Leitsatz (amtlich)

1. Die Befreiung eines Geschäftsführers einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung vom Verbot des Selbstkontrahierens gilt auch dann nicht für den Liquidator der Gesellschaft, wenn dieser zuvor deren Geschäftsführer war.

2. Die gewillkürte Prozessstandschaft eines vermögenslosen Klägers, der eine an ihn abgetretene Forderung geltend macht, ist unzulässig, wenn er bei Einführung der Prozessstandschaft in den Rechtsstreit vermögenslos ist; unerheblich ist, ob er dies schon bei abtretung war.

 

Normenkette

BGB § 181; GmbHG § 70; ZPO § 50

 

Verfahrensgang

LG Schwerin (Urteil vom 28.03.2001; Aktenzeichen 3 O 495/98)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Schwerin 28.03.2001 – Az.: 3 O 495/98 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 15.023,11 EUR.

 

Tatbestand

Unter der Bezeichnung R. Elektrotechnik GmbH erhob die Klägerin am 27.04.1998 Klage auf Zahlung ausstehenden Werklohns wegen Elektroarbeiten an einem Haus des Beklagten gemäß Schlussrechnung vom 17.02.1997.

Am 29.12.1998 beantragte die Klägerin Rubrumsberichtigung und behauptete, die Forderung aus der Schlussrechnung vom 17.02.1997 am 30.04.1998 an Herrn G. R. abgetreten zu haben. Herr R. sei nunmehr Kläger. In der mündlichen Verhandlung vom 06.01.1999 beantragte die Klägerin den Beklagten zu verurteilen, den eingeklagten Betrag an Herrn G. R. zu zahlen. Der Beklagte bestritt die Abtretung.

Das Landgericht bejahte in seinem Hinweis- und Beweisbeschluss vom 20.01.1999 die Prozessführungsbefugnis der Klägerin und erhob Beweis durch Vernehmung eines Zeugen und Einholung eines Sachverständigengutachtens.

Aufgrund des Gutachtens erstellte die Klägerin eine neue Schlussrechnung i. H. v. 29.382,64 DM und nahm die Klage im Übrigen zurück.

Unstreitig wurde die Firma der Klägerin in B. Elektrohandel GmbH geändert, eine entsprechende Handelsregistereintragung erfolgte am 08.05.1998. Am 09.11.1999 wurde sie im Handelsregister gelöscht, nachdem das Amtsgerichts Schwerin den Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens (58 N 440/98) zurückgewiesen hatte. Durch Beschluss des Registergerichts vom 24.10.2000 wurde G. R. zum Nachtragsliquidator bestellt.

Die Klägerin beantragte,

den Beklagten zu verurteilen, an Herrn G. R. 29.382,64 DM nebst 12 % Zinsen hieraus seit dem 20.03.1997 zu zahlen.

Der Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Durch Urteil vom 28.03.2001 wies das Landgericht die Klage als unzulässig ab und führte zur B.ründung aus, die Klägerin sei zwar parteifähig im Sinne des § 50 ZPO, sie sei jedoch nicht berechtigt, eine fremde Forderung aufgrund ihr erteilter Ermächtigung des G. R. im eigenen Namen geltend zu machen. Die gewillkürte Prozessstandschaft sei nicht zulässig. Da die Klägerin wegen Überschuldung/Vermögenslosigkeit gelöscht worden sei, habe sie kein schutzwürdiges eigenes Interesse, fremdes Recht im eigenen Namen geltend zu machen. Die Gegenseite wäre unzumutbar im Falle einer erfolglosen oder nur teilweise erfolglosen Klage dem Risiko ausgesetzt, einen ihr zustehenden Kostenerstattungsanspruch infolge der Zahlungsunfähigkeit bzw. Nichtexistenz des Prozessstandschafters nicht durchsetzen zu können. Eine wirksame Prozessstandschaft habe hier erst nach Klageerhebung und zwar ab dem Zeitpunkt ihrer Offenlegung vorgelegen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung.

Sie führt aus, die Abtretung und deren Offenlegung sei nach Klageerhebung erfolgt und daher nicht rechtsmissbräuchlich. Vor Klageerhebung sei die Klägerin nicht in Vermögensverfall geraten, wenn auch wirtschaftliche Schwierigkeiten durchaus vorhanden gewesen seien. Herr R. habe sich die Ansprüche zur Sicherung eigener Forderungen abtreten lassen, weshalb das Eigeninteresse der Klägerin fortbestanden habe, sich durch die Führung des Prozesses im Erfolgsfalle von Verbindlichkeiten gegenüber Herrn R. zu befreien. In solchen Fällen bestehe ein anerkennenswertes Interesse der Liquidationsgesellschaft, Verbindlichkeiten so gut wie es gehe noch zu bedienen. Höchst vorsorglich habe nunmehr Herr R. die Ansprüche am 16.07.2001 auf die Klägerin übertragen, die sie als eigene Ansprüche geltend mache, so dass die Problematik der gewillkürten Prozessstandschaft nicht mehr relevant sei.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Schwerin vom 28.03.2001, Az.: 3 O 495 /98, den Beklagten zu verurteilen, an sie 29.382,64 DM nebst 12 % Zinsen seit dem 20.03.1997 zu zahlen,

hilfsweise,

den Beklagten zur Zahlung an Herrn R. zu verurteilen,

weiter hilfsweise,

die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Schwerin zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Er behauptet, die Klägerin sei bereits im Oktober 1998 vermögenslos gewesen. Im Rahmen des Insolvenzverfahrens 58 N 440/98 habe der Gutachter empfohlen, das Verfahren mangels Masse abzuweisen. Zum 22.07.1998 habe die Kläger...

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