Leitsatz (amtlich)

Ein Reifenfachhändler ist verpflichtet, vor dem Verkauf eines – äußerlich einwandfreien – Gebrauchtreifens diesen an Hand der aufgebrachten DOT-Nummer und sonstiger Umstände auf das Alter und insoweit auf die Verkehrstüchtigkeit zu überprüfen.

 

Normenkette

BGB § 823

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 8 O 1297/00)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des LG Nürnberg-Fürth v. 30.5.2001 – 8 O 1297/00 abgeändert.

II. 1. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 2.421,46 Euro und 4 % Zinsen hieraus seit 24.2.2000 zu zahlen.

2. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner ein Schmerzensgeld von 15.000 Euro an die Klägerin zu zahlen.

III. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des LG Nürnberg-Fürth vom 30.5.2001 zurückgewiesen und bleibt die Klage abgewiesen.

IV. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen haben die Klägerin 9 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 91 % zu tragen.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 19.132,52 Euro (= 37.419,95 DM) festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatz und Schmerzensgeld aufgrund eines Verkehrsunfalls vom 21.6.1998.

Die Klägerin war nicht angegurtete Beifahrerin des von ihrem Ehemann gesteuerten Kraftfahrzeugs der Marke Mercedes-Benz 230 E, amtliches Kennzeichen …, als dieser am Unfalltag auf der … in Richtung W. mit einer Geschwindigkeit von rund 150 km/h fahrend die Herrschaft über das Fahrzeug verlor, das sich überschlug und gegen die Böschung prallte. Am linken hinteren Reifen hatte sich die Lauffläche gelöst. Die Klägerin, die aus dem Fahrzeug geschleudert wurde, erlitt folgende Verletzungen:

– Vordere Beckenringfraktur

– Vorderkantenabriss LKW-1

– eine Nierenruptur

– einen Milzriss

– eine Magen- und eine Pankreaskontusion

– ein handflächengroßes Serom am rechten Oberschenkel.

Sie befand sich für mehrere Wochen unmittelbar nach dem Unfallereignis in einem künstlichen Koma. Die Niere links musste ihr entfernt werden. Die Heilbehandlung zog sich über mehrere Monate hin. Am 16.9.1998 attestierte der nachbehandelnde Arzt die Notwendigkeit einer Haushaltshilfe, da sie sich nicht allein versorgen konnte aufgrund der noch fortbestehenden Gangunsicherheit und allgemeinen Schwäche.

Das Fahrzeug, das im Unfallzeitpunkt eine Laufleistung von ca. 200.000 km hatte und dessen Halter der Ehemann der Klägerin war, wurde total beschädigt. Es entstand ferner ein Flurschaden i.H.v. insgesamt 1.419,95 DM, den das Straßenbauamt N. und die Stadt F. dem Ehemann der Klägerin in Rechnung stellten. Seine Ansprüche auf Ersatz des Schadens am Fahrzeug und der Flurschäden hat dieser am 10.1.2000 an die Klägerin abgetreten.

Die Beklagte zu 2) ist ein Unternehmen, das mit Reifen handelt. Der Beklagte zu 1) war 1997 Leiter der N.-Filiale der Beklagten zu 2). Im Oktober 1997 erwarb der Ehemann der Klägerin in dieser Filiale gegen Bezahlung zwei gebrauchte Reifen für die Hinterachse des späteren Unfallfahrzeuges. Als er etwa einen Monat später dort einen dieser Reifen als schadhaft reklamierte, wurde er kostenlos durch einen ebenfalls gebrauchten Reifen ersetzt.

Die Klägerin ist der Meinung, dass der Unfall vom 21.6.1998 dadurch verursacht wurde, dass der im November 1997 in der Filiale der Beklagten zu 2) aufgebrachte Reifen überaltert war und dadurch der Unfall verursacht wurde. Im ersten Rechtszug hat sie dazu vorgetragen, dass dieser Reifen ein Alter von 10 Jahren aufgewiesen habe. Hierauf sei die Ablösung der Lauffläche zurückzuführen gewesen. Aus technischen Gründen sei ein Pkw-Reifen mit einem Alter von mehr als 10 Jahren als gefährlich einzustufen. Bei der Reklamation im November 1997 habe sich ihr Ehemann mit der Beklagten zu 1) geeinigt, den schadhaften linken Hinterreifen gegen einen geeigneten Ersatzreifen auszutauschen. Diesen habe der Beklagte zu 1) selbst in der Werkstatt aus einem Reifenstapel herausgesucht und einen Monteur beauftragt, ihn auf die Felge des mitgebrachten Fahrzeugs zu montieren. Der Beklagte zu 1) habe nicht auf dessen Überalterung hingewiesen, sondern sogar erklärt, man könne ihn nehmen. Der total beschädigte Wagen, der verschrottet worden sei, sei noch 6.000 DM wert gewesen.

Die Klägerin hat deshalb beantragt, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie einen Betrag von 7.419,95 DM zuzüglich 4 % Zinsen ab Antragstellung und ein Schmerzensgeld in einer in das Ermessen des Gerichts gestellten Höhe mindestens jedoch 30.000 DM zu zahlen.

Die Beklagten haben dagegen Klageabweisung beantragt.

Sie haben vorgetragen, die Klägerin habe die Einzelheiten der Montage des Ersatzreifens unrichtig dargestellt, Der Beklagte zu 1) habe den montierten Ersatzreifen nicht herausgesucht, dies sei vielmehr von einem der beiden anwesenden Monteure vorgenommen worden. Es werde bestritten, dass der Reifen, der sich zum Unfallzeitpunkt an dem Fahrzeug des Ehemanns der Klägerin befunden habe, mit dem...

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