Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 26.02.2014; Aktenzeichen 15 O 27992/12)

 

Tenor

I. Die Berufungen der Klägerin und der Beklagten gegen das Teil-Grund- und Teil-Endurteil des LG München I vom 26.02.2014, Az. 15 O 27992/12, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 03.04.2014, werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Klageanspruch dem Grunde nach gerecht fertigt ist, soweit die Klägerin unter dem Gesichtspunkt des enteignungsgleichen Eingriffs Entschädigung für den rechtswidrigen Widerruf der Sendelizenz vom 27.05.2002 für die Anbietertätigkeit für ein landesweites Fernsehfenster am Wochenende im Programm RTL und SAT 1 begehrt.

II. Für die Durchführung des Betragsverfahrens wird der Rechtsstreit an das LG München I zurückverwiesen.

III. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Parteien streiten um Schadensersetz bzw. Entschädigung wegen des Widerrufs einer Genehmigung zur Verbreitung eines landesweiten Fernsehfensters.

Die Klägerin ist eine Fernsehproduktionsgesellschaft. Die Beklagte ist eine Anstalt des Öffentlichen Rechts. Sie ist die gemäß Art. 2, 11 Bayerisches Mediengesetz (BayMG) verantwortliche Stelle für den Betrieb und die Organisation des Rundfunks, der in Bayern nach Art. 111a Abs. 2 der Bayerischen Verfassung (BV) ausschließlich in öffentlicher Verantwortung und öffentlich-rechtlicher Trägerschaft betrieben wird. Private Anbieter bindet die Beklagte durch die Erteilung befristeter Genehmigungen zur Nutzung von Sendezeiten in den Rundfunk ein.

Mit Bescheid vom 07.04.1995 erteilte die Beklagte einer Anbietergemeinschaft, bestehend aus der Klägerin, der Firma M. GmbH ("M. GmbH") und der Firma M.-T. eine bis 31.10.2002 befristete Genehmigung zur Verbreitung eines einstündigen landesweiten Fernsehfensters am Samstag- und Sonntagnachmittag innerhalb der Programme von RTL und SAT 1. Mit Bescheid vom 23.01.1996 wurde die Genehmigung für die Firma M.-T. widerrufen und deren Anteil auf die Klägerin übertragen. Die ergänzende Zuweisung der Sendezeit für die Klägerin erfolgte unter dem Vorbehalt, im Fall einer änderungsbedingten Nachorganisation bis zu 30 % der Gesamtsendezeit auszuschreiben.

Antragsgemäß verlängerte die Beklagte mit Bescheid vom 27.05.2002 die Genehmigung für die Anbietergemeinschaft bis 30.09.2010. Der Anteil der Klägerin an der Sendezeit belief sich auf 80 %. Ergänzend wird für die Details der Genehmigung auf die Anlage OHS 2 Bezug genommen.

Im November 2008 kam einer der beiden paritätisch an der Klägerin beteiligten Gesellschafter, Herr R.B., bei einem Terroranschlag in Indien ums Leben. Der verbliebene Gesellschafter R.P. machte von der im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch, den Anteil des verstorbenen Mitgesellschafters einzuziehen. Er nahm seine Ehefrau, die Moderatorin des über das streitgegenständliche Fernsehfenster verbreiteten "Bayern Journals", Frau Dr. S.P., mit einem Anteil von 10,4 % in die Gesellschaft auf. Die geänderte Beteiligungsstruktur wurde der Beklagten mitgeteilt.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 15.01.2009 - vorgelegt als Anlage OHS 7 - stellte die Klägerin einen Antrag auf Genehmigung der Fortsetzung ihrer Tätigkeit als 80-prozentige Partnerin der Anbietergemeinschaft gemäß Bescheid vom 27.05.2002 in der geänderten Gesellschafterbeteiligung.

In der Folgezeit fanden verschiedene Gespräche zwischen der Klägerin bzw. ihrem vormaligen Anwalt und Vertretern der Beklagten statt, in denen es zum einen um die Gewährleistung einer ausreichenden Meinungsvielfalt auf Seiten der Anbietergemeinschaft, zum anderen um die Abgrenzung verschiedener Geschäftsbereiche der Klägerin ging. Letzteres war bedeutsam für finanzielle Ausgleichszahlungen, die die Klägerin für die Programmgestaltung von den Sendern SAT 1 und RTL beanspruchen konnte Es wurde in Aussicht genommen, dass eine neue Gesellschaft unter Mitwirkung der Klägerin, der Firma M. GmbH und einer weiteren Firma gegründet werde. Grundsatzausschuss und Fernsehausschuss der Beklagten standen den Umstrukturierungsplänen positiv gegenüber und befürworteten die Erteilung einer Genehmigung für (weitere) 8 Jahre ohne Neuausschreibung für das neue Modell.

Vor diesem Hintergrund stellte der Anwalt der Klägerin mit Schreiben vom 12.05.2009 - vorgelegt als Anlage OHS 19 - einen Antrag auf Übertragung der Sendelizenz für das Fernsehfenster auf eine neu gegründete Bayernfenster Fernsehgesellschaft mbH und deren Gesellschafter. Der Antrag vom 15.01.2009 auf Genehmigung der Fortführung der bisherigen Lizenz durch die Klägerin wurde ausdrücklich aufrechterhalten und nur im Falle der Erteilung der Lizenz an die neue GmbH zurückgenommen. An der Bayernfenster Fernsehgesellschaft GmbH war die Klägerin im Wege einer Ausgründung zu 50 % beteiligt, wobei Bedingung für die Ausgründung die Erteilung der Sendegenehmigung für die neue Gesellschaft war. Weitere Gesellschafter waren die M. GmbH mit einem Anteil...

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