Leitsatz (amtlich)

Bei einer Klage auf Feststellung dahin, dass eine in einem Insolvenzverfahren festgestellte Forderung wegen vorsätzlicher unerlaubter Handlung begründet ist, ist das Interesse des Klägers darauf gerichtet, deren Vollstreckbarkeit ungeachtet der Restschuldbefreiung des Beklagten im anhängigen Verbraucherinsolvenzverfahren zu erhalten. Wie in derartigen Fällen der Streitwert zu bemessen ist, hängt von den jeweiligen Vollstreckungsmöglichkeiten ab. Bei der Mehrzahl der insolventen Verbraucher wird auch bei Ausnahme eines Vollstreckungstitels von der Restschuldbefreiung nach Abschluss des Insolvenzverfahrens eine Vollstreckung gegen den Schuldner nicht möglich sein, so dass das wirtschaftliche Interesse an der Feststellung des Anspruchsgrundes als auf unerlaubter Handlung beruhend nicht allzu hoch ist.

 

Verfahrensgang

LG Neubrandenburg (Urteil vom 02.03.2006; Aktenzeichen 2 O 230/05)

 

Tenor

Unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung des Klägers wird das am 2.3.2006 verkündete Urteil des LG Neubrandenburg abgeändert und wie folgt gefasst:

Die in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten (AG Neubrandenburg, 9 IK 61/05) zur Tabelle festgestellte Forderung des Klägers ist i.H.v. 78.000 EUR zzgl. kapitalisierter Verzugszinsen i.H.v. 8.366,75 EUR wegen vorsätzlicher unerlaubter Handlung begründet.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 14/100 und der Beklagte zu 86/100.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Zwangsvollstreckung der Gegenpartei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 105 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern die vollstreckende Partei nicht Sicherheit in derselben Höhe stellt.

Der Gegenstandswert der Berufung beträgt 80.000 EUR.

 

Gründe

I. In dem am 6.5.2005 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten (AG Neubrandenburg, 9 IK 61/05) meldete der Kläger am 9.5.2005 eine Darlehensrückzahlungsforderung i.H.v. 88.000 EUR sowie Zinsen i.H.v. 12.588,89 EUR mit dem Zusatz an, sie sei wegen vorsätzlicher unerlaubter Handlung begründet. Das Insolvenzgericht stellte die Forderung zur Insolvenztabelle fest. Der Beklagte widerspricht der Feststellung der Forderung als wegen vorsätzlich unerlaubter Handlung begründet.

Bei der Hauptforderung von 88.000 EUR handelt es sich um einen Anspruch auf Rückzahlung mehrerer Darlehen, die der Beklagte von dem Kläger erhalten hatte. Zu den einzelnen Darlehensverträgen, zu den Absprachen der Parteien bei Vereinbarung der Darlehen sowie zu den Einwänden des Beklagten betreffend den Zweck der Darlehen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das LG wies die Klage ab. Der mit der Klage geltend gemachte Feststellungsanspruch, so seine Begründung, bestehe nicht, denn der Beklagte habe den Kläger nicht durch vorsätzlich begangene unerlaubte Handlungen geschädigt; insbesondere habe er weder die strafrechtlichen Tatbestände der Untreue (§ 266 StGB) noch des Betruges (§ 263 Abs. 1 StGB) verwirklicht. Durch die Hingabe der Darlehensbeträge habe der Kläger im Zeitpunkt der Vermögensverfügungen keinen Vermögensschaden erlitten. Die spätere Entwicklung der Vermögenslage des Beklagten sei unerheblich. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte zum Zeitpunkt der Darlehensgewährungen den Kläger über die Werthaltigkeit des Darlehensrückzahlungsanspruchs, also über seine Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit bei Fälligkeit der Rückzahlung, getäuscht habe, seien nicht ersichtlich.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, zu deren Begründung er vorträgt, mit Weiterleitung der an den Beklagten ausgereichten Darlehensbeträgen an J. T. habe der Beklagte eine Untreue in Form des Treuebruchs begangen. Der Kläger habe dem Beklagten finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt, um damit den Ankauf von Kunstgegenständen zu finanzieren. Der Beklagte habehier bei dem Kläger erläutert, dass er die Kunstwerke zu unter dem Marktwert liegenden Preisen von Privatleuten erwerben und mit hohem Gewinn weiter veräußern könne. Er habe jedoch nicht die entsprechenden finanziellen Mittel. Er, der Kläger, habe den Beklagten gefragt, ob die Ankäufe in irgendeiner Beziehung zu Herrn J. T. stünden, der einen zweifelhaften und keinesfalls seriösen Ruf genossen habe. Schon beim ersten Gespräch mit den Beklagten im Frühjahr 2002, vor Vergabe des ersten Darlehens, habe er, der Kläger darauf hingewiesen, dass er das Darlehen dem Beklagten nur gewähre, wenn die Darlehenssumme nicht für Geschäfte in Zusammenhang mit T. eingesetzt werde. Der Beklagte habe den Kläger über die Verwendung der Darlehensvaluten, die er letztlich doch an Herrn T. weitergegeben habe, getäuscht.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des am 2.3.2006 verkündeten Urteils des LG Neubrandenburg (Az.: 2 O 230/05) festzustellen, dass die unter laufender Nr. 8 der Tabelle in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten (Az.: 9 IK 61/05) festgestellten Forderung i.H.v. 100.588,89 EUR aus dem Rechtsgrund der vo...

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