Leitsatz (amtlich)

Der Mieter/Pächter ist gem. § 57d Abs. 1 ZVG zum Schutz des Erstehers verpflichtet, im Zwangsversteigerungstermin konkret anzugeben, ob und welche Beträge i.S.d. § 57c Abs. 1 ZVG von ihm geleistet und welche Bedingungen hierüber vereinbart worden sind.

Hat der Mieter/Pächter keine, eine unvollständige oder eine unrichtige Erklärung abgegeben und ist diese Erklärung im Versteigerungstermin bekannt gegeben worden, nachdem er eine Aufforderung zur Abgabe der Erklärung mit einer Belehrung über die Folgen erhalten hatte, verliert er seinen Kündigungsschutz gem. § 57c ZVG.

 

Verfahrensgang

AG Nordhorn (Aktenzeichen 4 Lw 71/01)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 07.11.2002; Aktenzeichen LwZR 9/02)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des AG – Landwirtschaftsgerichts – Nordhorn vom 15.11.2001 geändert und der Beklagte verurteilt, die im Bestandsverzeichnis des im Grundbuch von H. Band … Blatt … (AG Nordhorn) unter den Nummern … und … eingetragen Flurstücke einschließlich der Gebäude zu räumen und geräumt an den Kläger herauszugeben.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers durch Zahlung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe von 200.000 Euro abwenden, wenn nicht zuvor der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Wert der Beschwer übersteigt 20.000 Euro.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Räumung und Herausgabe von landwirtschaftlichen Flächen nebst aufstehenden Gebäuden. Der Beklagte ist Landwirt. Mit Vertrag vom 1.5.1963 pachtete er von seinen Eltern den im Grundbuch von H. Band … Blatt … eingetragenen Hof für zunächst neun Jahre. Der Pachtvertrag sollte sich stillschweigend um ein Jahr verlängern, falls nicht ein Jahr vorher schriftlich gekündigt wird. Das Pachtjahr lief vereinbarungsgemäß vom 1.11. bis zum 31.10. jeden Jahres. Nach § 5 des Vertrages ist der Beklagte verpflichtet, seinen Eltern freie Kost und Logis sowie „freie Gewährung von Hege und Pflege in gesunden und kranken Tagen” zu gewähren. Darüber hinaus hat er ein monatliches Pachtgeld i.H.v. 50 DM zu zahlen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Pachtvertrages (Bl. 21 der Gerichtsakten) Bezug genommen. Nachdem der Vater gestorben war, ging der Hof in das Eigentum der Mutter über. 1998 gerieten der Beklagte und seine Mutter in finanzielle Schwierigkeiten, so dass das AG Nordhorn mit Beschluss vom 4.1.1999 die Zwangsversteigerung des Hofes anordnete und am 2.8.2000 Termin zur Durchführung der Zwangsversteigerung auf den 8.11.2000 anberaumte. Gleichzeitig setzte es den Beklagten von diesem Termin in Kenntnis und klärte ihn schriftlich über die Folgen der Versteigerung für das Pachtverhältnis, insb. über das außerordentliche Kündigungsrecht des Erstehers auf. Die beiden letzten Absätze des übersandten Merkblattes haben folgenden Wortlaut:

„Gemäß § 57d ZVG werden Sie gebeten, dem Gericht unter Angabe der obigen Geschäfts-Nr. bis zum Beginn des Versteigerungstermins, … mitzuteilen, ob und welche Beiträge nach Nr. … bis … von Ihnen geleistet und welche Bedingungen hierüber vereinbart worden sind. Geben sie keine, eine unvollständige oder eine unrichtige Erklärung ab, so verlieren Sie unter Umständen den besonderen Kündigungsschutz des § 57c ZVG.

Zu Ihrer Unterrichtung sind die §§ 57a, c und d ZVG und §§ 556a und 564b BGB abgedruckt.”

Im Versteigerungstermin am 8.11.2000 forderte der Rechtspfleger die Anwesenden unter anderem auf, eventuelle der Zwangsversteigerung entgegenstehende Rechte anzumelden. Der Beklagte erklärte daraufhin:

„Ich melde ca. 30.000 DM bis 40.000 DM an, die ich als Pächter investiert habe für Instandsetzungen der Anlagen und Ställe, die auf die Pacht angerechnet wird.”

Anschließend wurde durch schließlich rechtskräftigen Beschluss angeordnet, dass die Grundstücke Bestandsverzeichnis Nrn. … und … einerseits und das Grundstück Bestandsverzeichnis Nr. … andererseits getrennt versteigert werden. Mit weiterem Beschluss vom 14.12.2000 erhielt der Kläger bei einem Bargebot i.H.v. 575.000 DM und bestehen bleibenden Rechten i.H.v. nominal 225.000 DM den Zuschlag für die hier streitigen Grundstücke Nrn. … und …. Mit am 30.12.2000 zugegangenem Schreiben seiner erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten vom 29.11.2000 sprach der Kläger ggü. dem Beklagten die außerordentliche Kündigung des Pachtverhältnisses aus. Mit Blick auf vorgenommene Investitionen verweigert der Beklagte die Herausgabe der ersteigerten Hofflächen.

Der Kläger hat behauptet, nicht der Beklagte, sondern dessen Sohn bewirtschafte den Hof. Er hat die Ansicht vertreten, wegen eines Ausgleichs eventuell vorgenommener Investitionen möge sich der Beklagte an seine Mutter als Verpächterin halten. Investitionen in das Pachtobjekt könnten die Zwangsversteigerung nicht hindern, weil der Beklagte nach dem Pachtvertrag ohnehin zu Unterhaltungsmaßnahmen verpflichtet gewesen sei.

Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die Flurstücke N...

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