Entscheidungsstichwort (Thema)

Mündliche Verhandlung; einseitiges Verhandeln

 

Verfahrensgang

AG München (Beschluss vom 27.01.2004; Aktenzeichen 553 F 8145/03)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG - FamG - München vom 27.1.2004 wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 Euro festgesetzt.

IV. Der Antrag des Antragsgegners, ihm Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu gewähren, wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Zwischen den Parteien ist ein Ehescheidungsverfahren anhängig. Im Rahmen dessen beantragte die Antragstellerin am 22.12.2003, ihr durch einstweilige Anordnung die eheliche Wohnung zur alleinigen Benutzung zuzuweisen.

Zum Termin vom 27.1.2004 erschien nur die Antragstellerin. Der Antragsgegner teilte telefonisch mit, er habe erst am Vortag von dem Termin erfahren. Es sei ihm deshalb nicht möglich, den Termin wahrzunehmen.

Mit Beschluss vom 27.1.2004 erließ das FamG die beantragte einstweilige Anordnung.

Dieser Beschluss ist dem Antragsgegner durch Einwurf in den gemeinsamen Briefkasten der Parteien zugestellt worden.

Mit Schriftsatz vom 15.3.2004, eingegangen am 16.3.2004, legte der Antragsgegner gegen den Beschluss vom 27.1.2004 sofortige Beschwerde ein und beantragte, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Er gab an, der angefochtene Beschluss sei ihm erst am 8.3.2004 von seiner Ehefrau ausgehändigt worden.

II. 1. Die sofortige Beschwerde gegen die einstweilige Anordnung vom 27.1.2004 ist statthaft (§ 620 c S. 1 ZPO). Obwohl der Antragsgegner im Termin vom 27.1.2004 nicht anwesend war, erging der angefochtene Beschluss aufgrund mündlicher Verhandlung i.S.d. § 620c S. 1 ZPO (Zöller/Philippi, ZPO, 24. Aufl., § 620b Rz. 15, § 620a Rz. 24).

Ein einseitiges Verhandeln genügt, auch wenn nach § 128 Abs. 1 ZPO eine mündliche Verhandlung eine Erörterung des Rechtsstreits bei gleichzeitiger Anwesenheit der Parteien erfordert. Anderenfalls könnte nämlich ein Ehegatte durch Verweigerung seiner Mitwirkung an der mündlichen Verhandlung dem anderen Ehegatten dessen Beschwerdemöglichkeit nehmen (Johannsen/Henrich/Sedemund/Treiber, Eherecht, 4. Aufl., § 620c Rz. 3; Zöller/Philippi, ZPO, 24. Aufl., § 620a Rz. 7; Finger in MünchKomm/BGB, § 620c Rz. 7).

2. Dahingestellt bleiben kann, ob der Antragsgegner ausreichend glaubhaft gemacht hat, dass er unverschuldet die zweiwöchige Frist zur Beschwerdeeinlegung versäumt hat (§§ 620c S. 1, 567, 569 ZPO). Über den Wiedereinsetzungsantrag ist nicht zu entscheiden, weil die angefochtene Entscheidung nicht wirksam zugestellt worden ist.

Die Zustellung erfolgte durch Einwurf in den gemeinsamen Briefkasten der Antragstellerin und des Antragsgegners (§ 180 ZPO). Diese Zustellung ist jedoch in entsprechender Anwendung von § 178 Abs. 2 ZPO unwirksam (LG Fulda v. 26.9.1986 - 2 O 337/86, MDR 1987, 149 = Rpfleger 1987, 27; Zöller/Stöber, ZPO, 24. Aufl., § 180 Rz. 3, § 179 Rz. 1).

Damit begann die zweiwöchige Beschwerdefrist nicht zu laufen, weshalb die am 16.3.2004 eingegangene Beschwerde fristgerecht ist.

3. In der Sache hat das Rechtsmittel indes keinen Erfolg.

Mit Recht hat das FamG der Antragstellerin die Ehewohnung im Wege einer einstweiligen Anordnung zur alleinigen Nutzung zugewiesen (§§ 620 Nr. 7, 620a ZPO).

a) Materiell-rechtliche Grundlage hierfür ist § 1361b Abs. 2 BGB.

Die Antragstellerin hat im Rahmen der im einstweiligen Anordnungsverfahren vorzunehmenden summarischen Prüfung ausreichend glaubhaft gemacht, dass sie der Antragsgegner am 21.12.2003 tätlich angegriffen und körperlich misshandelt hat.

Der Familienrichter hat die Antragstellerin angehört und ihre Angaben als glaubhaft angesehen. Die Antragstellerin hat ferner ein ärztliches Attest des Krankenhauses vorgelegt, in das sie sich noch am selben Tag begeben hatte. Von dem dortigen Arzt werden Verletzungen am Kopf und am Oberarm bescheinigt.

Die Darstellung der Antragstellerin bezüglich des Streits vom 21.12.2003 erscheint deshalb wesentlich überzeugender als die Darstellung des Antragsgegners. Dieser bestritt, seine Ehefrau geschlagen zu haben. Hinsichtlich der attestierten Hämatome und der Schwellung am Kopf gab er an, er wisse nicht, bei welcher Gelegenheit sich die Antragstellerin diese zugezogen habe. Die Verletzungen am Oberarm seien darauf zurückzuführen, dass er sich gegen Angriffe seiner Ehefrau verteidigt habe.

b) Nach § 1361b Abs. 2 BGB ist im Falle von körperlichen Misshandlungen die gesamte Ehewohnung dem verletzten Ehegatten zur alleinigen Benutzung zu überlassen. Eine Teilung der Ehewohnung, wie vom Antragsgegner beantragt, scheidet deshalb aus.

Dass weitere Drohungen nicht zu besorgen sind, ist nach Sachlage nicht zu erwarten und vom insoweit darlegungs- und beweislasteten Antragsgegner im Einzelnen nicht vorgetragen (vgl. § 1361 Abs. 2 S. 2 BGB).

c) Die weiteren Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sind ebenfalls gegeben. Aufgrund ...

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