Leitsatz (amtlich)

Werden in Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Haftung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt sowie die Vertretungsbefugnis ihres Geschäftsführers nur auf diese Haftungsmasse bezogen, so ist eine solche Klausel gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG unwirksam, da sie mit dem Wesen der Gesellschaft bürgerlichen Rechtes und damit mit wesentlichen Grundgedanken der geltenden Rechtsordnung nicht vereinbar ist.

 

Beteiligte

Rechtsanwälte Dr. Bopp, Letsche & Kollegen

Rechtsanwälte Dreher, M. Praefcke, Büker & Bertl

 

Verfahrensgang

LG Ravensburg (Aktenzeichen 4 O 404/01)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Ravensburg vom 12.6.2001 wird

zurückgewiesen.

2. Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gegenstandswert des Berufungsverfahrens und Beschwer der Beklagten:

34.086,60 DM

 

Gründe

I.

Die Berufung ist zulässig, der Sache nach ohne Erfolg.

Wie das Landgericht mit Recht angenommen hat, haften die Beklagten persönlich für die an sich nicht mehr streitige Werklohnforderung der Klägerin. Die Haftung der Beklagten ist weder durch ihr Auftreten als „GbR mit Haftungsbeschränkung” noch dadurch ausgeschlossen oder auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt, dass die Klägerin anlässlich des Vertragsschlusses eine von den Beklagten formularmäßig verwendete Erklärung folgenden Inhalts unterschrieben hat:

„Die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis bezieht sich nur auf das Gesellschaftsvermögen. Zur persönlichen Verpflichtung der Gesellschafter sind die geschäftsführenden Gesellschafter nicht befugt.

Die Haftung der H. + D., B. und R. Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit Haftungsbeschränkung für die Verpflichtungen aus diesem Vertrag wird mit ausdrücklicher Zustimmung des Auftragnehmers beschränkt auf das Gesellschaftsvermögen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts…”.

1.

a) Durch das bloße Auftreten mit „… GbR mit Haftungsbeschränkung” wird keine Beschränkung auf das Gesellschaftsvermögen als alleinige Haftungsmasse ausgelöst (BGH NJW 99, 3483, 3484 [A I]; Goette DStR 99, 1707; Erman/H.P. Westermann, BGB, 10. Aufl., § 714, 13; Henze BB 99, 2260; Kindl WM 00, 697, 703; Reiff ZIP 99, 1329, 1335; vgl. auch Erman/H. Hefermehl/O. Werner a.a.O. § 9 AGBG, 290).

b) Zwar ist die Haftungsbeschränkung vorliegend in den Vertrag durch ein gesondertes Blatt einbezogen worden (§ 2 AGBG), blieb aber Allgemeine Geschäftsbedingung. Denn eine Individualabrede gemäß § 1 Abs. 2 AGBG ist nicht gegeben.

aa) Dafür genügt nicht, dass das Klauselwerk erläutert oder erörtert wird und den Vorstellungen der Parteien entspricht. Von einem Aushandeln in diesem Sinne kann vielmehr nur dann gesprochen werden, wenn der Verwender zunächst den in seinen AGB enthaltenen „gesetzesfremden Kerngehalt”, also die den wesentlichen Inhalt der gesetzlichen Regelung ändernden oder ergänzenden Bestimmungen, inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Vertragspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt mit zumindest der realen Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen zu beeinflussen. Er muss sich also deutlich und ernsthaft zur gewünschten Änderung einer Klausel bereit erklären. In aller Regel schlägt sich eine solche Bereitschaft auch in erkennbaren Änderungen des vorformulierten Textes nieder. Allenfalls unter besonderen Umständen kann ein Vertrag auch dann als Ergebnis eines „Aushandelns” gewertet werden, wenn es schließlich nach gründlicher Erörterung bei dem gestellten Entwurf verbleibt (BGH NJW 00, 1110, 1111; 98, 3488, 3489). Dass dies der Fall war, steht in der Beweislast des Verwenders (BGH a.a.O. 3489).

bb) Die Beklagten sind ihrer Darlegungslast insoweit nicht gerecht geworden. Denn ihrem Vortrag kann nicht entnommen werden, dass sie die Klauseln ernsthaft zur Disposition der Klägerin gestellt hätten. Vielmehr haben die Beklagten, wie unwidersprochen geblieben ist, mit dem Hinweis auf eine allgemeine Übung und der Versicherung, der wirtschaftliche Hintergrund der Beklagten sei vollkommen in Ordnung, die Unterschrift durch den Geschäftsführer der Klägerin herbeigeführt.

2.

Der formularmäßig ausbedungene Ausschluss der persönlichen Haftung der beklagten BGB-Gesellschafter ist unwirksam, weil er mit wesentlichen Grundgedanken der geltenden Rechtsordnung nicht vereinbar ist (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG).

a) Der BGH hat in seiner in der Amtlichen Sammlung veröffentlichten Entscheidung vom 27.9.1999 zur Beschränkbarkeit der Haftung bei Geschäften mit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes zum Leitsatz erhoben:

Für die im Namen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts begründeten Verpflichtungen haften die Gesellschafter kraft Gesetzes auch persönlich. Diese Haftung kann nicht durch einen Namenszusatz oder einen anderen, den Willen, nur beschränkt für diese Verpflichtungen einzustehen, verdeutlichenden Hinweis beschränkt werden, sondern nur durch e...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge