Leitsatz (amtlich)

1. Eine Regelung in den AGB des Frachtführers, wonach Waren dann vom Transport ausgeschlossen sind, wenn der Wert eines Pakets den Gegenwert von 50.000 $ in der jeweiligen Landeswährung übersteigt und der Frachtführer nicht für den Verlust und die Beschädigung von Gütern haftet, die ihm entgegen dem Haftungsausschluss übergeben wurden, stellt bei Frachtverträgen, die der CMR unterliegen, eine unzulässige Haftungsbeschränkung dar und ist nach Art. 41 CMR nichtig.

2. Bei den vom BGH entwickelten Regeln des Anscheinsbeweises für die Übergabe des Transportgutes bei gewerblichen Versendern, insb. bei Verwendung des sog. EDI-Verfahrens, sowie der sekundären Darlegungslast des Frachtführers zu den Umständen aus seinem Betriebsbereich bei ungeklärtem Schadenshergang handelt es steh nicht um materiell-rechtliche Beweislastregeln. Sie sind deshalb auch dann als lex fori anwendbar, wenn ergänzend zur CMR fremdes Recht, hier das der Niederlande, auf den Frachtvertrag Anwendung findet.

3. Die Rechtsprechung des BGH zum Mitverschulden des Versenders bei unterlassener Wertdeklaration ist nur dann anwendbar, wenn ergänzend zur CMR deutsches Recht anwendbar ist.

 

Normenkette

CMR Art. 17, 29, 41; EGBGB Art. 28, 32

 

Verfahrensgang

LG Regensburg (Urteil vom 22.09.2005; Aktenzeichen 1 HKO 2685/04)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 26.03.2009; Aktenzeichen I ZR 120/07)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des LG Regensburg vom 22.9.2005 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen eine Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 98.367.55 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Transport von elektronischen Mikrobauteilen im November 2003 von der Firma P. (Niederlande), zur Firma S.A. in R. für dessen Durchführung die Beklagte von der Firma P. beauftragt worden war.

Wegen des Sachvortrags der Parteien in erster Instanz und der von diesen dort gestellten Anträge nimmt der Senat Bezug auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils (Seiten 3 bis 4), § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Ergänzend hat der Senat festgestellt:

Der Versandauftrag wurde im sog. "EDI-Verfahren" abgewickelt. Dabei gibt die Versenderin mittels einer speziellen von der Beklagten zur Verfügung gestellten Software die Versand- und Rechnungsdaten in ihre EDV ein und übermittelt diese Daten anschließend an die Beklagte. Bei der Übermittlung der Paket- und Rechnungsdaten vergibt deren Software automatisch eine Paketkontrollnummer für die Sendung. Anschließend kann die Versenderin das Versandlabel mit dem Barcode unmittelbar aus dem System ausdrucken und auf dem Paket anbringen. Ab diesem Zeitpunkt ist dieses im System der Beklagten erfasst.

Für die streitgegenständliche Sendung wurde unter dem 18.11.2003 eine sog. "Tracking-Number" "..." und eine sog. "Shipping-Record-Number" "1 Wl" vergeben (Anl. K 2). Auf S. 2 rechts unten hat ein Fahrer der Beklagten unter der Rubrik " Received for UV unterschrieben. Die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, von deren Einbeziehung diese ausgeht (Anl. B 2) enthalten in Ziff. 3. (A) (ii) eine Klausel, wonach der Wert eines Paketes den Gegenwert von 50.000 US-Dollar in der jeweiligen Landeswährung nicht überschreiten darf. In Ziff. 3. (e) schließt die Beklagte die Haftung für Verluste von Paketen aus, die unter diesen Befördernngssausschluss fallen.

ln Ziff. 9.2. beschränkt sie die Haftung im Falle der Anwendung niederländischen Rechts auf 3,40 EUR pro Kilogramm.

Unter 9.4. bietet die Beklagte eine Anhebung dieser Haftungsgrenze für den Fall der zutreffenden Wertdeklaration durch Zahlung eines Entgeltzuschlags auf diesen deklarierten Wert an, wobei in keinem Fall die in 3. (A) (ii) genannten Grenzen überschritten werden dürfen, was vom Versender garantiert wird.

Das LG Regensburg hat mit Endurteil vom 22.9.2005 der Klage überwiegend stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung von 98.367,55 EUR nebst 5 % Zinsen aus 97.600 EUR seit 4.12.2003 und 5 % Zinsen aus 767,55 EUR seit 17.3.2005 verurteilt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Es hat in den Gründen ausgeführt, dass sie durch Vorlage des Schreibens vom 10.6.2004 bewiesen habe, dass sie an ihre Versicherungsnehmerin, die Fa. P. 97.600 EUR im Hinblick auf den Schadensfall vom 18.11.2003 bezahlt habe und insoweit Ansprüche der Firma P.S. auf sie übergegangen sind.

Die Haftung der Beklagten ergebe sich aus den Art. 17, 29 CMR. Die Überzeugung davon, dass das streitgegenständliche Transportgut von der Beklagten übernommen worden sei, beruhe auf dem mittels der Software der Beklagten ausgedruckten Frachtauftrags der Firma P.S. (Anlage K 2). Dort sei diese Sendung erfasst worden. Der Fahrer der Beklagten habe mit der Unterschrift auf der Anlage K 2 die Übernahme des Transportguts quittiert. Die in dieser Anlage K 2 ...

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