Leitsatz (amtlich)

Zum grundbuchtauglichen Nachweis von Existenz, Identität und Vertretung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die Grundeigentum erwerben will (Bestätigung der bisherigen Senatsrechtsprechung; z.B. Beschlüsse vom 20.7.2010, 34 Wx 063/10, und vom 17.8.2010, 34 Wx 098/10).

 

Normenkette

BGB § 705; GBO §§ 20, 29 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Augsburg (Beschluss vom 24.11.2010; Aktenzeichen Bl. 54564)

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des AG Augsburg - Grundbuchamt - vom 24.11.2010 wird zurückgewiesen.

II. Der Beschwerdewert beträgt 3.530.000 EUR.

III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die D-GmbH ist im Grundbuch als Grundstückseigentümerin eingetragen. Sie verkaufte mit Vertrag vom 29.12.2009 Grundbesitz an die Beteiligte zu 1, bezeichnet als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), bestehend aus den Beteiligten zu 2 bis 8, von denen die Beteiligten zu 3 und 4 vertreten wurden durch den Beteiligten zu 2 aufgrund Generalvollmacht vom 16.7.2009. Die zugleich bewilligte Eigentumsvormerkung wurde am 11.1.2010 im Grundbuch eingetragen. Mit Nachtragsurkunde vom 18.10.2010 wurde u.a. die Auflassung erklärt und seitens des Veräußerers die Eintragung bewilligt. Den Vollzugsantrag vom 22.10.2010 hat das Grundbuchamt am 24.11.2010 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, im Erwerbsfall seien die Existenz der erwerbenden GbR und ihre aus dem Gesellschaftsvertrag folgenden Vertretungsverhältnisse im Zeitpunkt des Vertreterhandelns in der Form des § 29 GBO nachzuweisen. Dieser Nachweis fehle. Eine Möglichkeit, den Nachweis in grundbuchgerechter Form zu erbringen, sei nicht erkennbar. Erklärungen der Beteiligten über die Rechtsverhältnisse der GbR, auch untermauert durch eidesstattliche Versicherung, eigneten sich dazu nicht.

Gegen die zurückweisende Entscheidung richtete sich die namens der Beteiligten zu 1 am 30.11.2010 erhobene Beschwerde, der das Grundbuchamt mit Beschluss vom 7.12.2010 nicht abgeholfen hat. Begründet wird das Rechtsmittel im Wesentlichen damit, dass sich allein durch den in gemeinsamer Zweckverfolgung bewirkten Abschluss eines Grundstückserwerbsvertrags gesetzlich eine GbR gebildet habe, was - weil gesetzliche Konsequenz - nicht i.S.v. § 29 GBO nachgewiesen werden müsse.

II. Die zulässige Beschwerde (§ 71 Abs. 1, § 73 i.V.m. § 15 Abs. 2 GBO) hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Nach der den Beteiligten offensichtlich bekannten Rechtsprechung des Senats müssen im Anwendungsbereich des § 20 GBO Existenz und Identität der erwerbenden GbR sowie die Vertretungsberechtigung der für sie handelnden Personen in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden (z.B. Beschl. v. 20.7.2010 - 34 Wx 63/10, FGPrax 2010, 234, v. 17.8.2010 - 34 Wx 089/10, Rpfleger 2011, 75; v. 25.8.2010 - 34 Wx 110/10, unveröffentlicht; auch OLG Hamm NotBZ 2011, 44). An dieser Rechtsprechung hält der Senat, auch in Kenntnis anderweitiger Entscheidungen (etwa OLG Brandenburg NotZ 2010, 459; OLG Rostock NotBZ 2011, 64; OLG Dresden NotBZ 2010, 463), fest. Die abweichende Argumentation vermag nämlich nicht zu überzeugen. Insbesondere können auch nicht die zur Vollmachtsbestätigung entwickelten Grundsätze herangezogen werden, weil diese voraussetzen, dass die aktuellen Rechtsverhältnisse der Gesellschafter bekannt und - in der Form des § 29 Abs. 1 GBO - belegt sind (so jüngst überzeugend OLG Köln FGPrax 2011, 13/16).

2. Die Beschwerdebegründung rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.

Erwirbt eine GbR ein Grundstück, so sind dem Grundbuchamt

a) die rechtliche Existenz der GbR,

b) ggf. die Identität dieser erwerbenden GbR mit einer früher gegründeten GbR sowie

c) die Vertretungsberechtigung der für die Gesellschaft handelnden Personen in der Form des § 29 GBO nachzuweisen (OLG Hamm vom 12.10.2011 - I-15 W 306/10 bei juris = ZIP 2011, 474 - Leitsatz). Wird der Gesellschaftsvertrag nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem gegenständlichen Grundstücksgeschäft abgeschlossen, ist ein derartiger Nachweis unerlässlich.

So ist es hier. Der notarielle Kaufvertrag sieht den Rechtserwerb durch eine bereits bestehende Gesellschaft in einer bestimmten personellen Zusammensetzung vor (womit sich im Übrigen auch nur die von der bezeichneten Gesellschaft am 16.7.2009 erteilte Generalvollmacht vereinbaren lässt). Dem Kaufvertrag vom 29.12.2009 kann demnach nicht - auch nicht konkludent - der Erklärungsinhalt einer zugleich bewirkten Neugründung entnommen werden. Vielmehr schließt die Absicht, für eine existente GbR erwerben zu wollen, die Neugründung einer "Zweit-GbR" von vorneherein aus (OLG Hamm, a.a.O.; OLG Köln FGPrax 2011, 13/15 f.; s. auch Bestelmeyer, Rpfleger 2010, 169/183) und würde im Übrigen gerade dem erklärten Willen der Beteiligten widersprechen (Senat vom 5.2.2010 - 34 Wx 116/09, FGPrax 2010, 68; Bestelmeyer, a.a.O.). Das OLG Köln (FGPrax 2011, 15) betont in diesem Zusammenhang zu Recht, dass die Eintragung nicht bloß deklaratorischer Folgetatbestand des dinglichen Geschäfts ist. Deshalb ist es für de...

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