Leitsatz (amtlich)

Stellt der Arbeitgeber zwei Arbeitnehmern ein betriebseigenes Fahrzeug, das mit seiner Firma beschriftet ist, für die Hin- und Rückfahrt zu einer auswärtigen Arbeitsstelle zur Verfügung, ist die Haftung des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer gemäß § 104 SGB VII ausgeschlossen für einen Unfall, der sich auf der Heimfahrt ereignet hat, weil sich die Arbeitnehmer insoweit auf einem Betriebsweg befunden haben. Dies gilt auch dann, wenn das Ziel der Fahrt der private Wohnsitz eines der beteiligten Arbeitnehmer ist.

 

Verfahrensgang

LG Magdeburg (Urteil vom 03.09.2014; Aktenzeichen 9 O 2341/13)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 3.9.2014 verkündete Einzelrichterurteil des LG Magdeburg wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Das angefochtene Urteil der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des LG Magdeburg vom 3.9.2014 ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

und beschlossen:

Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren beträgt 240.446,34 EUR.

 

Gründe

I. Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 3.9.2010 auf der B. bei W..

Der Kläger war als Beifahrer in einem von seinem Arbeitskollegen G. H. geführten Betriebsfahrzeug der Beklagten zu 2) unterwegs, bei der beide zu diesem Zeitpunkt angestellt waren. Die Beklagte zu 2) war auch Halterin des bei der Beklagten zu 1) haftpflichtversicherten PKW, den sie dem Zeugen H. zur Verfügung gestellt hatte. Ausgangspunkt der Fahrt war P., wo der Kläger und G. H. während der Woche ihren Arbeitseinsatzort hatten. Die Rückfahrt habe beide gemeinsam mit diesem PKW gegen 20:00 Uhr angetreten.

Gegen 20:50 Uhr verursachte G. H. im Zuge eines Überholvorganges einen schweren Unfall, bei dem das Fahrzeug nach rechts von der Fahrbahn abkam und sich mehrfach auf einem parallel zur Fahrbahn verlaufenden Wirtschaftsweg überschlug. Der Kläger wurde dabei aus dem Pkw geschleudert und schwer verletzt.

Der Kläger hat behauptet, das Fahrzeug der Beklagten zu 2) sei dem Arbeitskollegen H. über das Wochenende von der Beklagten zu 2) zur Heimfahrt überlassen worden. Ziel der Fahrt sei aber nicht die Niederlassung der Beklagten zu 2) in G., sondern der Wohnsitz des Zeugen H. in A. gewesen. Von dort aus habe er dann weiter nach C. an seinen Wohnort fahren wollen.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass sich die Beklagte zu 2. nicht auf das Haftungsprivileg aus §§ 104 Abs. 1, 105 SGB VII berufen könne, weil es sich nicht um einen Arbeitsunfall bzw. Betriebswegeunfall, sondern um einen nach § 8 Abs. 2 SGB VII versicherten Weg gehandelt habe. Die Heimfahrt vom Arbeitsort P. sei nicht als Teil der innerbetrieblichen Organisation anzusehen, weil sie nicht auf einer Anordnung des Arbeitgebers beruht habe, sondern auf dem Entschluss der beiden Arbeitnehmer, gemeinsam die Heimfahrt anzutreten, nachdem die betrieblich veranlasste Tätigkeit in P. beendet gewesen sei. Beide hätten sich direkt auf den Weg nach Hause begeben und seien nicht auf den Weg zu einer Niederlassung der Beklagten zu 2) gewesen. Das Fahrzeug habe über das Wochenende bei G. H. bleiben sollen. Aus dem Anstellungsvertrag des Klägers mit der Beklagten zu 2) ergebe sich auch keine Verpflichtung des Arbeitgebers, die An- und Abfahrten vom und zum jeweiligen Arbeitsort zu organisieren. Es sei lediglich ein Entgegenkommen der Beklagten zu 2. gewesen, wenn sie dem Kläger und dem Arbeitskollegen G. H. unentgeltlich ein Fahrzeug für ihre Fahrten zur Arbeit gestellt und damit zur eingeschränkten privaten Nutzung überlassen habe. Der Kläger und sein Kollege hätten sich bei diesen Fahrten immer abgewechselt.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 5.7.2012 zu bezahlen,

2. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn 35.446,34 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 5.7.2012 zu bezahlen,

3. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn 3.380,79 EUR außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.3.2014 zu bezahlen,

4. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger zukünftig sämtliche mat...

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