Entscheidungsstichwort (Thema)

Champagner Sorbet

 

Leitsatz (amtlich)

1. Voraussetzung des Schutzes gegen Rufausnutzung nach Art. 103 Abs. 2 a) ii) der VO (EU) Nr. 1308/2013 ist die Verwendung der geschützten Bezeichnung in unlauterer Weise.

2. Es stellt keine unlautere Verwendung einer geschützten Ursprungsbezeichnung dar, wenn der Hersteller eines Produkts, bei dem eine Produktzutat (hier: Champagner) als namensgebender Bestandteil des ganzen Produkts (hier: Champagner-Sorbet) aufgrund entsprechender Bezeichnungsgewohnheiten im Verkehr feststehende Bedeutung erlangt hat, dieses unter Benutzung der geschützten Bezeichnung benennt.

 

Normenkette

EUV Nr. 1308/2013 Art. 103 Abs. 2 Buchst. a DBuchst. ii

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 18.03.2014; Aktenzeichen 33 O 13181/13)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 19.07.2018; Aktenzeichen I ZR 268/14)

BGH (Beschluss vom 02.06.2016; Aktenzeichen I ZR 268/14)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Streithelferin wird das Urteil des LG München I vom 18.3.2014, Az. 33 O 13181/13, aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits und der Nebenintervention in beiden Instanzen hat die Klägerin zu tragen.

III. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte ein champagnerhaltiges Tiefkühlprodukt als "Champagner Sorbet" bezeichnen darf.

Die Klägerin ist die Organisation der Champagnerwirtschaft, der sämtliche mit dem Anbau und der Herstellung des Champagner befassten Winzer und Champagner-Firmen angeschlossen sind. Die Beklagte ist ein Lebensmittel-Discounter. Die Streithelferin stellt Tiefkühlprodukte her.

Ende 2012 wurde die Klägerin darauf aufmerksam, dass die Beklagte das streitgegenständliche - von der Streithelferin bezogene - Produkt "Champagner Sorbet" wie nachfolgend wiedergegeben in Prospekten bewarb.

Ausweislich der Zutatenliste auf der Unterseite der Produktverpackung setzt sich das von der Beklagten vertriebene Sorbet aus folgenden Zutaten zusammen:

Wasser, Zucker, Champagner (12 %), Maltodextrine, GIucosesirup, Birnenpüree (Birnen, Zucker, natürliches Aroma, Säuerungsmittel: Zitronensäure), natürliches

Aroma, Karottenextrakt, Gelatine, Geliermittel: Johannisbrotkernmehl, Pektin, Säuerungsmittel: Zitronensäure.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte verletze mit dem Vertrieb der beanstandeten Tiefkühlkost unter der Bezeichnung "Champagner Sorbet" die Rechte an der geschützten Ursprungsbezeichnung und qualifizierten geographischen Herkunftsangabe "Champagne". Die Verarbeitung von Champagner berechtige die Beklagte nicht, die Ursprungsbezeichnung selbst für ihre Produkte zu verwenden.

Die Klägerin hat daher in erster Instanz beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es bei Meldung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an einem der jeweiligen Geschäftsführer ihrer Komplementär-GmbH, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr mit Tiefkühlkost die Bezeichnung "Champagner Sorbet" zu benutzen, insbesondere wenn dies geschieht wie nachfolgend eingelichtet:

Die Beklagte und die Streithelferin haben in erster Instanz beantragt, die Klage abzuweisen.

Das LG hat der Klage mit Urteil vom 18.3.2014 stattgegeben. Auf dieses Urteil wird einschließlich der darin getroffenen tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Streithelferin.

Die Streithelferin hat in der Berufungsinstanz beantragt, das Urteil des LG München I vom 18.3.2014 - 33 O 13181/13 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Ergänzend wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll des Termins der mündlichen Verhandlung vom 16.10.2014 Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung hat Erfolg. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch besteht nicht.

1. Der mit der Klage gegenüber der Beklagten geltend gemachte Unterlassungsanspruch ergibt sich nicht aus Art. 103 Abs. 2 a) ii) der VO (EU) Nr. 1308/2013.

Mit dem streitgegenständlichen Produkt wird das Ansehen der Bezeichnung "Champagner" nicht in unlauterer Weise ausgenutzt.

Gemäß Art. 103 Abs. 2 a) ii) der VO (EU) Nr. 1308/2013 wird eine geschützte Ursprungsbezeichnung gegen jede direkte oder indirekte kommerzielle Verwendung geschützt, soweit dadurch das Ansehen der Ursprungsbezeichnung ausgenutzt wird.

a. Zutreffend hat das LG festgestellt, dass die Beklagte die in der EU geschützte Ursprungsbezeichnung "Champagne" für den Vertrieb ihres als "Champagner Sorbet" bezeichneten Tiefkühlprodukts kommerziell verwendet hat. Richtig ist auch, dass mit der Bezeichnung "Champagner" besondere Gütevorste...

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