Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 17.09.2003; Aktenzeichen 1 HK O 13061/03)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 29.03.2007; Aktenzeichen I ZR 122/04)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG München I vom 17.9.2003 aufgehoben.

II. Die Klage wird abgewiesen.

III. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung seitens der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des je zu vollstreckenden Betrags leisten.

 

Gründe

I. Die Klägerin beanstandet die Bestandteile "Bundesdruckerei" in den Firmenbezeichnungen der beiden Beklagten als irreführend.

Die Klägerin ist eine OHG, die u.a. sicherheitsrelevante Plaketten herstellt.

Das Unternehmen der Beklagten zu 2) gehörte zum Bundesvermögen und war Bestandteil der Bundesverwaltung. Am 1.6.1994 wurde die Beklagte zu 2) als selbständige GmbH gegründet, deren Anteile die Bundesrepublik Deutschland hielt. Im Jahr 2000 wurde die Gesellschaft privatisiert; die Geschäftsanteile gingen an die A. Fonds. Die Beklagte zu 2) tritt seither auch an Kunden außerhalb der Bundesverwaltung heran. Sie befasst sich u.a. mit Herstellung von Banknoten, Wertpapieren, Briefmarken und Steuerzeichen, Dienstausweisen, Fahrzeugbriefen und -scheinen, nicht hingegen mit Plaketten für Fahrzeuge und Dokumenten-Klebesiegeln. Die Beklagte zu 2) ist exklusiv mit der Herstellung von Personalausweisen, Reisepässen, Führerscheinen, Drucksachen für das Bundeskriminalamt und das Deutsche Patent- und Markenamt befasst. Dies macht rund 2/3 ihres Umsatzes aus.

Die Beklagte zu 1) ist eine Tochter der Beklagten zu 2), die deren Vertrieb im Ausland unterstützt.

Das LG hat am 17.9.2003 folgendes Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, erlassen:

I.1. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, es zu unterlassen, zur Kennzeichnung ihres Geschäftsbetriebs die Bezeichnung "B.B.L.S. GmbH" zu verwenden.

2. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das in Nr. 1 bezeichnete Verbot wird gegen die Beklagte zu 1) ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR verhängt.

3. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, durch Erklärung ggü. dem AG Berlin-Charlottenburg zu HRB 70764 ihre Firma "B.B.L.S. GmbH" zu löschen.

II.1. Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, es zu unterlassen, zur Kennzeichnung ihres Geschäftsbetriebs die Bezeichnung "B. GmbH" zu verwenden.

2. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das in Nr. 1 bezeichnete Verbot wird gegen die Beklagte zu 2) ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR verhängt.

3. Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, durch Erklärung ggü. dem AG Berlin-Charlottenburg zu HRB 51900 ihre Firma "B. GmbH" zu löschen.

Dies ist damit begründet, der Klägerin stehe ein Unterlassungsanspruch aus § 3 UWG a.F. zu. Die Parteien stünden in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis. Zwar habe die Bundesrepublik Deutschland bezüglich sicherheitsrelevanter Dokumente einen Vertrag mit der Beklagten zu 2), seit der Privatisierung sei sie jedoch gem. §§ 97 ff. GWB verpflichtet, entsprechende Aufträge auszuschreiben. Dass die Klägerin derzeit noch nicht die gleichen Druckverfahren anwende wie die Beklagte zu 2), stehe einem Wettbewerb nicht entgegen.

Die Bezeichnung "B." stelle eine irreführende Werbung gem. § 3 UWG a.F. dar, weil die Beklagten weder ausschließlich im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland, noch exklusiv für den Bund tätig seien. Es handle sich nicht um einen Fall, in dem die §§ 22, 24 HGB als lex specialis dem § 3 UWG a.F. vorgingen. Den Kunden seien die Eigentumsverhältnisse an den Beklagten nicht durchwegs bekannt. Der Gebrauch der Bezeichnung beeinträchtige die Klägerin, weil Kunden den Beklagten möglicherweise auf Grund dieser Bezeichnung den Vorzug gäben oder annähmen, dass ein Auftrag an Wettbewerber überhaupt nicht in Betracht komme. Die Geschäftsbezeichnungen würden zudem die irrige Vorstellung von unbegrenzter Bonität und Insolvenzfestigkeit, Seriosität und Verlässlichkeit der Beklagten auslösen. Diese Irreführungen seien wettbewerblich relevant.

Der Löschungsanspruch sei gewohnheitsrechtlich anerkannt oder folge aus § 1004 BGB.

Dagegen wenden sich die Beklagten mit der Berufung. Sie tragen u.a. vor, die §§ 22, 24 HGB, die eine Ausnahme vom Grundsatz der Firmenwahrheit und -klarheit darstellten, seien lex specialis ggü. dem § UWG a.F.

Es sei kein Wettbewerbsverhältnis gegeben. Hinsichtlich der exklusiven Aufträge nehme die Beklagte zu 2) die Stellung eines Quasi-Beliehenen ein. Auf Grund des überragenden Sicherheitsinteresses existiere auf diesem Spezialmarkt Ausweis-Dokumente überhaupt kein Wettbewerb, zumal die Klägerin erheblich investieren müsste, um vergleichbare Produkte herstellen zu können.

Außerdem sei die Bezeichnung "B." nicht geeignet, die angesprochenen Kreise irrezuführen. Insbesondere impliziere der Bestandteil "B." nicht, dass ein derartiges Unternehmen dem Bund gehöre oder dieser zumindest da...

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