Leitsatz (amtlich)

1. Die Aufforderung an den Auftragnehmer, innerhalb einer gesetzten Frist seine Bereitschaft zur Mangelbeseitigung zu erklären, genügt nicht für eine Fristsetzung gem. § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B. Vielmehr ist bei umfangreichen, zeitlich schwer abzuschätzenden Mangelbeseitigungsmaßnahmen zumindest eine Frist für den Nachbesserungsbeginn zu setzen.

2. Nach Durchführung der Mangelbeseitigung durch Dritte ist eine Fristsetzung nach § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B hinfällig und kann z.B. wegen einer danach - vorsorglich erhobenen - Einrede der Verjährung gegen einen Schadensersatzanspruch aus § 13 Nr. 7 Abs. 1 VOB/B nicht mehr entbehrlich werden. Ein solcher Schadensersatzanspruch kann dann nicht mehr entstehen.

3. Stellt der Auftragnehmer nach Beendigung der Arbeiten seine Schlussrechnung ohne ein Verlangen der vertraglich vereinbarten förmlichen Abnahme und zahlt der Auftraggeber den restlichen Werklohn bis auf einen nicht näher begründeten geringfügigen Betrag, der auf einen vertraglich vereinbarten Sicherheitseinbehalt oder auf lediglich geringfügige Mängel schließen lässt, kann das Verhalten der Parteien als übereinstimmender Verzicht auf eine förmliche Abnahme und eine konkludente Abnahme durch den Auftraggeber ausgelegt werden.

4. Die Weiterleitung von Mängelrügen des Bauherrn an den Generalunternehmer an dessen Auftragnehmer stellt kein schriftliches Mangelbeseitigungsverlangen i.S.d. § 13 Nr. 5 Abs. 1 S. 2 VOB/B dar, wenn damit die Einladung zu einem Ortstermin zur Abklärung der Verantwortlichkeiten verbunden ist.

 

Normenkette

VOB/B § 13 Nr. 7 Abs. 1, Nr. 5 Abs. 2; BGB § 640; VOB/B § 12 Nr. 4, § 13 Nr. 5 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Tübingen (Urteil vom 24.09.2008; Aktenzeichen 4 O 97/06)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Tübingen vom 24.9.2008 - 4 O 97/06, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollsteckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 72.884,56 EUR

(Klage: 28.548,39 EUR;

Widerklagantrag 1: 41.336,17 EUR;

Widerklagantrag 2: 3.000 EUR).

 

Gründe

I. Der Kläger macht restlichen Werklohn aus Arbeiten am Bauvorhaben B. in Tübingen geltend. Die streitgegenständlichen Leistungen wurden mit Rechnung vom 27.6.2005 und 22.8.2005 geltend gemacht und am 22.7.2005 abgenommen. Die Höhe des Werklohnanspruchs aus diesem Bauvorhaben mit 28.548,39 EUR ist im Berufungsverfahren unstreitig.

Die Beklagte rechnet mit Ansprüchen gegen den Kläger aus dem Bauvorhaben G. auf und erhebt im Hinblick auf den überschießenden Betrag sowie hinsichtlich noch nicht bezifferbarer Schäden Widerklage.

Aufgrund eines Bauvertrags vom 23.6.1999 war die Gebrüder H. KG verpflichtet, u.a. die im Leistungsverzeichnis enthaltene Dampfsperre unterhalb des Flachdaches des Gebäudes G. seitlich abzudichten. Im Jahr 2005 wurde festgestellt, dass die Dampfsperre seitlich nicht oder nicht mehr abgedichtet war, Wasser in das Dach eingedrungen war und das Holz des Daches großflächig verfault war. Daraus resultieren die geltend gemachten Gegenansprüche der Beklagten.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des LG Tübingen vom 24.9.2008 - 4 O 97/06, verwiesen.

Mit diesem Urteil hat das LG Tübingen nach Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. N., der auch als Zeuge vernommen wurde, sowie nach Vernehmung der Zeugen Rainer Sch., Adolf S., Andreas Bu. und Manfred W. der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Nach Ausführungen zum Skontoabzug und zum Gewährleistungseinbehalt hat das LG festgestellt, dass dem Kläger eine Werklohnforderung i.H.v. 28.548,39 EUR zustehe. Die dagegen erklärte Aufrechnung der Beklagten scheitere, weil nicht festzustellen sei, dass der Beklagten ein Anspruch zustehe. Gegenstand der Forderung der Beklagten seien Mangelfolgeschäden. Für einen Anspruch müssten daher die Voraussetzungen des § 13 Nr. 7 VOB/B bzw. des § 635 BGB erfüllt sein. Es könne jedoch nicht sicher festgestellt werden, ob die Dampfsperre vom Kläger bzw. dessen Rechtsvorgängerin bzw. dessen Mitarbeiter nicht dicht angeschlossen worden sei oder ob die Dampfbremse von einem Nachunternehmer wieder gelöst worden sei. Das LG würdigt im weiteren den eingeholten Zeugenbeweis.

Aufgrund der Feststellungen des Sachverständigen N. sei davon auszugehen, dass die nicht dicht angeschlossene Dampfsperre den geltend gemachten Schaden am Dach verursacht habe. Zugunsten der Beklagten gehe das LG davon aus, dass eine Abnahme erst nach Durchführung der Gipserarbeiten Ende 2000 anzunehmen sei. Zu diesem Zeitpunkt sei die Dampfsperre nicht befestigt gewesen. Dadurch sei jedoch ein Verschulden i.S.d. § 635 BGB a.F. und des § 13 Nr. 7 VOB/B noch nic...

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