Anlässlich einer Vorführung am 14.3.2006 beim türkischen Generalkonsulat behauptete der Betroffene wahrheitswidrig, am 30.3.2006 noch eine Gerichtsverhandlung vor sich zu haben. Das türkische Generalkonsulat stellte daraufhin die Ausstellung eines Heimreisescheins zunächst zurück.

Der Betroffene befand sich inzwischen in der Justizvollzugsanstalt Nürnberg. Die Ausländerbehörde hat daraufhin am 23.3.2006 beim Amtsgericht Nürnberg einen Antrag auf Verlängerung der angeordneten Abschiebungshaft bis längstens 30.6.2006 gestellt. Diesem Antrag hat das Amtsgericht Nürnberg mit Beschluss vom 28.3.2006 nach vorhergehender mündlicher Anhörung des Betroffenen entsprochen. Der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen, der sich am 9.1.2006 unter Vollmachtsvorlage gegenüber dem Amtsgericht Erlangen bestellt hatte, ist nicht beteiligt worden.

Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde des Betroffenen vom 29.3.2006 hat das beiden Amtsgerichten übergeordnete Landgericht Nürnberg-Fürth nach vorheriger Anhörung des Betroffenen in Anwesenheit seines Verfahrensbevollmächtigten mit Beschluss vom 22.5.2006 als unbegründet zurückgewiesen.

Der Betroffene wurde am 23.5.2006 in die Türkei abgeschoben.

Mit der sofortigen weiteren Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth beantragt der Betroffene die Feststellung, dass die Verlängerung der Abschiebungshaft durch das Amtsgericht Nürnberg vom 28.3.2006 rechtswidrig war. Mit Schriftsatz vom 1.9.2006 hat der Verfahrensbevollmächtigte Prozesskostenhilfeantrag gestellt.

2.

Die sofortige weitere Beschwerde wird damit begründet, das Amtsgericht Nürnberg sei zur Entscheidung örtlich nicht zuständig gewesen. Zudem sei der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen vom Amtsgericht Nürnberg nicht zur Anhörung geladen worden. Darüber hinaus sei der Betroffene verheiratet gewesen, eine Anhörung der Ehefrau sei jedoch unterblieben.

3.

Der Senat hat mit Beschluss vom 19.9.2006 (Az. 34 Wx 080/06 = FGPrax 2006, 280) die sofortige weitere Beschwerde dem Bundesgerichtshof gemäß § 28 Abs. 2 FGG zur Entscheidung vorgelegt. Der Senat hat in dem Vorlagebeschluss die sofortige weitere Beschwerde zwar für zulässig, jedoch im Ergebnis für unbegründet gehalten, er hat sich jedoch an einer abschließenden Entscheidung durch den Beschluss des Oberlandesgericht Oldenburg vom 28.2.2006 (13 W 04/06 = InfAuslR 2006, 333/334) gehindert gesehen.

Der Bundesgerichtshof hat mitBeschluss vom 8.3.2007 (Az. V ZB 149/06) die Sache dem Oberlandesgericht München zur Entscheidung in eigener Zuständigkeit zurückgegeben, da in vorliegendem Fall eine Divergenz nicht bestehe.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

1.

Der Tenor der landgerichtlichen Entscheidung war von Amts wegen zu berichtigen. Denn die sofortige Beschwerde des Betroffenen richtete sich nicht gegen einen Beschluss des Amtsgerichts Erlangen...

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