Nachgehend

BGH (Beschluss vom 26.03.2007; Aktenzeichen NotZ 45/06)

 

Tenor

1. Der Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung gegen die Auswahlverfügung des Antragsgegners vom 28.4.2006 wird zurückgewiesen.

2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird als unzulässig verworfen.

3. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

4. Der Geschäftswert wird auf 50.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Auf die Ausschreibung einer Anwaltsnotarstelle in Stuttgart durch den Antragsgegner vom 10.10.2005 bewarben sich bis zum Ablauf der Bewerbungsfrist 18 Rechtsanwälte, darunter der Antragsteller und der weitere Beteiligte. Mit Bescheid vom 28.4.2006, dem Antragsteller zugestellt am 3.5.2006, gab der Antragsgegner unter Beifügung eines Auszugs aus der Auswahlentscheidung bekannt, dass er entschieden habe, den weiteren Beteiligten zum Anwaltsnotar zu bestellen.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seinem am 9.5.2006 bei Gericht eingekommenen Antrag auf gerichtliche Entscheidung und einstweiligen Rechtsschutz. Der Antragsgegner hat am 2.6.2006 ggü. dem Senat bestätigt, dass eine Bestellung des weiteren Beteiligten vor Rechtskraft der Entscheidung des Senats nicht erfolgen werde.

Der weitere Beteiligte hat das zweite Staatsexamen mit der Note vollbefriedigend (10,23 Punkte) abgelegt. Er war bis zum Ende der Bewerbungsfrist 146 Monate hauptberuflich als Rechtsanwalt tätig mit den Kernbereichen Erbrecht, Gesellschaftsrecht, Immobilienrecht. Er ist Vorsitzender des Prüfungsausschusses Fachanwalt für Erbrecht der Rechtsanwaltskammer. Er hat erfolgreich 1999 und 2000 am Einführungskurs für Notare des Deutschen Anwaltsinstituts teilgenommen und 2000 an 50 Halbtagen erfolgreich notarspezifische Fortbildungskurse besucht. Der weitere Beteiligte war seit 1994 vielfach als Notarvertreter tätig, davon in acht Fällen länger als jeweils zwei Wochen. Dabei wurden 2.538 Urkundsgeschäfte erledigt, davon wiederum 933 Niederschriften gem. §§ 8, 36, 38 BeurkG, wobei er auch mit der Vorbereitung und dem Vollzug der Urkunden befasst war.

Der weitere Beteiligte ist seit September 2000 Dozent an der Notarakademie ... . Seit 2003 wirkt er bei den Notarprüfungen mit. Er ist ferner durch Vortragstätigkeit an der Fortbildung von Notaren beteiligt.

Der Antragsteller hat das zweite Staatsexamen mit der Note befriedigend (8,16 Punkte) abgelegt. Er war bis zum Ende der Bewerbungsfrist 194 Monate hauptberuflich als Rechtsanwalt tätig. Er absolvierte 1995 und 1996 erfolgreich den Einführungskurs für Notare des ... und nahm 1994-1997, ferner 1999 und 2004 an 57 Halbtagen erfolgreich an notarspezifischen Fortbildungsveranstaltungen teil. Er übernahm seit 1992 Notarvertretungen für vier Notare, davon in 11 Fällen länger als jeweils zwei Wochen. Insgesamt tätigte er mehr als 8.800 Urkundsgeschäfte, davon wiederum 4.081 Niederschriften gem. §§ 8, 36, 38 BeurkG.

Der Antragsgegner hat seine Auswahlentscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass in der Gesamtschau die höhere allgemeine Befähigung für juristische Berufe in Kombination mit den breiteren und ausgeprägteren bei der Vorbereitung auf den Notarberuf erworbenen Kenntnissen des weiteren Beteiligten gewichtiger seien als die größeren praktischen Erfahrungen des Antragstellers.

Der Antragsteller hält die getroffene Auswahl für rechtsfehlerhaft.

Der Antragsgegner habe anhand der Ergebnisse des Zweiten juristischen Staatsexamens eine Vorauswahl getroffen. Das entspreche nicht verfassungsrechtlichen Vorgaben. Auch im Übrigen sei die Auswahl nicht verfassungs- und gesetzeskonform. Den in Vorbereitung auf das Notaramt gezeigten theoretischen Kenntnissen und praktischen Erfahrungen sei ggü. den Ergebnissen des zweiten Staatsexamens ein stärkeres Gewicht beizumessen. Das nehme der Antragsgegner nicht zur Kenntnis. Nach welchen Maßstäben Fortbildungskurse und Beurkundungen jeweils qualitativ und quantitativ gewichtet worden seien, werde nicht deutlich. Neue Verwaltungsvorschriften in Hessen und Niedersachsen zeigten auf, dass ein Punktesystem insoweit möglich sei. Bei Anwendung dieser Vorgaben wäre ihm ggü. dem weiteren Beteiligten eine höhere Punktzahl und damit eine höhere Qualifikation zuzuordnen gewesen. Zudem habe der Antragsgegner nur 55 Halbtage notarspezifischer Fortbildung berücksichtigt und nur 3.872 qualifizierte Beurkundungen. Es seien zudem 3.571 Urkunden ohne Beanstandungen durch die Dienstaufsicht geprüft worden.

Der Antragsteller beantragt:

1. Der Antragsgegner wird verpflichtet, über die Bewerbung des Antragstellers für die Anwaltsnotarstelle im Bezirk des AG Stuttgart unter Aufhebung des Bescheids des Antragsgegners vom 28.4.2006 und unter Beachtung der Rechtsauffsassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

2. Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, die Besetzung einer Anwaltsnotarstelle im Bezirk des AG Stuttgart bis zur Vorlage der schriftlichen Entscheidung in der Hauptsache zu unterlassen.

Der Antragsgegner beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

D...

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