Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristung nachehelichen Unterhalts

 

Leitsatz (amtlich)

1. In Unterhaltssachen ist eine Antragserweiterung nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist möglich, wenn nach deren Ablauf Umstände eingetreten sind, die in einem (weiteren) Abänderungsverfahren nach §§ 238 ff. FamFG geltend gemacht werden könnten. (Rn. 37)

2. § 1578 b BGB ist als Einwendung gestaltet. Der Richter muss und darf die Norm bei Vorliegen des entsprechenden Sachverhalts von Amts wegen unabhängig davon anwenden, wer den Sachverhalt vorgetragen hat. (Rn. 38)

3. Die Dauer der Ehe allein - hier knapp 25 Jahre - steht der Befristung des Unterhalts nicht entgegen. Dies gilt zumindest dann, wenn beide Ehegatten vollschichtig berufstätig waren und die Einkommensdifferenz lediglich auf ein unterschiedliches Qualifikationsniveau zu Ehebeginn zurückzuführen ist. (Rn. 52)

4. Eine enge wirtschaftliche Verflechtung, die der Rechtfertigung eines unbefristeten nachehelichen Unterhaltsanspruchs dienen kann, kann nicht lediglich damit begründet werden, dass sich ohne die Befristung ein Unterhaltsanspruch errechnen lässt und dass die Gläubigerin ohne die Unterhaltszahlungen den ehelichen Lebensstandard nicht aufrechterhalten kann. Andernfalls bedürfte es der gesetzlichen Befristungsmöglichkeit nicht. (Rn. 55)

 

Normenkette

BGB § 1578b; FamFG §§ 115, 117

 

Verfahrensgang

AG Erlangen (Beschluss vom 14.09.2016; Aktenzeichen 6 F 656/12)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 13.11.2019; Aktenzeichen XII ZB 3/19)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragstellers und die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Endbeschluss des Amtsgerichts Erlangen vom 14. September 2016 geändert.

2. Der vor dem Oberlandesgericht Nürnberg am 26. April 2007 (Az.: 11 UF 1557/06) geschlossene Vergleich wird dahin geändert, dass der Antragsteller

a) für die Zeit vom 1. März bis 31. Dezember 2012 nur noch einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 692 EUR, davon 153 EUR Altersvorsorgeunterhalt,

b) für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2013 nur noch einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 559 EUR, davon 123 EUR Altersvorsorgeunterhalt,

c) für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2014 einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 801 EUR, davon 162 EUR Altersvorsorgeunterhalt,

d) für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2015 einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 849 EUR, davon 178 EUR Altersvorsorgeunterhalt,

e) für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2016 einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 1.168 EUR, davon 206 EUR Altersvorsorgeunterhalt,

f) für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2017 einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 1.102 EUR, davon 193 EUR Altersvorsorgeunterhalt,

g) für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2018 einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 1.277 EUR, davon 225 EUR Altersvorsorgeunterhalt und h) ab 1. Januar 2019 einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 1 241 EUR, davon 218 EUR Altersvorsorgeunterhalt zu zahlen hat.

Der vorstehend geregelte nacheheliche Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin wird bis 31. Mai 2020 befristet.

Die weitergehenden Rechtsmittel werden zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen

5. Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 23.352 EUR festgesetzt

 

Gründe

I. Der am ... geborene Antragsteller und die Antragsgegnerin, geboren am ..., streiten über die Abänderung eines im Rahmen des Scheidungsverbundverfahrens am 26. April 2007 vor dem Senat geschlossenen Vergleichs über nachehelichen Unterhalt, der den Antragsteller einschließlich des Altersvorsorgeunterhalts zur Zahlung von monatlich 801 EUR vom 1. Juli 2007 an verpflichtete.

Dem Vergleich lagen auf Seiten des Antragstellers ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen aus Erwerbstätigkeit in Höhe von 3.565,52 EUR inkl. Nutzung des ihm zur Verfügung gestellten Fahrzeugs im Wert von 250 EUR sowie aus Kapitalvermögen in Höhe von 126,27 EUR einerseits und andererseits 5% pauschale berufsbedingte Aufwendungen sowie weitere Aufwendungen für eine Zusatzkrankenversicherung in Höhe von 60,49 EUR und eine Lebensversicherung in Höhe von 145,21 EUR zugrunde. Auf Seiten der Antragsgegnerin gingen die Beteiligten von Einkünften aus Erwerbstätigkeit in Höhe von 1.712,35 EUR und aus Kapitalvermögen von 289,98 EUR einerseits und andererseits von 5% pauschalen berufsbedingten Aufwendungen sowie weiteren Ausgaben für eine Krankenzusatzkrankenversicherung von 83,94 EUR und eine Riesterrente von 121,75 EUR aus. Bei beiden, damals noch erwerbstätigen Beteiligten wurde ausdrücklich ein Erwerbstätigenbonus anerkannt.

Die Frage der Befristung und Beschränkung war nicht Gegenstand des damaligen Berufungsverfahrens. Das Amtsgericht hatte das entsprechende Begehren des Antragstellers unter Hinweis auf die Dauer der Ehe und die beiden aus ihr hervorgegangenen Kinder zurückgewiesen.

Die Beteiligten heirateten am ... Aus der Ehe gingen zwei mittlerweile erwachsene Kinder hervor. Die Tochter ..., geb. ...

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